Wiederaufbereitung

Qualifikation des Personals entscheidend

Die Wiederaufbereitung von Medizinprodukten wird in Europa vollkommen uneinheitlich gehandhabt. Das hat eine Umfrage der Europäischen Kommission in den 27 Mitgliedstaaten der EU ergeben. Geäußert haben sich Politiker, Hersteller von Medizinprodukten, Wiederaufbereiter sowie Ärzte, Kliniken und andere interessierte Kreise.

Report: Anja Behringer

Photo: Qualifikation des Personals entscheidend
Quelle: www.shutterstock.com/Oksana Shufrych

Deutlich wurde dabei zum Beispiel, dass nur in knapp der Hälfte aller Länder (46,5 Prozent) eine rechtliche Grundlage für die Wiederaufbereitung von Medizinprodukten existiert. Dies bedeutet jedoch nicht, dass überall dort, wo es entsprechende Gesetze gibt, grundsätzlich auch medizinische Einmalprodukte wiederaufbereitet werden dürfen. In Frankreich beispielsweise ist dies verboten.

Fast die Hälfte der Befragten ist der Ansicht, dass die meisten der für den einmaligen Gebrauch bestimmten Medizinprodukte (84 Prozent), wie Ballonkatheter, flexible Endoskope oder Instrumente zur minimalinvasiven Chirurgie, nicht ohne gesundheitliche Risiken für die Patienten wiederaufbereitet werden können. Zudem haben die verschiedenen Desinfektionswirkstoffe Vor- und Nachteile, wobei immer mehr Patienten auf einige allergisch reagieren.

In Deutschland sind die Vorgaben und Leitlinien in Bezug auf die Art der Geräte und den mit ihnen in Kontakt kommenden Flüssigkeiten besonders detailliert. Laut Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut (KRINKO) unterliegen Medizingeräte der Einstufung kritisch A bis C, wobei komplexe Geräte der Stufe C zuzuordnen sind.

Um die Hygiene im Krankenhaus für Patienten und Personal zu gewährleisten, ist die Sterilgutaufbereitung eine der „Baustellen“, an denen Desinfektion und Sterilität oberstes Gebot sind. Sie betrifft die gesamte Dekontamination, Reinigung, Desinfektion und Sterilisation zur Herstellung von sterilen Materialien.

Die hygienische Aufbereitung von Medizinprodukten wie zum Beispiel Katheter, Spritzen oder Endoskope kann manuell, maschinell oder halbmaschinell geschehen.  Dazu bieten eine Vielzahl von Unternehmen Sterilisatoren oder Desinfektionsmittel an, deren Einsatz aufgrund der unterschiedlichen Wirksamkeit und vor allem Nebenwirkungen überlegt sein muss.
 
Qualifikation des Personals entscheidend
 
Den einwandfreien hygienischen und sterilen Zustand der Instrumente stellt entweder das Krankenhauspersonal her - wobei es für die vielfältigen Ansprüche an die Aufarbeitung keinen anerkannten Ausbildungsberuf gibt - oder der Posten Sterilgut wird outgesourced.
Denn aufgrund fehlender Ressourcen und mangelnden Know-hows können komplexe und thermolabile Medizinprodukte in Krankenhäusern nicht aufbereitet werden. Sie müssen daher nach einmaligem Gebrauch entsorgt und für jeden Einsatz neu angeschafft werden. Zudem stoßen die Zentralsterilisationen der Krankenhäuser durch ständig erforderliche Investitionen in neue Anlagen und Prozesse immer mehr an ihre Grenzen. Dies gilt es - auch mit Blick auf mögliche Kosteneinsparungen durch die Wiederaufbereitung teurer Einmalprodukte - zu berücksichtigen, da beim Einsatz unzureichend wieder gebrauchsfähig gemachter Produkte Infektionen, erneute Krankenhausaufenthalte und somit zusätzliche Kosten für das Gesundheitswesen drohen.
 
Aber auch die Ansprüche an das Personal steigen, wie die KRINKO und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu den „Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten“ in einer Empfehlung formuliert.

Das Personal muß die Sachkenntnis über Instrumentenkunde (auch fachgruppenspezifisch), Kenntnisse in Hygiene/Mikrobiologie (einschließlich Übertragungswege) sowie Risikobewertung und Einstufung von Medizinprodukten gemäß der Empfehlung nachweisen.

Schwerpunkte der Aufbereitung sind:

  • sachgerechtes Vorbereiten (Vorbehandeln, Sammeln, Vorreinigen, Zerlegen)
  • Reinigung, Desinfektion, Spülung und Trocknung
  • Prüfung auf Sauberkeit und Unversehrtheit
  • Pflege und Instandsetzung
  • Funktionsprüfung
  • Kennzeichnung
  • Verpackung und Sterilisation
  • dokumentierte Freigabe der Medizinprodukte zur Anwendung / Lagerung.

Dazu kommen noch räumliche und organisatorische Aspekte der Aufbereitung,
Erstellen von Verfahrens- und Arbeitsanweisungen zur Aufbereitung sowie Rechtskunde.
Und weiter heißt es: „Eine Qualifikation wird vermutet, sofern in einer nachgewiesenen Ausbildung in entsprechenden Medizinalfachberufen diese Inhalte in den Rahmenlehrplänen verankert sind und die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen wurde. Wenn Inhalte im Rahmen der Ausbildung teilweise nicht bzw. nicht im aktuellen Stand vermittelt wurden, sind sie durch Besuch geeigneter Fortbildungsveranstaltungen zu ergänzen bzw. zu aktualisieren. Ohne Nachweis einer Ausbildung in entsprechenden Medizinalfachberufen ist eine fachspezifische Fortbildung, erforderlich.“

Im Bereich der Aufbereitung gibt es keinen anerkannten Ausbildungsberuf. Deshalb bietet ein Hersteller mit seiner Akademie Aus- und Weiterbildungen zum Thema an.
 
Auch die von Robert-Koch-Institut und BfArM geforderten hygienisch-mikrobiologischen Untersuchungen übernehmen bei der manuellen und maschinellen Aufbereitung einige Hersteller von flexiblen Endoskopen. Denn zur Qualitätssicherung gehört nicht nur die Überprüfung der Medizingeräte auf mögliche Kontaminationen, sondern auch die hygienische Unbedenklichkeit der Wasseranschlüsse und des Spülwassers. Die Wiederaufbereitungsindustrie beziffert das Einsparpotenzial auf bis zu 50 Prozent der Anschaffungskosten für Medizinprodukte.

27.09.2016

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