Chef sein, aber mit Durchblick!

Wer eine Position als Chefarzt anstrebt, der hat oft nur vage Vorstellungen von der neuen Tätigkeit. Für mehr Durchblick soll das Oberarzt-Seminar „Chefarzt in der Radiologie“ sorgen, das in diesem Jahr wieder vom Chefarztforum Radiologie der Deutschen Röntgengesellschaft, kurz CAFRAD, angeboten wird.

PD Dr. Peter Landwehr
PD Dr. Peter Landwehr

Hier plaudern „alte Hasen“ aus dem Nähkästchen und coachen den Nachwuchs für die spätere Leitungsfunktion. PD Dr. Peter Landwehr ist seit elf Jahren Chefarzt der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Diakoniekrankenhaus Henriettenstiftung in Hannover und hat den Management-Workshop mit auf die Beine gestellt.

Im Gespräch mit RöKo Heute berichtet er von seinen eigenen ersten Schritten als Chefarzt und gibt Bewerbern schon mal einige nützliche Tipps. Auf die Frage, warum er selbst Chefarzt geworden ist, erinnert sich Dr. Landwehr: „Ich wollte die Dinge selbst gestalten. Das war zu einem Zeitpunkt, als ich gelernt habe, die größeren Zusammenhänge in einem Krankenhaus im Umfeld der Radiologie zu verstehen. Ich wollte gestalten, Verbesserungen herbeiführen und einer Klinik meinen eigenen Stempel aufdrücken.“

Doch während er sich von medizinisch-fachlicher Seite topfit für die Aufgaben eines Abteilungsleiters gewachsen fühlte, hatte ihn niemand auf die restlichen Anforderungen des neuen Jobs vorbereitet. Kaum waren die ersten Stolpersteine der Bewerbungsphase gemeistert, ging es mit den Irrungen und Wirrungen der Vertragsverhandlungen weiter: „Da sieht man dann zum ersten Mal in seinem Leben einen Chefarztvertrag und sitzt der Geschäftsleitung gegenüber, die das schon viele Male verhandelt hat. Man stößt auf Formulierungen, mit denen man nicht viel anfangen kann, wird nach der Vergütung gefragt usw. Das sind Aspekte, mit denen man sich vorher gar nicht so beschäftigt hat.“

Heute bezeichnet Dr. Landwehr sein Gehalt als sauer verdientes Schmerzensgeld, denn wer glaubt, nach der Oberarzttätigkeit in ruhigerem Fahrwasser schwimmen zu können, der irrt sich gewaltig: „Ich arbeite dreizehn Stunden und mehr am Tag. Hinzu kommen noch mehrere Stunden an den Wochenenden. Die Arbeit macht überwiegend Freude, vor allem wenn man sieht, was ich mit meinem Team in den letzten Jahren bewegt habe. Im Alltag wird aber von mir auch oft eine sehr hohe ‚Schmerzschwelle‘ erwartet, und die Chefarzt-Verantwortung ist nicht eben leicht zu tragen. Deshalb müssen sich die jungen Kollegen fragen: Bin ich bereit, noch mehr zu arbeiten? Trägt mein privates Umfeld diese Belastung? Bin ich bereit, Speerspitze und Prellbock meiner Abteilung zu sein?“

Die Rollen, die der Chefarzt in seinem Berufsalltag übernimmt, sind vielfältig. Sie stellen eine bunte Mischung aus fachlichen Anforderungen, Management und Tätigkeit als Coach dar. Dabei kommt sich Peter Landwehr häufig wie ein Spielertrainer einer Fußballmannschaft vor, denn „die stehen ja auch nicht nur am Rand, sondern müssen kräftig mitkicken, Vorlagen erarbeiten, Angriffe abwehren und auch Tore schießen.“ Je nach Situation ist er aber auch Entscheider, Delegierer, PR-Mann oder Lehrer. Dabei können das eigene Rollenverständnis und die Erwartungen der anderen – ob Personal, Geschäftsführung oder interne und externe Partner – ziemlich weit auseinander liegen.

Eine besondere Herausforderung liegt darin, den Willen des Teams nach Veränderungen zu wecken, weiß der Hannoveraner: „Man will als Chef etwas Neues schaffen, die Abteilung weiterentwickeln und Innovationen vorantreiben. Das Loslassen lieb gewonnener Gewohnheiten in der Abteilung ist jedoch manchmal schwierig herbeizuführen. Hier sollte man gegenüber seinen Mitarbeitern überzeugend, aber ebenso geduldig auftreten.“
Welche Soft Skills sollte man also mitbringen, um als Chefarzt zu bestehen? „Vor allem sollte man authentisch sein“, findet Landwehr. „Denn Mitarbeiter haben sehr feine Antennen, wie der Chef sich verhält und wie er mit ihnen umgeht. Sie können im positiven Sinn sehr kritisch sein, dies gilt es für die Abteilung zu nutzen. Deshalb hilft es, auf Transparenz zu setzen und für einen offenen Informationsfluss in den Prozessen sorgen. Außerdem sollte man Entscheidungsfreude mitbringen. Nur wer die Dinge selbst in die Hand nimmt, kann an der Spitze bestehen.“

 

Veranstaltungshinweis: 

Saal Levy-Dorn
Sa, 19.05., 13:15 - 13:45 Uhr
Endlich Chefarzt in der Radiologie! Und nun? – Ein Erfahrungsbericht
Landwehr P / Hannover
Session: Oberarzt-Seminar: Chefarzt in der Radiologie – Was kommt da eigentlich auf mich zu?

 

####

Im Profil

PD Dr. Peter Landwehr war vierzehn Jahre lang in der Radiologie an den Universitäten Bonn, Würzburg und Köln tätig. Sieben Jahre Oberarzttätigkeit am Institut und der Poliklinik für Radiologische Diagnostik, Universitätskliniken Köln, davon 3 ½ Jahre als leitender Oberarzt, prägten ihn in der Vorbereitung auf eine Leitungsfunktion. Im Januar 2001 trat er dann seine Chefarzttätigkeit an der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Diakoniekrankenhaus Henriettenstiftung, Hannover, an.

Beim diesjährigen Deutschen Röntgenkongress wird ihm anlässlich der Eröffnungsveranstaltung die Albers-Schönberg-Medaille der Deutschen Röntgengesellschaft für besondere Verdienste auf dem Gebiet der Radiologie verliehen.
 

08.05.2012

Mehr zu den Themen:

Verwandte Artikel

Photo

News • Auswahlverfahren für Medizinstudenten

Talent für den Arztberuf? Eignungstest klopft soziale Skills ab

Nicht nur Fachwissen, sondern auch Kommunikation sind für den Arztberuf wichtig. Ein neu entwickelter Test soll helfen, Medizinstudienplätze an Personen zu vergeben, die besonders geeignet sind.

Photo

News • Maßnahmen gegen Übergriffe

Hilfe bei Gewalt gegen medizinisches Personal

Gewalt gegen Ärzte, Rettungs- und Pflegekräfte nimmt zu. Damit Arbeitgeber ihr Personal wirksam vor Übergriffen schützen können, gibt es Strategien zur Prävention, Deeskalation und Nachsorge.

Photo

News • Neuer Beruf auf dem Prüfstand

„Physician Assistant“: Entlastung für Hausärzte?

Hausärzte sind stark ausgelastet – vor allem auf dem Land. Der neue Beruf des „Physician Assistant“ soll Abhilfe schaffen. Ein Team untersucht das Potenzial der nichtärztlichen Unterstützung.

Newsletter abonnieren