„Gutes Entertainment kann Leben retten“

Die TV-Formate rund um die Belegschaft einer Klinik haben eine lange Tradition und sie erzielen hohe Einschaltquoten.

Photo: „Gutes Entertainment kann Leben retten“

Die deutsche Klinik-Serie „In aller Freundschaft“ lockt beispielsweise jede Woche sechs Millionen Zuschauer vor den Bildschirm.

Die Faszination, die von diesem Genre ausgeht, hat viele Gründe. In der Podiumsdiskussion „Dr. House und Dr. Heilmann – Wie vermitteln Fernsehserien Medizin“, die anlässlich des 131. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie am im Frühjahr in Berlin stattfand, waren sich die anwesenden Mediziner und der Schauspieler Thomas Rühmann einig: Man würde sich als auch als Patient in eine der Kliniken begeben, die in Fernsehserien wie „Dr. House“ oder „In aller Freundschaft“ abgebildet werden. So wurde ihre enorme Qualität gelobt; die Darstellung der medizinischen Aspekte seien technisch gut gemacht und die Geschichten authentisch. Ein hoher Identifikationsgrad gehe von diesen Serien aus. Dennoch ist es ein Spiel, was auf dem Bildschirm gezeigt wird. „Es ist eine Folie, aber es muss gut aussehen“, erklärte Schauspieler Thomas Rühmann, der seit 16 Jahren den Chefarzt der Chirurgie und stellvertretenden Direktor der Sachsenklinik in „In aller Freundschaft“ spielt.

In der Fiktion sieht die Krankenhauswelt heiler aus, als sie in Wirklichkeit ist. So zeigt „Dr. House“ beispielsweise, wie sich viele Ärzte um einen Patienten über Tage, Wochen, Monate kümmern; die Ärzte gehen zu ihm nach Hause und durchwühlen sogar seinen Kühlschrank. „Das spiegelt etwas wider, was es in der Realität nicht gibt“, erklärte Prof. Dr. med. Thomas Boemers, Leiter der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie, Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße, Kliniken der Stadt Köln GmbH.

Selbst wenn „Realität und Virtualität verschmelzen“, handele es sich bei den Serien um „zugespitzte“ Geschichten. Das Team der Dienstleistungsfirma „The Dox“, die sich auf die medizinische und naturwissenschaftliche Beratung von TV-Formaten und Filmen spezialisiert hat, wählt die Themen aus. Medizinische Publikationen helfen bei der Ideenfindung, und für ein gutes Drehbuch spüren die Autoren Trends in der Medizin auf. Auch erhalten sie Leserbriefe, in denen Krankheitsbilder beschrieben sind, und die neueste diagnostische Methode fließt in die Story ein.

„In jeder Episode gibt es etwas, was wahr ist. Spannend und unterhaltsam für den Studenten-Unterricht ist es herauszukriegen, was Fakt oder Fiktion ist“, erklärte Prof. Dr. Jürgen R. Schäfer. Der Internist, Kardiologe, Endokrinologe und Intensivmediziner am Marburger Universitätsklinikum ist Direktor des Zentrums für unerkannte Krankheiten und leitet das Seminar „Dr. House revisited – oder: Hätten wir den Patienten in Marburg auch geheilt?“ Seit sechs Jahren begeistert er einen harten Kern an engagierten Studenten für seltene Krankheiten. Für die Diagnose der schwer erkennbaren Kobaltvergiftung konnte er sich an eine seiner Unterrichtsfolgen von „Dr. House“ erinnern (Staffel 7, Episode 11), wo eine defekte Metall-Hüftkopfprothese bei der fiktiven Patientin eine Vielzahl von Beschwerden, von Herzrasen bis zu unklarem Fieber, verursachte. Nur wenige Monate, nachdem er diese Folge im Unterricht besprochen hatte, wurde ihm ein ganz ähnlicher Fall zugewiesen. Bis dahin hatte noch niemand an einen Defekt der Hüftprothese gedacht. „Gutes Entertainment kann wirklich Leben retten“, so Schäfer. „Allerdings hätten wir den Patienten auch ohne „Dr. House“ gerettet, – nur in Kenntnis dieser schrägen Dr. House Folge ging es eben tatsächlich einfacher.“ Die medizinischen, wenn auch fiktiven und oftmals stark überzeichneten Geschichten hätten durchaus Lehrcharakter, wie zahlreiche ehemalige Dr. House Seminaristen dem „deutschen Dr. House“ immer wieder bestätigen. Darauf zielt auch das englische TV-Format „Junior Docs – Your life in their hands“, das authentische Krankheitsgeschichten vermittelt.

