Inkubatoren für Frühgeborene, Stents zur Öffnung verschlossener Gefäße und...
Inkubatoren für Frühgeborene, Stents zur Öffnung verschlossener Gefäße und künstliche Gelenke: Laut Experten von BVMed und Spectaris könnte ein Verbot von Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) die Versorgung mit diesen wichtigen Medizinprodukten gefährden.

Bildquellen: Adobe Stock/androoo (Inkubator); Adobe Stock/peterschreiber.media (Stent); Adobe Stock/Choo (Hüft-Implantat)

News • "Forever chemicals" in Medizinprodukten

PFAS-Verbot gefährdet Gesundheitsversorgung, warnen Experten

Die EU-Kommission plant ein Verbot der auch als "forever chemicals" bekannten PFAS. Die umstrittenen Substanzen seien jedoch für die Versorgung mit lebenswichtigen Medizinprodukten unverzichtbar, warnen Experten.

Die beiden Medizintechnik-Verbände BVMed und Spectaris haben in einem gemeinsamen Schreiben an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) vor den verheerenden Auswirkungen eines pauschalen PFAS-Verbots auf die Patientenversorgung mit lebensnotwendigen Medizinprodukten gewarnt. 

Die EU-Kommission plant in einer untergesetzlichen Regelung ein umfassendes Verbot von rund 10.000 Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS), von denen viele bislang unverzichtbar und alternativlos seien, erklären BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll und Spectaris-Geschäftsführer Jörg Mayer. EU-Rat und EU-Parlament seien dabei deutlich zu spät eingebunden worden, kritisieren die Experten. Sie appellieren an die deutsche Gesundheitspolitik, die Brüsseler Initiative „eiligst in den Blick“ zu nehmen, sich in das Verfahren einzuschalten und pauschale Regelungen ganzer Stoffgruppen zu verhindern.

Den PFAS wird in Medizinprodukten genau die technische Eigenschaft zum politischen Verhängnis, wegen der sie eingesetzt werden: ihre Langlebigkeit und Widerstandsfähigkeit am und im menschlichen Körper

Marc-Pierre Möll und Jörg Mayer

Der Entwurf einer umfassenden PFAS-Beschränkung wurde im Januar 2023 von der europäischen Chemikalienagentur ECHA im sogenannten Ausschussverfahren unter der REACH-Verordnung vorgelegt. Wegen ihrer belastenden Eigenschaften für Umwelt und Gesundheit stehen die Substanzen aktuell in der Kritik, doch BVMed und Spectaris lehnen die breite Regulierung ganzer Stoffgruppen unabhängig von deren nachgewiesenem Risiko strikt ab. „Denn den PFAS wird in Medizinprodukten genau die technische Eigenschaft zum politischen Verhängnis, wegen der sie eingesetzt werden: ihre Langlebigkeit und Widerstandsfähigkeit am und im menschlichen Körper“, heißt es in dem gemeinsamen Schreiben an das BMG.

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PFAS stellen für die Medizintechnik Hochleistungs-Werkstoffe dar, die entscheidende medizinisch-technische Fortschritte der letzten Jahrzehnte überhaupt erst ermöglicht haben. „Medizinprodukte wie beispielsweise Inkubatoren für Neugeborene, Herz-Lungen-Maschinen oder Implantate wie Herzschrittmacher, Stents oder Gelenke, aber auch Produkte mit Blutkontakt oder Verpackungen für steril in Verkehr gebrachte Medizinprodukte können dann nicht mehr hergestellt und verwendet werden – und das bereits nach sehr kurzer Übergangsfrist“, warnen die beiden Medizintechnik-Verbände. 

Wichtig ist aus Sicht von BVMed und Spectaris, dass das bereits laufende Konsultationsverfahren der ECHA nicht im Stile eines gewöhnlichen Verwaltungsaktes lediglich beobachtet und abgewartet wird. „Es besteht dringender politischer Handlungsbedarf, denn es werden angesichts des unsicheren Ausgangs der Regulierung bereits jetzt negative Standortentscheidungen getroffen“, so Möll und Mayer. Ihr dringender Appell: „Ein Ausstieg aus PFAS hätte massive Auswirkungen auf die Patient:innensicherheit, die Innovationsfähigkeit der Medizintechnik und letztlich auch auf wichtige Zukunftsinitiativen der Europäischen Union. Die Politik muss jetzt zügig handeln.“ 


Quelle: BVMed/Spectaris

26.05.2023

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