Die Radiologie hat das Gesundheitswesen revolutioniert!
"The Summit of Science" hat sich der diesjährige Kongress-Präsident des ECR, Prof. Borut Marincek, als Motto für die Veranstaltung ausgesucht, die vom 6. bis zum 10. März in Wien statt findet. "Die bildgebenden Verfahren, insbesondere die Radiologie, haben in den letzten 20 Jahren das Gesundheitswesen revolutioniert. Gleichzeitig ist die Radiologie als Hightech-Disziplin auf ein vertieftes naturwissenschaftliches und technologisches Wissen angewiesen.
Ziel sei es daher, alle diejenigen zusammenzubringen, die an den neuesten wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen in der Radiologie interessiert sind“, erläutert Prof. Marincek seine Intention. Im Gespräch mit EH gibt der Radiologe einen Ausblick auf die Highlights des ECR 2009.
EH: Zurzeit sind die Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise das bestimmende Thema. Frost & Sullivan hat kürzlich eine Meldung veröffentlicht, dass die Wirtschaftskrise auch die Nachfrage nach bildgebenden Systemen nach unten ziehen wird, was sich wiederum negativ auf die Forschung und Weiterentwicklung auswirken könnte. Wie schätzen Sie persönlich die derzeitige Situation ein?
Prof. Marincek: Bei großen medizinischen Kongressen ist die Größe und Qualität der Industrieausstellung immer ein guter Indikator für die wirtschaftliche Lage des Fachs. Im Hinblick auf den ECR 2009 haben wir absolut keine Rückgänge zu verzeichnen. Im Gegenteil: Die Fläche ist bis auf den letzten Quadratmeter ausverkauft.
EH: Was werden denn in diesem Jahr thematisch die Highlights sein?
Prof. Marincek: Ein wissenschaftliches Highlight, das in den New Horizont-Sessions vertreten sein wird, lautet: „Cell Imaging - Can the radiology see the cell?“. Wir wollen darüber diskutieren, ob die Bildgebung für die Evolution von Cell-Activitys genutzt werden kann. Und dann gibt es eine zweite New Horizont-Session zum Thema „Black Imaging“, die sich der Darstellung von atherosklerotischen Plaques im Rahmen der Herz-Kreislauf-Erkrankungen widmet.
EH: Beide Themen betonen die Interdisziplinarität der Radiologie. In diesem Fall gibt es Schnittpunkte mit der Kardiologie und dem Labor.
Prof. Marincek: Ja richtig, die Radiologie ist typischerweise ein interdisziplinäres Fach. Wir haben natürlich sehr viele Anknüpfungspunkte mit unseren klinischen Kollegen aus anderen Disziplinen. Das sieht man auch zum Beispiel bei den State of the Art-Symposien, die Themen aus den Neuro-Wissenschaften, der Neuro-Radiologie, der Onkologie oder auch der IT behandeln.
EH: Könnten Sie bitte kurz die inhaltlichen Schwerpunkte skizzieren?
Prof. Marincek: Insgesamt haben wir 20 Special Focus-Sessions. Und die zeigen die moderne Bildgebung in ihrer ganzen Breite. In der Onkologie lauten die Stichworte zum Beispiel Tumor-Response und Therapiemonitoring. Es werden neue Möglichkeiten wie PET-CT oder Ultraschall-Elastographie, bildgestaltende perkutane Interventionen oder die Radiofrequenz-Applation besprochen. Auch Stents werden ein Thema sein.
Schließlich wird auch die Koronar-Darstellung einen breiten Raum einnehmen, denn sie ist eines der Themen in der Radiologie, die sich in den letzten Jahren unglaublich entwickelt haben. Und das hat natürlich Konsequenzen für die tägliche Arbeit des Radiologen.
EH: Das wird den Kardiologen gar nicht recht sein, wenn Sie das auch noch machen, oder?
Prof. Marincek: Letztendlich wird die Qualität entscheiden. Ich bin dafür verantwortlich, dass wir eine qualitativ hochwertige Weiterbildung liefern – unabhängig von den Fachdisziplinen. Wie bereits erwähnt, ist die Radiologie ein interdisziplinäres Fach. Wir können uns die Patienten ja nicht selbst zuweisen, sind also abhängig von den zuweisenden Kollegen. Nicht nur aus diesem Grund legen wir großen Wert auf eine gute Zusammenarbeit nicht nur mit den Kardiologen, sondern auch mit den Kardio-Chirurgen.
EH: Damit sind wir wieder bei den berufspolitischen Themen angelangt. Was ist Ihnen hier wichtig?
Prof. Marincek: Wie schon im vergangenen Jahr steht unter anderem das Thema „Frauen in der Radiologie“ im Mittelpunkt. Und das ist ein durchaus wichtiges Thema, weil heute der Frauenanteil unter Medizinstudenten in vielen Ländern klar über 50 Prozent liegt. Und das sehe ich zum Beispiel auch am Kongress. Schon seit längerer Zeit ist ein Drittel der Teilnehmer der Radiologen weiblich. Viele Frauen haben Familie mit Kindern. Deswegen gibt es auch eine Professional Challenge-Session mit dem Titel „Can you be a good parent and a good academical Radiologist?“.
EH: Ein weiteres berufspolitisches Thema ist die Nachwuchsförderung. Hat die Radiologie ein Nachwuchsproblem?
Prof. Marincek: Der Nachwuchs ist tatsächlich ein Problem. Man kann es allerdings auch von der anderen Seite betrachten und sagen, die Radiologie als Fach hat eben in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Das heißt, heute werden mehr und anspruchsvollere bildgebende Untersuchungen als vor 20 Jahren gemacht. Da die Zahl der Radiologen in Weiterbildung ungefähr konstant ist, haben wir unterm Strich zu wenig Nachwuchs. Das ist für ESR Grund genug, den Nachwuchs mit speziellen Programmen gezielt zu fördern.
EH: Noch ein persönliches Wort zum Abschluss. Was wünschen Sie sich in Ihrer Funktion als Kongresspräsident für den ECR 2009?
Prof. Marincek: Meine Erwartung ist natürlich, dass die wissenschaftliche Neugierde der Teilnehmer befriedigt wird. Gerade in Zeiten der elektronischen Kommunikation halte ich aber auch die persönliche Begegnung für besonders wichtig. In diesem Sinne soll der ECR 2009 Anlass und Plattform zugleich sein. Und ich hoffe, man wird nicht nur alte Freunde treffen, sondern auch neue finden. Und dass sich die internationalen Gäste natürlich an der Gastfreundschaft der Stadt Wien erfreuen können.
EH: Vielen Dank, Herr Prof. Marincek.
03.03.2009