Niedrigdosis-Fluoroskopie in 3-D
Visionen für die bildgestützte Interventionsführung
Um bei minimalinvasiven, bildgestützten Eingriffen besser navigieren zu können, entwickeln Forscher der Universität Erlangen und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg derzeit eine dreidimensionale, also tomographische Fluoroskopie.
Die Strahlendosis soll dabei so gering wie bei der klassischen zweidimensionalen Fluoroskopie sein, damit das Verfahren in Zukunft auch klinisch einsetzbar ist. Barbara Flach wird die bisherigen Ergebnisse der Forschergruppe auf dem Röntgenkongress vorstellen. “RöKo Heute“ sprach vorab mit ihr.
Um die Führung der Instrumente und anderer Interventionsmaterialien bei minimalinvasiven Eingriffen in Zukunft zu erleichtern, forscht das am DKFZ angesiedelte Team um Prof. Dr. Marc Kachelrieß, Diplom-Physiker und Professor für medizinische Bildgebung an der Universität Erlangen, und Dr. Sönke Bartling, Radiologe und Oberarzt an der Universität Heidelberg, bereits seit einigen Jahren an einer dreidimensionalen Fluoroskopie mit sehr niedriger Dosis.
In Simulationen und mithilfe von Tierversuchen gelang es ihnen inzwischen, die Strahlendosis auf rund 12 Microgray pro Sekunde zu senken. Damit, so Barbara Flach, die sich seit 2011 mit dem Thema im Rahmen ihrer Promotion befasst, sei die Dosis in etwa genauso niedrig wie in der klassischen Fluoroskopie mit circa 10 Microgray pro Sekunde. In Abgrenzung zu der bereits existierenden CT-Fluoroskopie, die in der Klinik wegen der vergleichsweise hohen Dosis jedoch kaum angewendet wird, nennen die Forscher ihre Entwicklung deshalb auch tomographische Niedrigstdosis-Fluoroskopie.
Vor dem Eingriff, erläutert Barbara Flach das Verfahren, wird eine CT-Aufnahme in relativ guter Qualität gemacht (statischer Prior). Im Verlauf des Eingriffs aber werden nur sehr wenige Projektionen im gepulsten Modus aufgenommen, deren Strahlendosis zusätzlich durch niedrigeren Röhrenstrom und niedrigere Röhrenspannung gegenüber der Prior-Aufnahme reduziert wird. Aus diesen laufenden Projektionen (10 bis 20 Projektionen pro Halbumlauf) während des Eingriffs werden dann nur die Informationen zu den Interventionsmaterialien, wie beispielsweise zu einem Katheter, berechnet. In einem speziellen Algorithmus (PrIDICT-Algorithmus) werden diese Daten dann mit der CT-Aufnahme vom Anfang, also dem Prior-Bild, verrechnet, sodass zu jedem Zeitpunkt ein aktuelles dreidimensionales Bild entsteht und dem Radiologen in unterschiedlichen Ansichten präsentiert wird.
Barbara Flach hat nun zusätzlich dazu noch einen speziellen Algorithmus entwickelt, mit dem sich die Patientenbewegung während einer Intervention abbilden lässt. Hierfür werden etwas mehr Projektionen rekonstruiert, als für die alleinige Abbildung der Instrumente notwendig wäre. Die erhobenen Daten werden dann in Abgleich mit dem Prior-Bild in einem spezifischen Bewegungskompensationsverfahren verrechnet, um die Patientenbewegung abschätzen zu können. „Im Grunde deformiert man das Anfangsbild auf die Position, die man während der Intervention mit dem schlechteren Bild errechnet hat“, so Flach. Dadurch habe man dann das Bild mit guter Qualität an der Stelle, auf der der Patient gerade liege. Dieses Verfahren des kontinuierlichen Updates der Patientenbewegung wird von den Forschern auch Running-Prior-Technik genannt.
Allerdings ist diese neu entwickelte Technologie vorerst noch nicht klinisch anwendbar. Schlicht, weil die entsprechende Hard- und Software noch nicht vorhanden ist, die mit so wenigen Projektionen und einer solch geringen Dosis bei kontinuierlicher Rotation aufnehmen kann. Und so hat auch das Team um Prof. Kachelrieß und Dr. Bartling bisher nur mit Modellen und Messungen aus Tierversuchen, die erst nach der Intervention rekonstruiert wurden, gearbeitet. Das heißt, in den Tierversuchen, die an einem Volumen-CT mit Flachbilddetektoren durchgeführt wurden, kamen noch klassische Protokolle zum Einsatz, die erst im Nachhinein ausgedünnt und mit zusätzlichem Rauschen versehen wurden, um eine noch niedrigere Dosis zu simulieren. Als Nächstes planen die Forscher, neben dem Aufbau eines geeigneten interventionellen CT-Systems für die Niedrigstdosis-Fluoroskopie auch Organbewegungen in das Modell einzubeziehen, sodass neben Neurointerventionen, die derzeit theoretisch schon mit dieser Methode durchgeführt werden könnten, auch Eingriffe am Herzen oder an der Lunge möglich wären.
Im Profil
Barbara Flach studierte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Mathematik und Elektrotechnik. Das Studium schloss sie mit der Diplomarbeit zum Thema „Evaluierung eines mathematischen Algorithmus zur Bildrekonstruktion in der Computertomographie“ ab. Anschließend war sie Entwicklungsingenieurin bei dem Hard- und Softwareentwicklungsunternehmen 4plus. Dort befasste sie sich mit Genauigkeitsmessungen an C-Bögen der Firma Siemens. Seit 2011 promoviert Barbara Flach am Institut für Medizinische Physik der Friedrich-Alexander-Universität und forscht am DKFZ in Heidelberg zur „Niedrigstdosis-CT-Fluoroskopie in der Interventionellen Radiologie.“
29.05.2013