Ultraschall des Kopfes schützt vor Fehldiagnose
Durch eine Ultraschalluntersuchung des Gehirns können Diagnostiker die Schüttellähmung Morbus Parkinson, an der in Deutschland etwa 130 000 Menschen leiden, heute frühzeitig diagnostizieren.

Eine Studie zeigt nun, dass sich der Hirnultraschall überdies zur Diagnose von ähnlichen Erkrankungen, den „atypischen Parkinson-Syndromen“, eignet. Diese gehen ebenfalls mit Symptomen wie Muskelstarre, Händezittern und verlangsamten Bewegungen einher. Wie Experten der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin in einer Online-Vorabpublikation des Fachmagazins „European Journal of Neurology“ berichten, liefert der Ultraschall ebenso zuverlässige Ergebnisse wie die aufwändigere Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und kommt ohne Strahlenbelastung aus.

„Nicht jeder Patient, der Parkinson-typische Symptome zeigt, leidet tatsächlich unter dem klassischen Morbus Parkinson“, erklärt DEGUM-Experte Professor Dr. med. Matthias Reinhard von der Neurologischen Universitätsklinik Freiburg. Auch andere Erkrankungen, wie etwa eine „Multisystematrophie“ oder die „Progressive supranukleäre Blickparese“ können dazu führen, dass Patienten sich bewegen, als wären sie an der klassischen Schüttellähmung erkrankt. Experten gehen davon aus, dass etwa 20 Prozent der Patienten mit Parkinson-Krankheitszeichen an solchen „atypischen Parkinson-Syndromen“ leiden. „Bei diesen Patienten wird oft zunächst von einem Morbus Parkinson ausgegangen“, sagt Reinhard. „Um sie richtig zu behandeln und ihre Prognose einschätzen zu können, ist es wichtig, dass wir mit- hilfe von bildgebenden Verfahren die Diagnose frühzeitig korrekt stellen“, so der Experte.

In einer Studie mit zunächst 36 Patienten haben Ärzte am Universitätsklinikum Freiburg nun untersucht, inwieweit sich mithilfe des Hirnultraschalls klassischer Parkinson von den atypischen Formen unterscheiden lässt. Alle Patienten wurden auch einer Untersuchung mittels Positronen-Emissions-Tomographie (PET) unterzogen. Dabei stellten die Forscher fest, dass der Hirnultraschall – auch transkranielle Sonographie genannt – sich mit der PET messen kann: So konnten beide Untersuchungen der Mehrzahl der Patienten zur richtigen Diagnose verhelfen. „Um die Ergebnisse zu überprüfen, sind Studien mit größeren Patientenkollektiven erforderlich“, betont Reinhard. Für den Einsatz des Hirnultraschalls spreche aber schon jetzt, dass die Patienten keiner Strahlenbelastung ausgesetzt werden und die Untersuchung jederzeit wiederholt werden kann. Zudem verursache der Ultraschall nur geringe Kosten.

Um festzustellen, ob ein Patient unter Parkinson leidet, richten Ärzte ihre Ultraschallsonden von der Schläfe aus auf die „Substantia nigra“, die schwarze Substanz. Die Schaltzentrale in der Tiefe des Mittelhirns verdankt ihre dunkle Färbung – und somit ihren Namen – einem hohen Eisengehalt. Wenn die Substantia nigra im Verlauf der Parkinson-Erkrankung allmählich zugrunde geht, nimmt der Eisengehalt noch zu. „Im Ultraschall ist dies durch ein besonders starkes Echo, einen hellen Schatten auf dem Bildschirm, erkennbar“, erläutert Reinhard (siehe Abbildung). Um die Parkinson-verwandten Krankheiten zu diagnostizieren, nahmen die Freiburger Ärzte zudem auch den „Nucleus lentiformis“, eine weitere Schaltzentrale im Mittelhirn, und den „dritten Ventrikel“, einen mit Hirnwasser gefüllten Hohlraum im Gehirn, ins Visier. Diese Areale können bei den atypischen Parkinson-Syndromen verändert sein.

Allerdings erfordert eine aussagekräftige Hirnsonographie nicht nur das geeignete Ultraschallgerät, sondern auch viel ärztliche Erfahrung. Deshalb führen Neurologen die Untersuchung derzeit vorwiegend in spezialisierten Einrichtungen durch. „Wir bemühen uns aber, die Kenntnisse zu verbreiten und hoffen, dass der Hirnultraschall in absehbarer Zeit zur Basisdiagnostik bei Morbus Parkinson gehören wird“, sagt DEGUM-Kursleiter Reinhard.

24.10.2014

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