Gemeinsame Qualitätsoffensive beim Schlaganfall
Zertifizierungsprogramm stellt Behandlungsstandards und Patientensicherheit in einer schnell wachsenden medizinischen Disziplin sicher
Behandlungsmethoden der minimal-invasiven, interventionellen Radiologie und Neuroradiologie haben in den vergangenen Jahren einen enormen Aufschwung erfahren. Unter Bildkontrolle können „Interventionalisten“ verschlossene Gefäße wiedereröffnen und damit erfolgreich Schlaganfallpatienten oder Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) behandeln oder – ebenfalls unter Einsatz bildgebender Verfahren – präzise lokalisierte Tumoren zerstören und Gefäßfehlbildungen verschließen. Um die Qualität dieser komplexen Eingriffe zu fördern sowie die Ausbildung kontinuierlich zu verbessern, hat die Deutsche Gesellschaft für Interventionelle Radiologie und minimal-invasive Therapie (DeGIR) bereits vor zwei Jahren ein Qualifizierungs- und Zertifizierungsprogramm aufgelegt. Ab Oktober 2012 wird das Programm um den neuroradiologischen Interventionsbereich erweitert. Damit sind sämtliche Interventionsbereiche und alle gängigen Techniken durch das Zertifizierungsprogramm der beiden Fachgesellschaften –DeGIR und Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR) – abgedeckt.
„Die interventionelle Radiologie markiert einen Megatrend in der Medizin: In zahlreichen Anwendungsgebieten sind die Erfolgsraten minimal-invasiver Verfahren denen offen-chirurgischer Verfahren ebenbürtig oder überlegen, während die Komplikationsraten zum Teil deutlich niedriger sind. Auch aufgrund der demografischen Entwicklung, die eine Zunahme von Krebserkrankungen und von Erkrankungen des Gefäßsystems mit sich bringt, wird der Bedarf an gut ausgebildeten interventionellen Radiologen zunehmen. Das gemeinsame Zertifizierungssystem trägt diesen enormen Anforderungen durch ein strukturiertes Ausbildungsprogramm und die Festlegung von Standards Rechnung“, sagt Prof. Dr. Dierk Vorwerk, Präsident der DeGIR.
„Die interventionelle Neuroradiologie hat die Schlaganfallbehandlung in den vergangenen zehn Jahren revolutioniert. Die lokale Gefäßeröffnung beim ischämischen Schlaganfall ist eine äußerst wirksame Behandlung. Umso wichtiger ist es, dass sie von Spezialisten vorgenommen wird, die über einen hohen Ausbildungsstandard verfügen. Ich freue mich daher, dass die neuroradiologischen Interventionen Bestandteil der Zertifizierung werden“, betont Prof. Dr. Olav Jansen, Präsident der DGNR.
Prof. Dr. Michael Forsting, Präsident der Deutschen Röntgengesellschaft, ergänzt: „Die interventionellen Behandlungsmethoden sind ganz wesentlich in unserem Fach entwickelt worden. Es ist daher auch genuine Aufgabe unserer Fachgesellschaften, die Standards der Methoden zu setzen und für eine fundierte Ausbildung zu sorgen. Das Zertifizierungsprogramm von DGNR und DeGIR sorgt für mehr Qualität und damit für mehr Patientensicherheit.“
Das Programm von DeGIR und DGNR umfasst drei Stufen: Für das Basiszertifikat in Stufe 1 werden grundlegende Fähigkeiten in interventionellen Techniken vorausgesetzt. Das Spezialisierungszertifikat in Stufe 2 kann in sechs Modulen erworben werden, die die unterschiedlichen Bereiche abbilden – vor allem gefäßeröffnende und -verschließende Verfahren, bildgestützte Gewebeprobenentnahmen, minimal-invasive Tumortherapien sowie Eingriffe in den Kopfgefäßen bei der Behandlung von Aneurysmen oder Schlaganfällen. Stufe 3 ist das Ausbilderzertifikat. Das wird an Ausbildungsstätten und deren Ausbilder mit Stufe-2-zertifizierten Ausbildern vergeben, die die Erfahrungen an andere Radiologen und Neuroradiologen weitergeben. Weitere Bestandteile des Programms sind Basis- und Spezialisierungskurse, die der theoretischen und praktischen Vermittlung der Interventionstechniken dienen. Alle Zertifikate sind an den Facharzt für Radiologie beziehungsweise an die Schwerpunktbezeichnung Neuroradiologie gebunden.
In den vergangenen zwei Jahren hat die DeGIR rund 800 Radiologen und radiologische Zentren zertifiziert.
Weitere Informationen zum Zertifizierungsprogramm finden Sie auf den Internetseiten der Fachgesellschaften: www.degir.de, www.dgnr.org und www.drg.de.
Informationen zu den Methoden und Einsatzgebieten der interventionellen Radiologie finden Sie unter: www.medizin-mit-durchblick.de
29.10.2012