Artikel • Aufbereitung, Desinfektion, Reinigung
Hygiene auch für OP-Roboter essentiell
Moderne Medizin ohne Händehygiene ist unvorstellbar – das gilt besonders im OP. Was aber, wenn nicht der Chirurg das Skalpell in der Hand hält, sondern ein OP-Roboter?
Bericht: Wolfgang Behrends
Denn auch bei robotischen Eingriffen besteht immer die Gefahr, Erreger auf einen Patienten zu übertragen, sagt Prof. Dr. Johannes K.-M. Knobloch vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE).
Der Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie und Leiter des Arbeitsbereichs Krankenhaushygiene erklärt, wie robotische Systeme aufbereitet werden, um Infektionen zu verhindern.
Am UKE in Hamburg versehen gleich mehrere OP-Roboter ihren Dienst. Die Da-Vinci-Systeme werden vor allem für Prostatektomien eingesetzt, ferner für intra-abdominelle Eingriffe. „Die Roboterarme selbst sind dabei kaum einer Kontaminierung ausgesetzt“, erklärt Knobloch. „Zudem haben die Systeme glatte Oberflächen und sind so entworfen, dass sie leicht zu reinigen sind.“ Bei den meist minimal-invasiven Techniken werden die OP-Roboter mit aufklickbaren Instrumenten bestückt, die nach dem Eingriff abmontiert und gesondert wiederaufbereitet werden.
Kleiner und komplexer
Das Instrumentarium, das den OP-Robotern zur Verfügung steht, entspricht weitestgehend dem, was auch ein menschlicher Chirurg in der Hand hält – in den meisten Fällen miniaturisiert und mit kleinen Anpassungen. So schneidet der Roboter nicht mit einer scharfen Klinge, sondern brennt sich per Elektrokauter durch Gewebe.
Da diese Roboter-Instrumente oft feinteilige mechanische Komponenten beinhalten, ist die Desinfektion nicht ganz so einfach wie bei ihren starren Gegenstücken. So werden die Zangen, Klemmen oder Nadelhalter während der OP mithilfe einer komplexen Bowdenzug-Mechanik bedient, erklärt Knobloch. Diese Bauweise ist nötig, damit der Roboter die Instrumente im Körper präziser positionieren kann. „Im Vergleich zum klassischen Skalpell macht das die Reinigung natürlich deutlich komplizierter.“
Aus hygienischer Sicht besonders kritische Bauteile sind dabei die feinen Drahtseile, mit denen die Instrumente geöffnet und geschlossen, aber auch angewinkelt und gekippt werden können. „Während des Eingriffs bewegen sich diese Drähte vielfach vor uns zurück. Dabei ziehen sie mit jedem Zug kontaminiertes Material wie Gewebereste, Blut und Eiweiß aus dem Patienten nach außen“, beschreibt der Hygiene-Experte. „In den Anfangstagen der robotischen Chirurgie war es ein großes Problem, die Instrumente nach einer OP proteinfrei zu bekommen, damit sie bei einem anderen Patienten wieder verwendet werden konnten.“
© BANDELIN electronic GmbH & Co. KG
Aus dem Patienten direkt in die Aufbereitung
Jemand, der nicht regelmäßig mit diesen Spezialinstrumenten umgeht, ist oft nicht mit deren Besonderheiten vertraut, das kann leicht zu Fehlern führen
Johannes Knobloch
Mit Fortscheiten der Technik ist mittlerweile auch die Aufbereitung der Instrumente erheblich verbessert worden. Um das Antrocknen von Proteinen an den Instrumenten zu verhindern, werden diese nach dem Eingriff schnellstmöglich in eine Reinigungsflüssigkeit gelegt. Nach der OP entfernen zunächst spezielle Ultraschallbäder mit feinsten Bewegungen die meisten Rückstände. Anschließend wird das Besteck in einem Reinigungs- und Desinfektionsgerät (RDG oder Thermodesinfektor) weiter aufbereitet. Moderne Roboter-Instrumente verfügen zudem über besondere Anschlüsse, über die das Besteck gut durchspült werden kann. „Das ist ein mehrstufiger und anspruchsvoller Vorgang, der nur von besonders geschultem Personal durchgeführt wird. Jemand, der nicht regelmäßig mit diesen Spezialinstrumenten umgeht, ist oft nicht mit deren Besonderheiten vertraut, das kann leicht zu Fehlern führen.“ Am UKE wird die Aufbereitung von Roboter-Instrumenten daher getrennt von herkömmlichem OP-Besteck vorgenommen.
Die Hersteller von OP-Robotern liefern zusammen mit den Systemen Empfehlungen, wie diese aufbereitet werden sollen. Diese Empfehlungen sind das Ergebnis eines gemeinsamen Lernprozesses von Firma und Klinik, sagt Knobloch: „Die Rückmeldung von den Anwendern hat viel dazu beigetragen, die Reinigungs- und Aufbereitungsempfehlungen zu optimieren. Die Hersteller lassen das Feedback aus der Praxis in ihre Empfehlungen einfließen, verfeinern diese und geben sie wieder an die Kliniker weiter, die daraufhin wiederum Verbesserungen vorschlagen – ein Kreislauf, der im Laufe der vergangenen Jahre zu einer ausgereiften Aufbereitungs-Dokumentation geführt hat.“
Wegen ihrer komplexen Bauweise ist die Aufbereitung der Roboter-Werkzeuge deutlich zeitaufwändiger als bei konventionellem OP-Besteck. „Dieser Aufwand lohnt sich aber, da erfahrene Roboter-Operateure ein besseres Patienten-Outcome haben.
Die kleineren Einschnitte führen beispielsweise zu weniger Blutungen und Wundinfektionen, zudem können Patienten schneller wieder mobilisiert werden, weil die Bauchmuskulatur intakt bleibt.“
Der Experte zieht daher ein positives Fazit: „Die Operationstechnik und die Aufbereitung sind zwar teurer und aufwändiger, aber die Vorteile an anderer Stelle wiegen das ganz klar auf.“
Profil:
Prof. Dr. Johannes Karl-Mark Knobloch ist Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie und Leiter des Arbeitsbereichs Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf der Entstehung mikrobieller Biofilme, beispielsweise auf Implantaten. Er ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) sowie der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH).
07.01.2020