Vier Kardiologen in weißen Arztkitteln stehen für ein Gruppenfoto...
Das Berliner Studienteam, von links: Prof. Dr. Leif-Hendrik Boldt, PD Dr. Abdul Shokor Parwani, Prof. Dr. Gerhard Hindricks und PD Dr. Florian Blaschke

© DHZC

News • Physiologisches Linksbündel-Pacing

Neue Schrittmacher-Methode vermeidet Herzschwäche

In einer deutschlandweiten klinischen Studie untersuchen Forschende des LMU Klinikums München und des Deutschen Herzzentrums der Charité (DHZC) eine neuartige Methode der Schrittmachertherapie, die helfen könnte, eine durch klassische Schrittmacher hervorgerufene Herzschwäche zu vermeiden.

Herzschrittmacher retten Leben – insbesondere bei Menschen mit einem sogenannten AV-Block. Dabei handelt es sich um eine Störung der elektrischen Signale, die normalerweise dafür sorgen, dass das Herz im richtigen Takt schlägt. In solchen Fällen übernimmt der Schrittmacher diese Aufgabe. Allerdings hat die klassische Methode der Stimulation einen Nachteil: Der Herzmuskel wird an einer Stelle (der Herzspitze) stimuliert, die von der natürlichen Signalweiterleitung abweicht. Auf Dauer kann das dazu führen, dass die beiden Herzkammern nicht mehr optimal zusammenarbeiten – was die Pumpleistung des Herzens schwächt und langfristig eine Herzschwäche (Herzinsuffizienz) verursachen kann. 

Die neue Methode, das sogenannte physiologische Linksbündel-Pacing (Left Bundle Branch Area Pacing, LBBAP), ahmt die natürliche Signalweiterleitung des Herzens deutlich besser nach. Statt das elektrische Signal künstlich „von außen“ zu starten, wird gezielt das innere Reizleitungssystem des Herzens – das sogenannte His-Purkinje-System – aktiviert. Dieses System sorgt im gesunden Herzen dafür, dass alle Herzmuskelzellen im richtigen Moment kontrahieren und das Herz effizient Blut durch den Körper pumpt. 

Sechs Personen stehen für ein Gruppenfoto nebeneinander vor dem Eingang des...
Das Münchner Studienteam, von links: Dr. Anna-Luisa Häcker, Janina Neubarth-Mayer, PD Dr. Moritz Sinner, Dr. Marie Schubert, Mara Fachler und Kseniia Schmidt.

© Medizinische Klinik I/LMU Klinikum 

„Die herkömmliche Stimulation kann die Herzleistung auf Dauer beeinträchtigen – besonders bei Patienten, deren Herz fast ständig durch den Schrittmacher gesteuert werden muss“, erklärt PD Dr. Moritz Sinner, Kardiologe an der Medizinischen Klinik und Poliklinik I des LMU Klinikums München und einer der wissenschaftlichen Leiter der Studie. „Die neue Technik könnte hier eine deutlich schonendere und effektivere Lösung sein.“ 

An der Studie beteiligen sich über 20 Kliniken in ganz Deutschland. Insgesamt sollen etwa 200 Patienten mit höhergradigem AV-Block teilnehmen – also Menschen, die dauerhaft auf einen Schrittmacher angewiesen sind. Die wissenschaftliche Leitung teilen sich PD Dr. Florian Blaschke (DHZC) und PD Dr. Moritz Sinner (LMU Klinikum München). Die Charité übernimmt zudem die rechtliche Verantwortung für das Projekt. „Eine so enge und produktive Zusammenarbeit zwischen zwei führenden Universitätskliniken ist nicht selbstverständlich“, sagt PD Dr. Blaschke. „Umso mehr freut es uns, wie zielgerichtet und engagiert wir dieses wichtige Projekt gemeinsam voranbringen.“ 

Gefördert wird die Studie vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Sie gehört zur Kategorie der sogenannten „Early Clinical Trials“, also Studien in einem frühen Forschungsstadium. Dabei wird nicht direkt untersucht, ob Patienten länger leben oder seltener ins Krankenhaus müssen – vielmehr wird zunächst geschaut, ob die neue Methode günstige Auswirkungen auf messbare Werte wie die Herzfunktion hat. Solche sogenannten Surrogat-Endpunkte gelten als wichtige Zwischenschritte auf dem Weg zu einer späteren breiteren Anwendung. 

Sollten sich die positiven Effekte des Linksbündel-Pacings bestätigen, könnte das Verfahren schon bald Eingang in medizinische Leitlinien finden – also in die offiziellen Behandlungsempfehlungen für Ärzte. Die aktuelle Studie legt hierfür eine wichtige wissenschaftliche Grundlage. Weitere Untersuchungen sind geplant, um die Erkenntnisse zu festigen und die Methode langfristig in der klinischen Praxis zu etablieren. 


Quelle: Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung 

09.09.2025

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