Artikel • Mammadiagnostik

FAPI-PET/MRT: Neue molekulare Bildgebung hilft bei Brustkrebs

Eine neuartige nuklearmedizinische Bildgebung könnte die Brustkrebs-Diagnostik entscheidend voranbringen. Mithilfe der FAPI-PET/MRT können wahrscheinlich mehr und vor allem kleinere Läsionen entdeckt werden als bei bisherigen PET-Verfahren. Auf dem Radiologiekongress Ruhr (RKR) spricht Dr. Philipp Backhaus über die Stärken der FAPI-PET/MRT und wie die Methode künftig das Therapiemanagement verbessern könnte.

Artikel: Wolfgang Behrends

portrait of Philipp Backhaus
Dr. Philipp Backhaus

Foto: zvg

In der Onkologie kommt die PET/MRT schon seit einiger Zeit zum Einsatz, neu ist jedoch die Anwendung bei Mammakarzinomen, erklärt der Experte für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Münster, der federführend an einer der ersten Studien hierzu mitwirkte1: „Die PET/MRT bietet sich gerade bei der Brust an, denn hier handelt es sich um ein sehr plastisches Organ. Je nachdem, wie eine Patientin steht oder liegt, ändert sich die Geometrie der Brust. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, gleichzeitig die nuklearmedizinischen und radiologischen Informationen aufzunehmen. So lassen sich beide Signale einander besser zuordnen, als es etwa in separaten Durchgängen per PET/CT und MRT der Fall wäre.“ 

Als neue Komponente kommt nun der Tracer 68Ga-FAPI-46 ins Spiel; das mit dem Isotop Gallium-68 markierte Molekül lagert sich am Fibroblasten-Aktivierungsprotein (FAP) an, das als Marker für invasiven Brustkrebs dient. „Das ist ein großer Vorteil gegenüber der klassischen FDG-PET/MRT mit Fluordesoxyglucose, denn die ist speziell bei Brustkrebs nicht so zuverlässig wie bei anderen Tumoren.“ 

Ziel ist nicht der Tumor selbst, sondern seine Umgebung

Der Grund dafür liegt laut Backhaus in der Wirkweise der Marker: „Während sich FDG und die meisten anderen etablierten Tracer in den Krebszellen anreichern, zielt FAPI-PET auf das sogenannte Tumor Microenvironment ab.“ Damit sind die körpereigenen Zellen gemeint, die den Tumor umgeben. Im Fokus stehen dabei die Fibroblasten – Bindegewebszellen, die sich der Tumor zunutze macht. „Tatsächlich ist der Tumor sogar auf diese Zellen angewiesen, um bestimmte Prozesse wie Gefäßneubildung oder die Ausbreitung durch das umgebende Gewebe auszuführen.“ 

Der neue Tracer bindet sich an das FAP, das von den krebsassoziierten Fibroblasten an der Oberfläche erzeugt wird. „Zuvor hatten immunhistochemische Arbeiten gezeigt, dass diese Fibroblasten – und mit ihnen auch das Oberflächen-Protein – bei invasivem Brustkrebs sehr zuverlässig vorkommen.2 Das ließ uns auf eine hohe Sensitivität des Verfahrens schließen. Die Verlässlichkeit der Anreicherung hat sich in den bisherigen Ergebnissen zur FAPI-PET sehr gut bestätigt.“ 3,4

Patientin mit Brustkrebs. Ein FAPI-PET/CT (links) und anschließendes FAPI...
Patientin mit Brustkrebs. Ein FAPI-PET/CT (links) und anschließendes FAPI Brust-PET/MRT (rechts) zum initialen Staging zeigen sowohl die ausgedehnten Lymphknotenmetastasen, sowie Knochen-, Leber- und Lungenmetastasen. In der Brust-PET/MRT ist deutlich zu erkennen, wie auch kleine Tumorsatelliten in der Brust intensiv den Tracer anreichern.

