Schnellere Scanner, mehr Parameter, bessere Marker
Die Jagd nach Tumoren wird präziser
Durch die breite Verfügbarkeit von schnellen MRT- und CT-Scannern in der klinischen Routine werden die funktionellen Informationen in der Tumordiagnostik und beim Monitoring innovativer Therapien für den Radiologen immer präziser und aussagekräftiger.
Dieser Prozess, der in der Disziplin technisch und methodisch selbst initiiert wurde, hat bei einigen wesentlichen Tumorentitäten einen nicht mehr wegzudenkenden Stellenwert erobert. Besonders in der Primärdiagnostik des Prostatakarzinoms ist die multiparametrische MRT inzwischen klinisch akzeptiert, aber auch die Dual-Energy-CT für das Therapie-Response-Monitoring von gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) oder Nierenzellkarzinomen ist auf dem Weg in die Klinik.
„Bei der multiparametrischen Prostata-MRT werden grundsätzlich vier Parameter analysiert: zunächst die Morphologie mittels der T2-gewichteten Bildgebung, dann wird die zellulare Dichte mit der Diffusions-MRT bestimmt. Die Spektroskopie bildet drittens den Stoffwechsel ab und die Perfusion stellt die erhöhte Durchblutung aufgrund von Neoangionese, also Gefäßneubildung und Gefäßunreife von neu gebildeten Tumoren, dar“, erklärt Prof. Dr. Stefan Schönberg, Direktor des Instituts für Klinische Radiologie und Nuklearmedizin, am Universitätsklinikum Mannheim. Dieser multiparametrische Bildgebungsansatz bei der Prostata ist inzwischen klinisch so weit etabliert, dass die European Society of Uroradiology (ESUR) klare Vorgaben aufgestellt hat, wie die Prostata multiparametrisch beurteilt werden soll. Danach wird jedem der vier Parameter ein Score zugewiesen, der kumulativ in einen Gesamtscore einfließt und damit eine Graduierung, also eine Einteilung, wie gut- oder bösartig der Tumor ist, ermöglicht. Das Konzept der Perfusion fußt auf sehr schnellen 3-D-Sequenzen unter kontinuierlicher Kontrastmittelgabe und der Analyse von drei quantitativen Parametern. Das ist einerseits der im Rahmen der Erstanflutung des Kontrastmittels bestimmbare mittlere Durchblutungsfluss, dann der Nachweis der mittleren Transitzeit, die typischerweise bei Tumoren verkürzt ist, und weiterhin die Erhöhung der Kontrastmitteltauschrate zwischen dem Intravasalraum und dem interstitiellen Gewebsraum aufgrund von Gefäßunreife. Noch kann das Entstehen eines Tumors damit nicht sicher ausgeschlossen werden. „Es gibt allerdings schon Daten aus Tierexperimenten, die gezeigt haben, dass mit einer sehr hohen räumlichen Auflösung, zum Beispiel mit sehr speziellen Volumen-CT-Scans, die Neoangionese schon ganz früh nachgewiesen werden kann. Und es gibt Targets, die in Koppelung mit in der Positronenemissionstomographie sichtbaren Substanzen gegen avβ3-Integrine gerichtet sind. Das sind Strukturen, die typischerweise bei der Neoangiogenese nachgewiesen werden.
Antiangiogenetische Substanzen hemmen das Tumorwachstum
Für die Tumorentstehung und vor allem die Tumorfortbildung ist die Neovaskularisation verantwortlich, die durch die Ausschüttung von gefäßwachstumsfördernden Substanzen wie dem vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF) gefördert wird. Mithilfe von neuen, molekular wirksamen, biologischen Substanzen wie zum Beispiel den Tyrosinkinase-Inhibitoren versucht man derzeit, das Wachstum des Tumors zu hemmen und ihn auszuhungern. Bei Versagen der konventionellen Tumortherapie sowie bei stark vaskularisierten Tumoren kommen diese antiangiogenetischen Substanzen entweder in Mono- oder in Kombinationstherapien zum Einsatz. Eine wichtige Substanz hierfür ist das Imatinib. „Für uns Radiologen kommt hier ein neuer Aspekt hinzu, denn wir müssen die Wirksamkeit der Substanz im Verlauf der Therapie mit der funktionellen Diagnostik überwachen“, schildert Schönberg. Die MRT habe hierbei den Nachteil, dass unter Kontrastmittelgabe mit hoher zeitlicher Auflösung häufig nur kleine Volumina zu sehen sind, während es bei der CT zwei unterschiedliche, aber sehr interessante Ansätze gibt. „Zum einen ist das die 4-D-CT, die dynamische Volumen-CT mit Pendeltischen, die analog zur MRT 3-D-Datensätze mit zeitlicher Abfolge unter Kontrastmittelgabe aufnimmt und auch die drei genannten Perfusionsparameter quantifizieren kann. Besonders spannend ist jedoch die Dual-Energy-CT, die es uns ohne erhöhte Strahlendosis erlaubt, die Jodinformation quantitativ als Marker für die Tumordurchblutung zu extrahieren. Hier ist der Durchbruch für die klinische Routine zumindest bei einer Tumorentität, dem GIST, gelungen. Wir werden diesen Ansatz jetzt auch in einer multizentrischen prospektiven Studie fortsetzen. Die Dual-Energy-CT könnte tatsächlich für die Breitenversorgung zum Paradigmenwechsel werden“, so Schönberg.
IM PROFIL
Prof. Dr. Stefan Schönberg studierte Humanmedizin an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg und ließ sich danach am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) zum Radiologen weiterbilden. 2001 wechselte er an das Institut für Klinische Radiologie an der LMU München, wo er zunächst als Oberarzt und Leiter der Magnetresonanztomographie und später als geschäftsführender Oberarzt tätig war. Seit 2007 ist Schönberg Direktor des Instituts für Klinische Radiologie und Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Mannheim. Er veröffentlicht vor allem über vaskuläre und abdominelle Bildgebung, funktionelle MRT, Hochfeld-MRT und die onkologische Bildgebung.
29.05.2013