Katheterbehandlung der Nierenarterien senkt Bluthochdruck
Große internationale Studie beweist die Wirksamkeit einer neuen Therapie
Dass hoher Blutdruck zu Schlaganfall, Herzinfarkt und zum Tod führen kann, ist allgemein bekannt. Doch nur wenigen Patienten ist bewusst, dass ihre Nieren bei der Regulierung des Blutdrucks eine zentrale Rolle spielen. Aktuelle Studiendaten zeigen, dass eine neue minimal invasive Behandlung Patienten helfen kann, bei denen Medikamente den Blutdruck nicht ausreichend senken.
Dabei werden die zu und von den Nieren führenden sympathischen Nerven per Katheter gezielt verödet, um den Blutdruck steigernden Effekt der Nieren auszuschalten. Heute wurden die mit Spannung erwarteten Ergebnisse einer großangelegten Studie zu dieser neuartigen katheterbasierten Behandlung von Bluthochdruck auf einem Kongress der American Heart Association in Chicago vorgestellt.
Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass jeder Blutdruckanstieg über das normale Niveau hinaus pro 20/10 mmHg die herz-kreislaufbedingte Sterblichkeit über einen Zeitraum von zehn Jahren verdoppelt und dass die Senkung des systolischen Blutdrucks um so geringe Werte wie 5 mmHg das Risiko eines Schlaganfalls um fast 30 Prozent reduzieren kann.
Die Symplicity-HTN-2-Studie war eine internationale, multizentrische, prospektive, randomisierte, kontrollierte Studie, die Sicherheit und Wirksamkeit der sogenannten renalen Denervierung bei Patienten mit nicht eingestelltem Bluthochdruck untersuchte. Dafür wurden 106 Patienten aus 24 Prüfzentren in Europa und Australien nach dem Zufallsprinzip auf die verschiedenen Studienarme verteilt (randomisiert). Zu Beginn der Studie wiesen die Patienten der Behandlungs- und der Kontrollgruppe ähnlich hohe Blutdruckwerte auf: 178/97 mmHg bzw. 178/98 mmHg, obwohl beide durchschnittlich fünf Bluthochdruckmedikamenten pro Tag einnahmen.
Nach sechs Monaten hatten die zusätzlich zu Medikamenten mit dem Katheter behandelten Patienten einen im Schnitt um 33,4 mmHg niedrigeren systolischen Blutdruck als der Ausgangswert. Die diastolischen Blutdruckwerte wurden durchschnittlich um 12,5 mmHg gesenkt, während in der Kontrollgruppe keine signifikante Veränderung des Blutdrucks beobachtet wurde (0,3 mmHg).
Verfahren wird in Hamburg bereits eingesetzt
Die Abteilung Kardiologie im Herz-, Gefäß- und Diabeteszentrum der Asklepios Klinik St. Georg hat bereits 13 Patienten mit diesem wegweisenden Ansatz behandelt. Damit haben die St. Georger Ärzte neben Kollegen in Frankfurt, Lübeck und Homburg/Saar die bundesweit größte Erfahrung mit dem neuartigen Verfahren. In der Asklepios Klinik St. Georg setzt sich der Kardiologe Priv.-Doz. Dr. Martin Bergmann dafür ein, diese neue Therapie Patienten mit medikamentös schlecht einstellbarem Blutdruck zugänglich zu machen.
Symplicity® -Katheter™
Das Symplicity-Kathetersystem wird verwendet, um einen Eingriff durchzuführen, der als renale Denervierung (RDN) bezeichnet wird. Dabei führt der Arzt den flexiblen Katheter über die Leistenarterie in die Nierenarterie ein. Sobald sich der Katheter in der Nierenarterie befindet, werden die umgebenden Nervenfasern über Elektroden mit Hochfrequenz-Schwachstrom ausgeschaltet. Das wiederum reduziert die Hyperaktivierung des sympathischen Nervensystems, eine häufige Ursache des chronischen Bluthochdrucks.
Das innovative Verfahren zielt darauf ab, den Blutdruck dauerhaft zu senken. Zunächst ist das Ziel der Behandlung bei fortgesetzter medikamentöser Therapie die Blutdruckeinstellung zu verbessern; langfristig können die Patienten nach einer erfolgreichen RDN wahrscheinlich die Einnahme blutdrucksenkender Medikamente reduzieren.
Weiterführende Untersuchungen untersuchen jetzt, ob die Behandlung auch für die Behandlung von Herzinsuffizienz, Diabetes und der chronischen Nierenkrankheit genutzt werden kann – Erkrankungen, die ebenfalls durch eine erhöhte Sympathikus-Aktivität gekennzeichnet sind. Der Symplicity-Katheter hat in der Europäischen Union die CE-Zulassung erhalten und befindet sich in den Vereinigten Staaten in der Erprobung.
Hypertonie (Bluthochdruck)
Obwohl keine Symptome auftreten, ist die Hypertonie (Bluthochdruck) weltweit der Risikofaktor Nummer Eins für einen frühzeitigen Tod und betrifft etwa jeden dritten Erwachsenen. Fast die Hälfte der Europäer leidet an Bluthochdruck, in den USA sind rund 75 Millionen Menschen betroffen, aber nur zwei Drittel von ihnen werden behandelt. Trotz ihrer Medikamente erreicht etwa die Hälfte der Behandelten die Zielblutdruckwerte nicht. Die Arzneimittel, die häufig zur Behandlung von Bluthochdruck verschrieben werden, müssen täglich für die gesamte Lebenszeit eines Patienten genommen werden. Dies ist nicht nur teuer, sondern birgt auch die Gefahr von Nebenwirkungen, die sich negativ auf die Lebensqualität auswirken. Weltweit betragen die geschätzten jährlichen Gesundheitskosten, die direkt mit Bluthochdruck zusammenhängen, etwa 500 Milliarden US-Dollar.
23.11.2010