COVID-19-Kriminalität schadet Gesundheitswesen weltweit

BIldquelle: Nemexis

News • Verringerte Kapazitäten

COVID-19-Kriminalität schadet Gesundheitswesen weltweit

COVID-19-bezogene Betrugs- und Korruptionsdelikte reduzierten im April die Kapazitäten des Gesundheitswesens.

Dieses ist eines der Ergebnisse einer globalen Umfrage unter Betrugs-Ermittlern durch Nemexis, eine auf Fraud-Bekämpfung spezialisierte Unternehmensberatung mit Sitz in Berlin. Die Umfrage stellte fest, dass COVID-19-Kriminalität in der Hälfte der untersuchten Staaten zu Streiks von Medizinern geführt hat und in jedem dritten untersuchten Land zu vermeidbaren Todesfällen. Während das Gesundheitswesen mit den Anforderungen der Pandemie beansprucht war, reduzierte kriminelles Handeln offenbar seine Kapazitäten.

Eine Zusammenfassung der Umfrage stellt das Unternehmen als PDF zum Download bereit.

“Dieses ist die erste Studie, die sich auf Informationen von Spezialisten im Bereich der Kriminalitäts-Ermittlung stützt, eine der wenigen Berufsgruppen, die derzeit über relevante Informationen zum Thema verfügt", sagte Dr. Paul Milata, Managing Partner von Nemexis und einer der Autoren der Umfrage. “Die Umfrage bezieht sich auf einen frühen Zeitpunkt der COVID-19-Kriminalitätswelle und verdeutlicht Bereiche von gemeinsamem Interesse, in denen weitere Untersuchungen erforderlich sind.“

Die Bekämpfung von COVID-19 erfordert mehr als nur medizinisches Know-how: Es erfordert ein robustes und umfassendes Betrugsbekämpfungsprogramm für das öffentliche Gesundheitswesen

Pamela Davis

Die Umfrage befasste sich mit sieben Deliktfeldern: Betrug im Zusammenhang mit persönlicher Schutzausrüstung (“personal protective equipment”, PPE) und Beatmungsgeräten; die Existenz relevanter Schwarzmärkte und fehlerhafter medizinischer Ausstattung; Cyber-Angriffe auf das Gesundheitswesen, Unterschlagung von COVID-19-Finanzmitteln für das Gesundheitswesen und die Forderung von Bestechungsgeldern durch das medizinische Personal. Die Studie untersuchte drei mögliche Folgen dieser Probleme: Streiks medizinischen Personals, vermutete Todesfälle sowie das Aufkommen von Whistleblowern.

  • Das weltweit häufigste Problem war Betrug im Zusammenhang mit PPE. Dieser ist in 81% der untersuchten Länder aufgetreten. Ein Schwarzmarkt für COVID-19 relevante Güter erscheint in 62% der Länder. Ferner wurden zahlreiche Fälle von Unterschlagung erwähnt, fehlerhafte medizinische Ausstattung und Cyber-Angriffe auf das Gesundheitswesen.
  • Die 58 untersuchten Länder repräsentieren 76% der Weltbevölkerung. 92% der 512 Befragten sind Anti-Fraud-Spezialisten, die für Unternehmen oder staatliche Organisationen arbeiten.
  • 80% der Respondenten erklärten, dass die Auswirkungen von Betrug und Korruption auf das Gesundheitssystem ihres Landes "sehr wichtig" (59%) oder "wichtig" (21%) waren.

