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News • Studie zu Kontaktzeiten in der Versorgung
Hausarztbesuche in Deutschland: kurz, aber häufig
Der Austausch zwischen Ärzten und Patienten ist ein Schlüsselfaktor für gute Versorgung, insbesondere im hausärztlichen Sektor.
Wie viel Zeit für die ärztliche Untersuchung und Beratung, die sogenannte Kontaktzeit, allerdings angemessen ist, darüber besteht weder in der gesundheitspolitischen noch in der wissenschaftlichen Diskussion Einigkeit. Eine aktuelle Studie des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim, unterstützt durch die Strube Stiftung, zeigt, dass sich die hausärztliche Versorgung und die Vergütung für hausärztliche Leistungen zwischen europäischen Ländern stark unterscheiden. In den Daten fällt Deutschland im Vergleich dadurch auf, dass Patientinnen und Patienten nur wenig Zeit beim Arztbesuch verbringen, aber viele Termine wahrnehmen.
„Für die gesundheitspolitische Diskussion über die Weiterentwicklung der ambulanten Versorgung muss geklärt werden, ob diese Form der Leistungserbringung gesellschaftlich gewünscht und wirtschaftlich nachhaltig ist“, so Prof. Dr. Simon Reif, Leiter der Forschungsgruppe 'Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik' am ZEW und Ko-Autor der Studie.
Um die Gesundheitsversorgung evidenzbasiert weiterentwickeln zu können, ist hier eine bessere Datenerhebung und die Durchführung von Studien, die kausale Rückschlüsse ermöglichen, unerlässlich
Jan Köhler,
Die ZEW-Wissenschaftler haben neben einer systematischen Analyse der bestehenden Literatur deskriptive Daten aus verschiedenen europäischen Ländern verglichen und qualitative Interviews mit Ärzten geführt. Ein Faktor, der deutlich mit der durchschnittlichen Kontaktzeit zusammenhängt, ist die Art, wie ärztliche Leistungen vergütet werden. Länder, in denen jede Leistung einzeln abgerechnet wird, haben im Schnitt die längsten Kontaktzeiten, Länder mit leistungsunabhängiger Vergütung die kürzesten Kontakte.
Sabrina Schubert, Wissenschaftlerin in der ZEW-Forschungsgruppe und Ko-Autorin der Studie, erklärt: „Es fällt außerdem auf, dass es einen fast linearen Zusammenhang zwischen durchschnittlicher Kontaktzeit und Kontakthäufigkeit gibt. Die Art, wie das Vergütungssystem gestaltet ist, kann also ein Hebel sein, um die gewünschte Leistungserbringung zu erreichen.“
Aktuell ist die Studienlage zur optimalen hausärztlichen Versorgung sehr uneinheitlich. Während über verschiedene Studien hinweg gezeigt wurde, dass erfahrenere Ärzte weniger Zeit für ihre Sprechstunden benötigen oder Patienten mit höherem sozioökonomischem Status längere Behandlungsgespräche haben, ist der Zusammenhang zwischen Kontaktzeit und Behandlungsqualität strittig. „Die unklare Studienlage liegt insbesondere an den fehlenden Daten, um solche Zusammenhänge empirisch quantifizieren zu können“, erläutert Ko-Autor Jan Köhler, ebenfalls Wissenschaftler in der ZEW-Forschungsgruppe. „Um die Gesundheitsversorgung evidenzbasiert weiterentwickeln zu können, ist hier eine bessere Datenerhebung und die Durchführung von Studien, die kausale Rückschlüsse ermöglichen, unerlässlich.“
Quelle: Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung
21.10.2023