electron microscope image of cholesterol
Unter dem Elektronenmikroskop zeigt sich, wie sich Cholesterin bei einer Störung des Abbaumechanismus in länglichen, kristallartigen Strukturen (Bildmitte) im Nervengewebe ansammelt.

© Prof. Renate Lüllmann-Rauch

News • Alternative ways

Plan B beim Cholesterintransport

Ein Biochemie-Forschungsteam aus Kiel weist einen bislang unbekannten, alternativen Cholesterin-Transportweg im Zellinneren nach.

Cholesterin ist ein lebenswichtiger Zellbaustein bei Mensch und Tier und elementarer Bestandteil der sogenannten Zellmembran. Diese Grenzschicht trennt das Zellinnere von den Nachbarzellen und dem Umgebungsmilieu ab. Sie sorgt mittels bestimmter Proteine dafür, dass diverse Botenstoffe in die Zelle hinein- oder hinausgelangen. Zudem ist Cholesterin die Vorstufe verschiedener Hormone und Gallensäuren. Der Cholesterinspiegel im Blut steht außerdem im Zusammenhang mit zahlreichen Erkrankungen, insbesondere des Herz-Kreislauf-Systems, aber auch mit den zwar sehr seltenen, aber besonders gravierend verlaufenden sogenannten lysosomalen Speicherkrankheiten.

Forschende am Biochemischen Institut der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) untersuchen bereits seit Jahren unter anderem, wie Cholesterin im Zellinnern transportiert wird und welche Prozesse und Proteine daran beteiligt sind. So gelang es ihnen 2013, ein zentral an diesen Prozessen beteiligtes Protein, das sogenannte LIMP2, zu charakterisieren und seinen molekularen Bauplan zu beschreiben. Das dabei entstandene räumliche Modell des Proteins offenbarte überraschenderweise eine Tunnelstruktur, die ähnlich wie bei anderen Proteinen auf eine mögliche Transportfunktion des LIMP2 hindeutete. In einer gemeinsam mit internationalen Kolleginnen und Kollegen unter anderem von der Zhejiang-Universität und der Universität Helsinki vorgelegten Forschungsarbeit konnte das Kieler Forschungsteam nun die Beteiligung des LIMP2-Proteins am Cholesterin-Export aus Lysosomen, den abbauenden Zellorganellen, nachweisen. Damit beschrieben die Forschenden einen bislang unbekannten Weg des Cholesterinabbaus im Zellinnern. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Communications.

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News • Ins Schwitzen kommen

Studie zeigt, warum Sauna gut für Herz und Kreislauf ist

Herzinfarkt, Schlaganfall, Aortenaneurysma und Herzinsuffizienz sind Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, die nach wie vor zu den häufigsten Todesursachen zählen. Ein deutlich reduziertes Risiko, an einer Herz-Kreislauferkrankung zu versterben haben allerdings Personen, die häufig die Sauna besuchen. Zu dieser Erkenntnis gelangen Peter Willeit, Neurologe und Epidemiologe an der Medizin Uni…

Im Mittelpunkt des Interesses steht für das Kieler Biochemie-Forschungsteam um Professor Paul Saftig die Rolle der Lysosomen. Diese Zellorganellen sorgen in menschlichen und tierischen Zellen für die Verteilung sowie den Ab- und Umbau diverser Stoffe, unter anderem auch des Cholesterins. Bereits bekannt war, dass ein bestimmtes Protein für den Transport des Cholesterins aus den Lysosomen verantwortlich ist. „Die auffällige Tunnelstruktur unseres neu charakterisierten Proteins ließ uns hellhörig werden“, beschreibt Biochemiker Saftig den Ausgangspunkt der aktuellen Forschungen. „Durch unsere Experimente konnten wir nun bestätigen, dass LIMP2 tatsächlich für einen alternativen Transportweg des Cholesterins verantwortlich ist“, so Saftig weiter.

2 female scientists in a laboratory
Arbeiteten im Rahmen der deutsch-chinesischen Universitätspartnerschaft zusammen: Die Erstautorin der Forschungsarbeit Saskia Heybrock vom Biochemischen Institut der CAU (vorn) und ihre Kollegin Ying Meng von der Zhejiang-Universität.

© Prof. Paul Saftig

Nachweise für die Funktion des LIMP2-Proteintunnels erlangte das internationale Forschungsteam anhand verschiedener Methoden. In einer lichtmikroskopischen Analyse gelang es den Forschenden, das Cholesterin gewissermaßen ‚auf frischer Tat zu ertappen‘: Dank einer Fluoreszenz-Markierung bildeten sie es in dem Moment ab, in dem es den Tunnel passiert hatte. Elektronenmikroskopische Aufnahmen zeigten darüber hinaus sogar, wie sich Cholesterin in bestimmten Nervengeweben ansammelt, sobald der LIMP2-Transportweg nicht zur Verfügung steht. Eine funktionale Genanalyse ergab zudem, dass die Deaktivierung der für das LIMP2-Protein verantwortlichen Erbinformationen zu einer Störung des zellulären Cholesterin-Gleichgewichts führt. Die Zellen aktivieren in diesem Fall vermehrt Signale, die einen Cholesterinmangel anzeigen, was zu einer problematischen und möglicherweise an der Krankheitsentstehung beteiligten Anhäufung von Cholesterin führt.

„Mit der neuen Arbeit konnten wir einen zusätzlichen Transportweg beschreiben, der an der Cholesterin-Regulierung beteiligt ist“, fasst Saftig die Bedeutung der neuen Veröffentlichung zusammen. „Das immer genauere Verständnis dieser zellulären Transport- und Verteilungsprozesse wird uns in Zukunft dabei helfen, Ansatzpunkte für neue Therapien zu finden“, so Saftig weiter. Die Wissenschaftler hoffen daher, perspektivisch insbesondere Wirkstoffe zur Bekämpfung der lysosomalen Speicherkrankheiten entwickeln zu können. In einem nächsten Schritt auf diesem Weg wollen die Kieler Forschenden zunächst die unterschiedlichen Funktionen der scheinbar redundanten Wege des Cholsterintransports im Zellinnern aufklären.

Die CAU verbindet seit 1986 eine Partnerschaft mit der Zhejiang-Universität im ostchinesischen Hangzhou, die sowohl den Studierendenaustausch als auch die regelmäßige wissenschaftliche Zusammenarbeit umfasst. Die neuen biochemischen Erkenntnisse sind auch ein Ergebnis dieser deutsch-chinesischen Kooperation, von der insbesondere die beteiligten Nachwuchsforschenden profitierten: Zwei der Autorinnen absolvierten wechselseitige Aufenthalte an der jeweiligen Partneruniversität und bearbeiteten das Forschungsthema sowohl in Kiel als auch in Hangzhou. Die nun vorliegende Arbeit ist daher ein Beispiel dafür, wie intensive internationale Forschungskooperationen die Grundlagenforschung und perspektivisch auch deren Translation, etwa in die therapeutische Anwendung, vorbringen können.


Quelle: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU)

18.08.2019

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