© Toowongsa – stock.adobe.com

News • Digitale Infrastruktur

Checkliste für den KI-Einsatz im Krankenhaus

Was kann Künstliche Intelligenz (KI) im Gesundheitswesen wirklich, was muss bei der Implementierung beachtet werden und wie kann der Nutzen einer bestimmten KI bewertet werden?

Das Austrian Institute for Health Technologie Assessment (AIHTA) hat dazu 30 HTA- Analysen untersucht und einen Guide mit Checkliste für die Nutzenbewertung verschiedener KI-Technologien und den Einsatz im Krankenhaus entwickelt. Das Fazit: Insbesondere im Krankenhaus wird KI derzeit bei spezifischen Aufgaben wie der bildbasierten Diagnostik oder der Analyse von Gesundheitsdaten unterstützend eingesetzt. KI kann aber nicht nur Arbeit abnehmen und Personal entlasten, es sind auch viele Dinge zu beachten, wodurch KI letztlich auch laufend Arbeit macht und deshalb den Einsatz adaptierter Bewertungsmethoden erfordert, schreibt das AIHTA-Forschungsteam. Einerseits gebe es die Regulatorik durch den Artificial Intelligence Act der EU und die Medizinprodukteverordnung, die zu beachten sind. Andererseits müsse man mit zunehmender Verbreitung KI-gestützter digitaler Gesundheitstechnologien (DHTs) vor deren Einsatz auch einige Fragen klären. 

Die Ergebnisse sind auf der Webseite des AIHTA abrufbar.

Da sich KI immer weiter verändert, fallen auch laufende Supportkosten an, weil die Systeme ständig evaluiert werden müssen

Michaela Riegelnegg

KI werde laut der untersuchten Studien vor allem in der Diagnostik und im Screening – vor allem in Radiologie zur Bildauswertung – angewendet. Da erkenne KI Muster. Dazu kommt der Einsatz im organisatorischen Bereich, etwa in administrativen Systemen. Die Erwartungen an KI-Gesundheitstechnologien umfassen etwa eine gesteigerte Effizienz durch reduzierte Arbeitsbelastung und Wartezeiten, eine verbesserte diagnostische Genauigkeit, optimierte Arbeitsabläufe und Prozesse sowie verbesserte Patientenergebnisse und Zugang zur Versorgung. 

Zur Orientierung gibt es internationale Bewertungsmodelle. Das AIHTA hat fünf identifiziert, wovon eines das „Evidence Standards Framework“ (ESF) des britischen National Institute for Health and Care Excellence (NICE) darstellt. Dieses unterscheidet drei Kategorien: 

  1. Technologien ohne direkten Patientenkontakt und ohne mögliche gesundheitliche Schäden (z. B. administrative Systeme); 
  2. Technologien mit Patientenkontakt aber geringem Schadenspotenzial (z. B. Gesundheitsinformation, Dokumentation von Symptomen, einfache Monitoringfunktionen) sowie 
  3. Technologien zur Diagnose und Behandlung von Erkrankungen oder zur aktiven Überwachung von Gesundheitsparametern, die einen direkten Einfluss auf Patient:innenentscheidungen haben und damit ein erhöhtes Schadenspotenzial aufweisen. 

Je größer die Auswirkungen einer digitalen Gesundheitstechnologie, desto strenger sind die Anforderungen an die Nachweise ihrer Wirksamkeit und desto schärfer muss diese geprüft werden. 

Portraitfoto vonMichaela Riegelnegg
Michaela Riegelnegg

Bildquelle: AIHTA

Wichtig sei zudem überall zu beachten, dass man spezifische Aspekte beachten muss, weil sich etwa Algorithmen laufend ändern können und die Entscheidungen letztlich immer beim Menschen liegen sollte. Dazu sei es wichtig, die Methoden der evidenzbasierten Medizin während des gesamten Produktlebenszyklus anzuwenden. „Da sich KI immer weiter verändert, fallen auch laufende Supportkosten an, weil die Systeme ständig evaluiert werden müssen“, erklärt die erklärt die Erstautorin des Berichts und wissenschaftliche Mitarbeiterin des AIHTA Michaela Riegelnegg. Auch das Personal müsse geschult und die vorhandene Infrastruktur wie etwa KI-kompatible Hardware müsse im gesamten Krankenhaus gegeben sein. 

