News • Sinusvenenthrombose

Nebenwirkung nach Corona-Impfung erfolgreich behandelt

Seit Mitte März 2021 sind in Deutschland und anderen Ländern nach Impfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 mit dem Impfstoff von AstraZeneca (Vaxzevria) seltene Fälle von Hirnvenenthrombosen (Sinusvenenthrombosen) aufgetreten.

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Professor Dr. Andreas Tiede mit der CT-Aufnahme einer VITT-Patientin. Der weiße Pfeil deutet auf eine Hirnthrombose (hellgrau).

© Karin Kaiser / MHH

Die Nebenwirkung der Impfung kann zur Folge haben, dass die Zahl der Blutplättchen (Thrombozyten) im Blut der Betroffenen abnimmt und wird daher auch Vakzin-induzierte thrombotische Thrombozytopenie (VITT) genannt. An der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) wurden fünf aus verschiedenen Kliniken in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen überwiesene Patientinnen behandelt. Als erste deutsche Klinik hat die MHH jetzt ihre detaillierten Erfahrungen in Diagnostik, Krankheitsverlauf und Therapie ausgewertet und der internationalen medizinischen Fachwelt als Behandlungsempfehlung zur Verfügung gestellt. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Blood veröffentlicht worden. Erstautor ist Dr. Andreas Tiede, Professor für Hämostaseologie an der Klinik für Hämatologie, Hämostaseologie, Onkologie und Stammzelltransplantation.

Ursache der seltenen Nebenwirkung ist eine fehlgeleitete Reaktion des Immunsystems. Dabei kommt es zur Bildung von Antikörpern gegen ein körpereigenes Eiweiß der Blutplättchen, den Plättchenfaktor 4 (PF4). „Bei allen betroffenen Patientinnen mit VITT haben wir PF4‑Antikörper nachgewiesen“, sagt Klinikdirektor Professor Dr. Arnold Ganser. Binden die Antikörper an PF4, können die Blutplättchen aktiviert werden, wie es auch bei einer Wundheilung der Fall wäre. Besteht keine Blutung, können sich Gerinnsel im Blut bilden Thrombosen entstehen.  Außerdem stellten die behandelnden Ärzte insgesamt eine Abnahme der Blutplättchen (Thrombozytopenie) fest, sowie Gefäßverschlüsse. Diese Thrombosen betrafen jedoch nicht nur die Hirnvenen, sondern auch die Venen der Bauchorgane und die Arterien in Gehirn und Beinen. Die Patientinnen mussten je nach Schweregrad der Erkrankung unterschiedlich behandelt werden – mit Blutverdünnern zur Verhinderung der Thromboseausbreitung aber auch mit Kortison und weiteren Medikamenten. Bei allen war die Therapie erfolgreich, drei sind inzwischen wieder zu Hause. „Für die Patientinnen war es lebensrettend, dass wir einerseits genug hochspezialisierte Intensivbetten vorhalten und andererseits eine Klinik der Maximalversorgung sind, an der Spezialisten verschiedenster Fachdisziplinen 24 Stunden am Tag 7 Tage in der Woche zusammenarbeiten“, betont MHH-Präsident Professor Dr. Michael Manns. Nur die fachübergreifende Zusammenarbeit von Kollegen verschiedener medizinischer Abteilungen habe es ermöglicht, innerhalb weniger Tage eine neuartige Erkrankung zu erfassen und effektiv zu behandeln.

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„Die Komplikation VITT ist zum Glück sehr selten“, sagt Professor Tiede. Entscheidend für eine Heilung seien eine frühe Diagnose und Behandlung. Kopfschmerzen und leichtes Fieber ein bis zwei Tage nach der Impfung seien jedoch normale Anzeichen einer Immunreaktion und kein Grund zur Sorge. Wer aber nach mehr als vier Tagen noch starke Beschwerden habe, sollte umgehend den Hausarzt oder die Hausärztin aufsuchen. Ein dort angefertigtes Blutbild gibt Aufschluss über mögliche Anzeichen einer VITT. „In diesem Fall muss der Patient sofort die Notaufnahme eines Krankenhauses aufsuchen“, rät der Mediziner. Die jetzt veröffentlichte Publikation gebe den behandelnden Kliniken wiederum genaue Hinweise, welche Behandlung dann sinnvoll sei.

Die Veröffentlichung ist das Ergebnis der fachübergreifenden Zusammenarbeit mehrerer Kliniken und Institute der MHH. Dazu gehören neben der Klinik für Hämatologie, Hämostaseologie, Onkologie und Stammzelltransplantation auch das Institut für Klinische Chemie, die Klinik für Neurochirurgie, das Institut für Neuroradiologie, die Klinik für Neurologie mit Klinischer Neurophysiologie und die Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie.


Quelle: Medizinische Hochschule Hannover

04.05.2021

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