Bildquelle: Beat Ruest, Brustraum-lunge-herz-leber-br01, CC BY-SA 4.0
News • Adenokarzinom
Lungenkrebs: Unterschiede bei Asiaten und Europäern
Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Axel Hillmer, Leiter der Genomischen Pathologie an der Uniklinik Köln und der Medizinischen Fakultät, hat zusammen mit Wissenschaftlern und Klinikern in Singapur eine der ersten umfassenden genomischen Studien zum asiatischen Lungenadenokarzinom (LUAD) abgeschlossen.
Im Rahmen der Studie wurde zum ersten Mal eine umfassende genomische Landschaft asiatischer LUADs dargestellt und die komplexen ethnischen Unterschiede zwischen Asiaten und Europäern charakterisiert. Die Studie hat dabei besondere molekulare Merkmale für die ostasiatische Bevölkerung identifiziert. Die Studie wurde jetzt im Wissenschaftsjournal „Nature Genetics" veröffentlicht.
Das Adenokarzinom der Lunge ist die häufigste Form von Lungenkrebs und für jährlich über eine Million Todesfälle weltweit verantwortlich. Es ist bekannt, dass es sich zwischen Asiaten und Europäern deutlich unterscheidet: 40 bis 60 Prozent der asiatischen LUADs weisen eine Mutation im EGF-Rezeptor auf, bei der kaukasischen Form trifft dies nur in sieben bis zehn Prozent zu. Kleinere Studien weisen darauf hin, dass es weitere genomische Unterschiede gibt. Unter den asiatischen LUAD-Patienten sind mehr weibliche Nichtraucherinnen verglichen mit kaukasischen Patienten, während sich bei ihnen mehr männliche Raucher finden.
Um ausreichend große Datenmengen für den Vergleich zu erhalten, wurden die gesamten Exome (n=210) und Transkriptome (n=181) von 213 chinesischen LUAD-Patienten aus Singapur sequenziert. Zusammen mit zuvor veröffentlichten vollständigen Exomdaten von 92 chinesischen Patienten stellten die Forscher so den größten Datensatz (n=305) von LUADs für Ostasiaten zusammen. Durch den Vergleich der genomischen Landschaften mit den gleichen Analysepipelines konnten große Unterschiede bei Treibermutationen, Kopienzahländerungen und transkriptomischen RNA-Untergruppen ermittelt werden.
Auch wenn die kaukasischen Patienten im Vergleich zur asiatischen Kohorte mehr Raucher und Zigarettenkonsum aufwiesen, ähnelten sich die beiden Kohorten im Stadium und Alter sowie in anderen klinischen Merkmalen. Die Studie ermöglichte daher auch den bislang größten direkten Vergleich zwischen Rauchern und Nichtrauchern aus zwei ethnischen Gruppen.
Die Studie bestätigte, dass sich die Mutationslandschaft der asiatischen Patienten von den kaukasischen unterscheidet, wobei die Prävalenz von Mutationen auch in vielen anderen Genen jenseits des EGF-Rezeptors unterschiedlich ist. Die Analyse lieferte zwei wichtige Erkenntnisse: Zum einen weist der asiatische rauchbedingte Lungenkrebs offenbar "stabilere" Genome auf. Daraus lässt sich eine bessere Vorhersagegenauigkeit für Prognosen ableiten als für kaukasische LUADs. Zum anderen konnten bei mehr als einem Drittel der Asiaten höhere Entzündungswerte sowie stärkere Anzeichen von Immunzellen festgestellt werden. „Diese Ergebnisse können zu neuen Ansätzen für personalisierte Therapien führen, die speziell auf diese asiatische Untergruppe abzielt“, sagt Prof. Hillmer. Er war zum Zeitpunkt der Studie am Genom Institut Singapur Arbeitsgruppenleiter im Fachbereich „Cancer Therapeutics & Stratified Oncology“ und hat die genomischen Untersuchungen geleitet. An der Interpretation und Diskussion der Daten hat er nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahr 2016 intensiv weitergearbeitet.
Das Forscherteam in Singapur plant auf Basis dieser Ergebnisse den Aufbau einer Wissensdatenbank für Lungenkrebs, um komplexere Vorhersagemodelle zu entwickeln. „Die Schaffung von zentralen Datenbanken ist von entscheidender Bedeutung für unser Verständnis von Krebserkrankungen“, sagt Univ.-Prof. Dr. Reinhard Büttner, Direktor der Pathologie an der Uniklinik Köln. „Mit dem Netzwerk Genomische Medizin Lungenkrebs, das wir von Köln aus über mehrere Jahre aufgebaut haben und das gerade auf nationale Ebene ausgedehnt wird, sammeln wir gezielte genomische Informationen von tausenden Lungenkrebspatienten. Diese Struktur ist sehr hilfreich, um Therapieoptionen für Patienten mit seltenen Mutationen einzuschätzen.“
Quelle: Uniklinik Köln
04.02.2020