Diabetes-Selbstmessung zeigt positive Effekte

Der Vorbericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) über den Nutzen der Blutzuckerselbstmessung bei nicht insulinpflichtigen Diabetikern muss dringend überarbeitet und ergänzt werden. Dies ist die Quintessenz der Stellungnahme, die der Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) dem in Köln ansässigen Institut jetzt übermittelt hat.

VDGH-Geschäftsführer Dr. Martin Walger betonte heute (21.) in Berlin, die Bewertung des IQWiG, das der Blutzuckerselbstmessung keinen Nutzen attestiert, sei nicht nachvollziehbar und erkläre sich allenfalls aus den methodischen Schwächen des Vorberichts. Zum einen habe das Institut die Blutzuckerselbstkontrolle ausdrücklich nicht als integralen Bestandteil eines umfassenden Schulungs- und Behandlungskonzepts beurteilt, obwohl genau dies von international renommierten Instituten, wie z.B. seinem britischen Pendant, dem National Institute of Clinical Excellence (NICE), gefordert wird. Auch nach Auffassung der Hersteller entfalte die Blutzuckerselbstmessung nur dann ihre volle Wirksamkeit, wenn die Patienten intensiv geschult werden und die Methode in ein übergreifendes Therapiekonzept eingebettet ist.

Zum anderen habe das IQWiG ausschließlich so genannte randomisierte kontrollierte Studien zu seiner Nutzenbewertung herangezogen. Dies sei schon deshalb unzureichend, weil Blutzuckertests anders als Medikamente nicht direkt wirken. Die Selbstmessung ermögliche vielmehr dem Patienten, den Therapieerfolg zu kontrollieren und die Behandlung oder seine Lebensgewohnheiten bei verfehltem Erfolg gegebenenfalls anzupassen Dies müsse bei einer Nutzenbewertung berücksichtigt werden, wofür Versorgungsstudien besser geeignet seien.

Der VDGH macht darauf aufmerksam, dass das IQWiG trotz der von ihm gewählten methodischen Beschränkung der Blutzuckerselbstmessung bei nicht insulinpflichtigen Menschen mit Diabetes-Typ-2 einen statistisch signifikanten positiven Effekt attestiert. Weshalb es der konstatierten Senkung des "Blutzucker-Langzeitgedächtnisses" HbA1c dann jedoch keine klinische Bedeutung beimesse, sei für den VDGH nicht nachvollziehbar. Selbst geringe Senkungen des HbA1c-Wertes reduzierten die Gefahr von teuren Folgeerkrankungen deutlich. Gerade die Kosten der Komplikationen seien der größte Kostenblock in der Diabetesversorgung.

Als weiteres Risiko einer Therapie ohne Blutzuckerkontrolle nannte der VDGH Unterzuckerungen, so genannte Hypoglykämien, die nicht nur für die Diabetiker selbst, sondern auch für Dritte zur Gefahr würden, etwa bei einer plötzlichen Unterzuckerung im Straßenverkehr und insbesondere bei Einnahme von bestimmten blutzuckersenkenden Tabletten. Drohende Hypoglykämien seien bei regelmäßiger Selbstkontrolle eher erkennbar. Selbst wenn nur bei einem Bruchteil aller Typ-2-Diabetiker pro Jahr schwere Unterzuckerungen aufträten, seien allein in Deutschland angesichts der Millionen Zuckerkranken hochgerechnet mehrere tausend Patienten pro Jahr betroffen.

Walger appellierte an das IQWiG, sich den fachlich fundierten Argumenten des VDGH nicht zu verschließen. Andernfalls fürchte er, dass in Deutschland die Diabetes-Therapie um Jahre zurück geworfen werde.

Der Verband weist darauf hin, dass der Vorbericht an der bisherigen Rechtslage für die Verordnung und Erstattung von Blutzuckerteststreifen nichts ändert: Ärzte können sie also auch nicht- insulinpflichtigen Diabetikern wie bisher verschreiben. Das IQWiG stellte zudem klar, dass es die Bedeutung der Selbstmessung bei insulinpflichtigen Diabetikern sowohl des Typs I wie II nicht in Zweifel zieht. Sie sei bei Ärzten und Wissenschaftlern seit langem anerkannt.
 

21.07.2009

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