News • Studie zu Implantaten aus patienteneigenen Zellen

Knie-Knorpel mit Ersatz aus der Nase reparieren

Schäden an Gelenkknorpeln sind schmerzhaft und schränken die Beweglichkeit ein. Forschende der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel entwickeln deshalb Knorpelimplantate aus Zellen der Nasenscheidewand.

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Forschende züchten Ersatzknorpel aus Zellen der Nasenscheidewand, um damit Knorpelverletzungen im Knie zu reparieren.

Foto: Universität Basel, Christian Flierl

Eine aktuelle Studie zeigt, dass eine längere Reifezeit des gezüchteten Knorpels selbst bei komplizierten Knorpelverletzungen eine deutliche Verbesserung bringt. Das deutet darauf hin, dass sich die Methode auch für die Behandlung von Gelenkarthrose eignen könnte. 

Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Science Translational Medicine veröffentlicht

Ein unglücklicher Sturz beim Skifahren oder Fussball kann das Aus für sportliche Aktivität bedeuten. Knorpelschäden an Gelenken heilen nicht von selbst und erhöhen das Risiko für Arthrose. Forschende der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel zeigen nun, dass sich auch komplizierte Gelenkknorpelverletzungen mit Ersatzknorpel reparieren lassen, der aus patienteneigenen Zellen der Nasenscheidewand gezüchtet wurde. 

Ein Team am Departement Biomedizin um Prof. Dr. Ivan Martin, PD Dr. Marcus Mumme und Prof. Dr. Andrea Barbero forscht seit mehreren Jahren an dieser Methode. Dabei entnehmen sie ein winziges Stück aus der Nasenscheidewand des Patienten und vermehren die Knorpelzellen im Labor auf einem Gerüst aus weichen Fasern. Anschließend schneiden sie diesen Ersatzknorpel in die benötigte Form und implantieren ihn ins Kniegelenk. Bereits frühere Studien zeigten vielversprechende Ergebnisse. "Die Nasenknorpelzellen haben besondere Eigenschaften, die sich hervorragend für die Knorpelregeneration eignen", erklärt Ivan Martin. Beispielsweise stellte sich heraus, dass diese Zellen einer Entzündung im Gelenk entgegenwirken können.

Ein Chirurg führt eine Operation an der Nase eines Patienten durch
Beschädigte Gelenkknorpel am Knie lassen sich beim Menschen mit Zellen aus der Nase reparieren.

Foto: Universität Basel, Christian Flierl

In einer klinischen Studie mit 98 Teilnehmenden an Kliniken in vier Ländern verglichen die Forschenden nun zwei Herangehensweisen: Eine Gruppe erhielt Knorpelersatz, der vor der Implantation nur zwei Tage im Labor vorgereift war – eine Dauer, die auch für andere Ersatzknorpelprodukte angewendet wird. Für die andere Gruppe liessen die Forschenden den Knorpelersatz zwei Wochen lang heranreifen. Während dieser Zeit gewinnt das Gewebe an knorpelähnlichen Eigenschaften. 

Während 24 Monaten nach dem Eingriff dokumentierten die Teilnehmenden ihr Wohlbefinden und die Funktionalität des behandelten Knies per Fragebogen. Die Ergebnisse zeigen: Die Transplantation des gezüchteten Knorpels führte bei beiden Gruppen zu einer deutlichen Verbesserung. In der Gruppe mit dem länger vorgereiften Knorpel verbesserte sich der Zustand im zweiten Jahr nach dem Eingriff sogar noch weiter und übertraf den der Gruppe mit der kurz gereiften Variante. 

Bemerkenswert ist, dass Patienten mit größeren Verletzungen vom länger vorgereiften Knorpel profitieren

Andrea Barbero

Zusätzliche Untersuchung mittels Magnetresonanztomografie ergaben, dass der länger vorgereifte Knorpel zu einer besseren Zusammensetzung des Gewebes an der Stelle des Implantats und sogar des nachbaren Knorpels führte. "Das längere Vorreifen lohnt sich", betont Anke Wixmerten, Co-Erstautorin der Studie. Die zusätzliche Reifung des Implantats erhöhe Aufwand und Kosten nur wenig und erziele deutlich bessere Ergebnisse. 

"Bemerkenswert ist, dass Patienten mit größeren Verletzungen vom länger vorgereiften Knorpel profitieren", sagt Andrea Barbero. Gleiches gelte für Fälle, in denen Knorpelverletzungen bereits mit anderen Techniken behandelt wurden, das Ergebnis aber unzureichend blieb. 

"Wir haben im Rahmen unserer Studie zwar keinen direkten Vergleich zu Standardbehandlungen angestellt", räumt Ivan Martin ein. "Aber wenn man die Ergebnisse aus Standardfragebögen betrachtet, erreichen Patienten nach Behandlung mit unserer Methode langfristig höhere Werte bei Gelenkfunktionalität und Lebensqualität." 

Aufgrund dieser und früherer Ergebnisse möchten die Forschenden diese Methode jetzt auch für die Behandlung von Arthrose testen – eine entzündliche Erkrankung, die den Gelenkknorpel abbaut und Schmerzen verursacht. 

Zwei groß angelegte klinische Studien, die vom Schweizerischen Nationalfonds und dem EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe finanziert werden, stehen in den Startlöchern, um den Nutzen der Technik bei Kniescheibenarthrose zu untersuchen. Mit diesen Vorhaben ergänzt das Team den Forschungsschwerpunkt Zelluläre Therapien, den die Universität Basel und das Universitätsspital Basel als eine ihrer Prioritäten fördern. 


Quelle: Universität Basel

07.03.2025

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