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Intensivmedizin und Organspende: neues Positionspapier
Ethische Konflikte beim Thema Organspende sollen unter Medizinern vermieden werden – zu diesem Zweck hat die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) nun ein neues Positionspapier veröffentlicht.
Konflikte treten dann auf, wenn Organfunktionen eines verstorbenen Patienten intensivmedizinisch aufrechterhalten werden, dies dem Verstorbenen aber nicht mehr nützt. „Wir arbeiten an der Schnittstelle von würdevoller Begleitung am Lebensende und einer erweiterten Behandlung zum bestmöglichen Schutz der Organe. Für den richtigen Umgang mit dieser Situation haben wir jetzt dringend notwendige Handlungsempfehlungen erarbeitet“, sagt DIVI-Präsident Professor Uwe Janssens, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius-Hospital in Eschweiler.
An der Erstellung des Positionspapiers haben die beiden DIVI-Sektionen „Ethik“ sowie „Organspende und -transplantation“ und die Sektion „Ethik“ der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) mitgewirkt. Die Experten haben eine differenzierte und anschauliche Hilfestellung in Form eines Netzdiagramms zur passenden Entscheidungsfindung für den erweiterten intensivmedizinischen Behandlungsbedarf auf dem Weg zur Organspende entwickelt. Dabei werden zukünftig fünf definierte Dimensionen genau betrachtet. „Die von uns in der Leitlinie beschriebene Vorgehensweise kann ethische Zielkonflikte hinsichtlich des Therapieumfangs bei dem todgeweihten Patienten entschärfen helfen. Auch dann, wenn der Patient vorab eine Therapiebegrenzung bestimmt hat und eine Organspende medizinisch prinzipiell möglich erscheint“, sagt Janssens.
Um die Entscheidung zwischen einer Therapiebegrenzung samt Zulassen des Sterbens auf der einen Seite, oder einer Therapieausweitung zur Erhaltung der Organe für die Organspende auf der anderen Seite zu treffen, haben die drei Sektionen fünf Fragestellungen identifiziert: Liegt ein nachgewiesener, vermuteter oder erwarteter irreversibler Hirnfunktionsausfall vor? Äußerte der Patient einen Organspendewunsch? Erklärte der Patient seinen Willen zur Therapiebegrenzung? Wie hoch ist die Eingriffsintensität der erweiterten Behandlungsmaßnahmen? Wie wahrscheinlich ist der Erfolg einer organprotektiven Therapie?
Auf Basis dieser Dimensionen, die in einem ersten Schritt getrennt voneinander analysiert werden, kann schließlich in der Gesamtbewertung eine reflektierte Entscheidung gefunden werden. „Befinden sich alle Ausprägungsgrade in den äußeren Segmenten des von uns entwickelten Netzdiagramms, erscheint eine Fortführung oder Erweiterung intensivmedizinischer Maßnahmen zur Realisierung einer Organspende ethisch gerechtfertigt, wenn nicht sogar geboten“, erläutert Janssens. „Andersherum kann bei einem ausdrücklichen Patientenwillen zur Therapiebegrenzung im Zusammenspiel mit den anderen Dimensionen auch ein Sterben des Patienten leichter zugelassen werden.“ Das Behandlungsteam sollte jedoch nicht allein das Netzdiagramm zur Entscheidungsfindung heranziehen. Auch juristische Stellvertreter und Angehörige sollten eingebunden werden. So könne in Zukunft ein begründeter Konsens im Sinne aller Beteiligten erreicht werden.
Quelle: DIVI
18.04.2019