Bildquelle: Dr. Backhaus

Vorteil bei der Lokalisation von Metastasen

Die Vorteile gegenüber der FDG-PET erklären sich daraus, dass manche Brustkrebsarten den Zucker nur gering verstoffwechseln und daher in der Bildgebung nicht auffallen. „Beispielsweise ist bekannt, dass sich FDG bei lobulären Karzinomen oder gut differenzierten Karzinomen typischerweise nur gering anreichert.“ Auf der anderen Seite funktioniert der Marker zuverlässig bei hochgradig aggressiven Tumoren, so dass ein komplementärer Einsatz möglich wird. „Über die FDG-PET erhalten wir etwa nützliche Informationen über die Aggressivität des Tumors, die die FAPI-PET wahrscheinlich nicht liefert.“ 

Gute Resultate liefert das neue Verfahren dagegen bei der Lokalisation weiterer Tumorherde: „Bei den bisher untersuchten Patienten konnten wir damit zuverlässig die Ausbreitung in der Brust, in den Lymphknoten und über Fernmetastasen bestimmen.“ 

„Aktuell planen wir prospektive Studien für den Einsatz bei ganz spezifischen Fragestellungen, bei denen wir uns erhoffen, durch die Bildgebung einen Unterschied für das therapeutische Prozedere abzuleiten.“ Ein Beispiel ist die Differenzierung zwischen invasiven Karzinomen und nicht-invasiven Vorstufen, die mit bisherigen bildgebenden Verfahren wie MRT, Mammographie oder FDG-PET nur sehr schwer möglich ist. Da beide Formen jedoch unterschiedlich behandelt werden, ist eine zuverlässige Unterscheidung essenziell.

Potenzial bei Deeskalation und nichtinvasivem Monitoring

Bis die FAPI-PET/MRT den Sprung von der Forschung in die klinische Anwendung schafft, ist es jedoch noch ein weiter Weg, betont Backhaus: „Wir stehen noch relativ weit am Anfang. Bis das Verfahren möglicherweise irgendwann in einer Leitlinie steht und bei bestimmten Patientengruppen empfohlen werden könnte, werden sicher noch viele Jahre vergehen.“ Zuvor müssen noch prospektive, möglichst multizentrische Studien die diagnostische Performance der FAPI-PET/MRT bei einer größeren Patientengruppe belegen und klären, ob die Bildgebung wirklich einen positiven Einfluss auf das Management der Patienten hat. Im besten Falle, so der Experte, trägt das Verfahren zur Deeskalation von Therapien bei, so dass in bestimmten Fällen eine Bestrahlungs- oder Chemotherapie zielgerichteter eingesetzt werden kann. 

Auch im Bereich des Therapiemonitoring sieht er großes Potenzial für den neuen Tracer: „Einige Patienten sprechen exzellent auf eine neoadjuvante Chemotherapie an. Bisher lässt sich das jedoch nur mit pathologischen Verfahren feststellen, also erst nach der Resektion des Tumors.“ Mithilfe der FAPI-PET/MRT könnten zukünftig auch nichtinvasiv Vorhersagen anhand der Bildgebung möglich werden. „Auf diesem Weg könnte man möglicherweise Frauen Operation und Biopsien ersparen, das ist also eines der ganz wichtigen Ziele, die wir in den geplanten weiteren Studien berücksichtigen.“ 

Ob sich diese Hoffnungen bewahrheiten, steht natürlich in den Sternen, so Backhaus abschließend. Dennoch zeigt er sich überzeugt, dass der FAPI-PET/MRT eine große Zukunft in der Brustkrebs-Diagnostik bevorsteht. 


Quellen: 

  1. Backhaus et al.; Simultaneous FAPI PET/MRI Targeting the Fibroblast-Activation Protein for Breast Cancer; Radiology 2021
  2. Tchou et al.: Fibroblast activation protein expression by stromal cells and tumor-associated macrophages in human breast cancer; Human Pathology 2013 
  3. Kömek et al.; 68Ga-FAPI-04 PET/CT, a new step in breast cancer imaging: a comparative pilot study with the 18F-FDG PET/CT; Annals of Nuclear Medicine 2021
  4. Elboga et al.; Superiority of 68Ga-FAPI PET/CT scan in detecting additional lesions compared to 18FDG PET/CT scan in breast cancer; Annals of nuclear medicine 2021  

03.11.2022

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