Eine erfolgreiche Integration von KI-Gesundheitstechnologien hängt maßgeblich von der vorhandenen digitalen Infrastruktur ab. „Die KI muss zudem zur bestehenden Dateninfrastruktur passen“, gibt Gregor Götz, Projektleiter beim AIHTA, zu bedenken. Viele derzeit in Österreich verwendete digitale Gesundheitstechnologien arbeiten als isolierte Systeme, wobei Daten auf einzelne Krankenhäuser beschränkt bleiben. Eine ausgereifte digitale Infrastruktur mit hoher Interoperabilität ist oft Voraussetzung dafür, dass KI- Gesundheitstechnologien wie vorgesehen funktionieren können. Das sei gerade auch im Hinblick auf das Datenrisikomanagement und die Sicherheit wichtig. Krankenhäuser müssten sich überlegen, wie sie vorgehen, damit sie die Datenqualität kontinuierlich überwachen.
Götz: „KI-Algorithmen können sich durch Updates oder neue Trainingsdaten in ihrer Leistung verändern. Wenn sich die Leistung des Systems signifikant ändert oder neue Funktionen hinzukommen, die den ursprünglichen Verwendungszweck modifizieren, kann eine Neubewertung und unter Umständen auch eine Rezertifizierung als Medizinprodukt erforderlich sein.“ 

Zu Beginn müsse man sich deshalb fragen, für welchen Zweck und welchen Nutzen man KI überhaupt einsetzen wolle. „Welche konkreten Gesundheitsprozesse werden davon betroffen sein? Wer sind die vorgesehenen Benutzer? Gibt es Standardmethoden, die etabliert sind?“, stellt Riegelnegg wichtige Überlegungen in den Raum. Zu bedenken seien neben Sicherheitsfragen, technische, ethische, organisatorische und ökonomische Aspekte. Zu beachten seien auch die Daten, mit denen die KI trainiert wurde. Da könnten algorithmische Verzerrungen (Bias) enthalten sein, durch die nicht alle Bevölkerungsgruppen ausreichend abgebildet sind. 

Für österreichische Krankenhäuser empfehlen die HTA-Fachleute, Standardmethoden, beispielsweise das EUnetHTA Core Model, als Ausgangspunkt zu nutzen und dieses mit bestehenden Frameworks für digitale Gesundheitstechnologien und mit KI-spezifischen Komponenten aus Checklisten zu ergänzen. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf die kontinuierliche Überwachung der Leistung über den gesamten Lebenszyklus gelegt werden. Aufgrund der starken Abhängigkeit von KI-Gesundheitstechnologien von der digitalen Infrastruktur sei es wichtig, diese ganz generell zu verbessern. Götz: „All diese Fragen und Herausforderungen bedeuten aber nicht, dass man nicht auf den Zug aufspringen soll. Es muss nur gut bedacht und geplant werden.“ 


Quelle: Austrian Institute for Health Technology Assessment

01.04.2025

Verwandte Artikel

Photo

Artikel • Kollateralschäden von Cyberangriffen

Ukraine-Krieg bringt auch IT deutscher Kliniken in Gefahr

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine spielt sich auch im Cyberspace ab. Dabei könnten auch Kliniken in Deutschland ins digitale Kreuzfeuer geraten, warnen IT-Experten.

Photo

News • IT-Sicherheit

Krankenhäuser im Visier von Hackern

Die jüngsten Cyberattacken gegen kritische Infrastrukturen (KRITIS) haben weltweit Schlagzeilen gemacht. Zu den potentiellen Zielen der Krminellen zählen auch Krankenhäuser – die Liste gehackter…

Photo

News • Messenger

Klinik integriert Chats in die Patientendokumentation

Das Universitätsklinikum Frankfurt hat als erstes Krankenhaus deutschlandweit die Weichen für die tiefe Integration eines Ende-zu-Ende-verschlüsselten Messengers gestellt. Leistungserbringer und…

Verwandte Produkte

Newsletter abonnieren