Bildquelle: Universitätsklinikum Bonn (UKB) / Alessandro Winkler
News • Kryokonservierung von Eierstockgewebe
„Verglasung“ ermöglicht Kinderwunsch trotz Krebstherapie
Dem Team um Prof. Nicole Sänger, Direktorin der reproduktionsmedizinischen Abteilung am Universitätsklinikum Bonn (UKB), ist es gelungen mit der sogenannten Vitrifikation eine moderne Methode zur Kryokonservierung von Eierstockgewebe zu etablieren.
Es dient dem Fertilitätserhalt vor einer Krebstherapie. Erstmalig in Europa berichtet das Team nun von einer erfolgreichen Entbindung nach Retransplantation von blitzartig eingefrorenen, gelagerten und wieder aufgetautem Eierstockgewebe. Die Ergebnisse sind jetzt im Fachjournal „Reproductive BioMedicine“ erschienen.
Die Eizellreserve einer Frau ist endlich. Daher können Keimdrüsen schädigende Therapien, wie zum Beispiel bestimmte Chemotherapien, zu Unfruchtbarkeit führen. Zu den Optionen des Fertilitätserhalts gehört die Kryokonservierung von Eierstockgewebe. Dabei wird vor einer sogenannten gonadotoxischen Therapie ein Teil des Eierstocks entnommen und eingefroren. Dieses kann später wieder aufgetaut und reimplantiert werden, sodass unbeschädigte Eizellen wieder in den Körper zurückgelangen. Seit 2004 haben zahlreiche internationale Gruppen erfolgreiche Schwangerschaften nach Kryokonservierung, Auftau und Retransplantation von Eierstockgewebe erzielt. „Dies verdeutlicht das hohe Potential dieser Methode, die hauptsächlich auf dem Kryokonservierungsverfahren des „slow freezings“ beruht“, sagt Dr. Andreas Schallmoser, Leiter des reproduktionsmedizinischen Labors am UKB.
Bei einer schrittweisen Absenkung der Temperatur auf -196°C lässt sich jedoch die Bildung von Eiskristallen technisch nicht vollständig vermeiden. Dies kann die Unversehrtheit des Gewebes negativ beeinflussen. Werden dagegen Gewebsproben innerhalb von Sekundenbruchteilen tiefgefroren lassen sich Schäden an Zellen vermeiden. „Denn eine Bildung von Eiskristallen ist nicht möglich – die Probe verglast sozusagen“, erklärt Dr. Rebekka Einenkel, Leiterin des Forschungslabors der Gynäkologischen Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am UKB. „Bei humanen Embryonen und Eizellen hat sich dieses Verfahren, die sogenannte Vitrifikation, längst durchgesetzt.“
In früheren Arbeiten des Teams um Prof. Sänger konnten Dr. Schallmoser und Dr. Einenkel den positiven Einfluss der Vitrifikation gegenüber des slow freezings auf die Vitalität der Eizellen und ihrer Umgebung sowie die Ausschüttung von gefäßbildenden Substanzen, die für eine erfolgreiche Retransplantation wesentlich sind, nachweisen. „Die erste Geburt in Europa nach Vitrifikation, Auftau und Retransplantion von Eierstockgewebe ist für unsere Patientinnen und unser Zentrum ein Meilenstein. Durch unseren Forschungsschwerpunkt im Bereich Vitrifikation und Auftau von humanem Gewebe und Zellen können wir Kinderwunschtherapien auf höchstem Niveau anbieten“, sagt Prof. Sänger von der reproduktionsmedizinischen Abteilung am UKB. Zuvor war je einer Gruppe aus Japan und den USA eine Geburt nach der Reimplantation von vitrifiziertem Eierstockgewebe gelungen.
Quelle: Universitätsklinikum Bonn
15.05.2024