Pamela Davis, VP Legal bei Veriten Legal und ehemalige US-Bundesanwältin mit umfassender Erfahrung in der erfolgreichen Verfolgung von Straftaten im Gesundheitswesen, erklärte: „Die Bekämpfung von COVID-19 erfordert mehr als nur medizinisches Know-how: Es erfordert ein robustes und umfassendes Betrugsbekämpfungsprogramm für das öffentliche Gesundheitswesen. Wir müssen unverzüglich klare Methoden für die Überwachung und Prüfung der ausgezahlten Mittel und medizinischen Geräte im Zusammenhang mit globalen Eindämmungsbemühungen anwenden. Und wenn es Anzeichen für Fehlverhalten gibt, müssen die Gegenmaßnahmen schnell und angemessen sein. Sollten wir daran scheitern, werden wir unser erklärtes Ziel, die Pandemie einzudämmen, nicht erreichen.“

In der Hälfte der Länder wurde das Aufkommen von Whistleblowern belegt, in fast einem Viertel gar die Unterdrückung von Whistleblowern, die frühzeitig vor dem Virus gewarnt hatten. Dem Bericht zufolge ist die Unterdrückung von Frühwarn-Whistleblowern der wichtigste Betrugs-bezogene Faktor in der Verbreitung von COVID-19.

John Kostyack, Geschäftsführer des National Whistleblower Center in Washington, DC, sagte: „Angesichts der Vergeltungsmaßnahmen gegen COVID-19-Whistleblower im Gesundheitswesen, die in fast der Hälfte der Länder in dieser Umfrage auftauchen, ist es jetzt an der Zeit, dass die nationalen Regierungen neue Whistleblower-Schutzmaßnahmen ergreifen. Die Unterdrückung von Whistleblowern bedeutet, dass Probleme bei der Bereitstellung von COVID-19-Gesundheitsdiensten nicht erkannt und gelöst werden. Wir können nicht zulassen, dass eine einzige Person an COVID-19 stirbt, weil Whistleblower im Gesundheitswesen unterdrückt werden.”

Die Feldstudie fand vom 4. bis zum 22. April 2020 statt. Die Auswertung kam zu dem Schluss, dass die Häufigkeit von COVID-19-Kriminalität hoch war und ihr negativer Einfluss auf Gesundheitskapazitäten signifikant. Die Auswirkungen der COVID-19-spezifischen Kriminalität mit Zielrichtung Gesundheitswesen reichen weit über die Gesundheitsbranche und die von ihren Leistungen abhängigen Patienten und Mitarbeiter hinaus. Weltweit wurden Anfang 2020 Lockdown-Maßnahmen eingeführt. Diese bezweckten die Vermeidung einer Überforderung existierender Kapazitäten im Gesundheitswesen. Die Maßnahmen kamen mit hohen wirtschaftliche und gesellschaftliche Kosten, die durch eine Kapazitätsreduzierung erhöht wurden.

Der Bericht empfiehlt, eine robuste Kriminalitätsermittlung als wesentlichen Bestandteil der Pandemie-Bekämpfung zu verstehen. Nationale Gesundheitssysteme sollten Zugriff haben auf multidisziplinäre Ermittlungs-Kapazitäten. Ferner sollten internationale, medizinische und anonyme Zwei-Wege-Whistleblower-Kanäle eingeführt werden.


Quelle: Nemexis

25.05.2020

Verwandte Artikel

Photo

News • Forschung & Ethik

Gesetzliche Regelungen für Zusatzfunde gefordert

Sollen Biomaterialspenderinnen beispielsweise über eine potentiell Brustkrebs auslösende BRCA-Mutation informiert werden, wenn diese als Zusatzfund in einer Studie festgestellt wird? Und wenn ja,…

Photo

News • Psychische Belastungen durch COVID-19

Psychische Belastungen von Krebskranken durch COVID-19

Die Corona-Pandemie hat die medizinischen Versorgungssysteme für Krebskranke vor große Herausforderungen gestellt: Behandlungsstrategien mussten geändert werden.

Photo

News • Risikogene identifiziert

Gen-Studie liefert Erklärungen für schwere Covid-Verläufe

Die Zahl schwerer Covid-19-Verläufe geht zwar zurück, doch Forscher wollen nach wie vor verstehen, warum Infektionen bei manchen Patienten so schwerwiegend verlaufen, bei anderen aber nicht.

Verwandte Produkte

Newsletter abonnieren