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64-jährige Patientin, Früherkennung, keine familiäre Belastung.
Digitale Mammographie (MLO) ohne suspekten Befund (BIRADS-2) bei mitteldichter Brust (ACR-3/D).

Artikel • Mammo oder nicht?

Brustkrebsscreening: Gehört der verkürzten MRT die Zukunft?

Ist die Mammographie wirklich die beste Methode zur Früherkennung von Brustkrebs? Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse legen nahe: Nicht, wenn man die Krebsarten aufspüren will, auf die es ankommt. Prof. Dr. Christiane Kuhl, Direktorin der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum RWTH Aachen, forscht seit über zehn Jahren zu den Einsatzmöglichkeiten der Magnetresonanztomographie in der Brustkrebsfrüherkennung. Sie sieht in verkürzten MRT-Protokollen einen Gamechanger, der die Mammographie im Screening vollständig ersetzen könnte.

Trotz seiner guten Erfolge gerät das Mammographie-Screening immer wieder in die Kritik. Einerseits, weil es Mammakarzinome aufspürt, die prognostisch irrelevant sind, also Überdiagnosen verursacht. Andererseits, weil es längst nicht alle Mammakarzinome anzeigt, die prognostisch von Bedeutung sind, also zu Unterdiagnosen führt. "20 bis 30 Prozent aller Mammakarzinome, die bei Frauen gefunden werden, die an der Vorsorge teilnehmen, werden nicht Mammographie-Screening aufgedeckt, sondern im Intervall", sagt Frau Prof. Kuhl. "Solche Intervallkarzinome sind im Grunde nichts anderes als die gescheiterte Früherkennung von schnellwachsenden – also mutmaßlich prognostisch relevanten – Mammakarzinomen."

Ursache für Unterdiagnostik kann nicht nur die Röntgendichte des Brustdrüsengewebes sein, sondern auch die Tumorbiologie. Da die Detektion des Mammakarzinoms in der Mammographie oder auch in der digitalen Brusttomosynthese (DBT) auf der Abbildung von Architekturstörungen, Mikrokalk und Spikulierungen basiert, lassen sich damit besonders gut luminale, also weniger aggressive Mammakarzinome darstellen, während biologisch aggressive Tumortypen in der Röntgenbildgebung aussehen können wie ubiquitäre begnine Veränderungen, z.B. Zysten oder Fibroadenome.

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64-jährige Patientin, Früherkennung, keine familiäre Belastung.
Digitale Mammographie (CC) ohne suspekten Befund (BIRADS-2) bei mitteldichter Brust (ACR-3/D).

Prognosen verbessern mit der MRT

"Wir brauchen eine Früherkennungsmethode, die ein Empfindlichkeitsprofil bietet, das dem onkologischen Bedarf wirklich entspricht und die Krebsherde findet, die prognostisch relevant sind", fordert Kuhl daher. Dass die MRT genau diese Kriterien erfüllt, hat die Radiologin bereits 2010 als Leiterin der multizentrischen EVA-Studie gezeigt. Dabei wurde die Leistungsfähigkeit verschiedener bildgebender Verfahren für die Brustkrebsfrüherkennung bei Frauen mit erhöhtem familiärem Risiko verglichen. Mit dem Ergebnis, dass die MRT die höchste Trefferquote an gefundenen Tumoren zu verzeichnen hatte und die Intervallkarzinomrate sogar bei Null lag.

Christiane Kuhl hat dafür eine einfache Erklärung: "Wenn wir die MRT zur Brustkrebsfrüherkennung einsetzen und dabei Kontrastmittel geben, machen wir nichts anderes, als die Angiogenese und Protease-Aktivität darzustellen: Gewebsveränderungen, die direkt mit Karzinogenese, mit Zellproliferation und metastatischem Wachstum korrelieren. Damit steht die MRT im Vergleich zur Mammographie quasi am anderen Ende des Empfindlichkeitsprofilspektrums. Oder anders ausgedrückt: Je biologisch aggressiver ein Mammakarzinom ist, desto zuverlässiger wird es MR-tomographisch detektiert."

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64-jährige Patientin, Früherkennung, keine familiäre Belastung.
MIP der verkürzten MRT: hochsuspekter Befund links.

Schnell und effektiv: verkürzte MRT

Dass die MRT dennoch eher selten in der Früherkennung zum Einsatz kommt, nämlich nur dann, wenn Frauen ein Hochrisikoprofil aufweisen, liegt größtenteils daran, dass das Verfahren kostspielig und kaum verfügbar ist. Abhilfe soll deshalb eine abgespeckte Version der MR-Bildgebung schaffen, die auf das Wesentliche fokussiert. Prof. Kuhl und ihr Team entwickelten ein Protokoll, das nur aus subtrahierten Bildern vor und nach Kontrastmittelgabe (FAST) besteht, die zu einem Projektionsbild mit maximaler Intensität (MIP) fusioniert werden. Die Ergebnisse, die sie 2014 erstmals in einer Studie veröffentlichten, verblüfften sie selbst. Wie sich zeigte, lag das verkürzte MRT-Protokoll in der diagnostischen Genauigkeit mit dem vollständigen MR-Diagnoseprotokoll gleich auf und büßte weder an Sensitivität noch an Spezifität ein. Darüber hinaus war nicht nur die Untersuchungszeit von kurzer Dauer (3 Min), sondern auch die durchschnittliche Zeit, die ein erfahrener Radiologe dafür benötigte, um zu ermitteln, ob ein Mammakarzinom vorlag oder nicht (2,8 Sek) und falls eine Anreicherung in den Bildaufnahmen diagnostiziert wurde, um diese zu charakterisieren (28 Sek).

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64-jährige Patientin, Früherkennung, keine familiäre Belastung.
FAST (first post contrast subracted) (= Einzelschicht): MR-BIRADS-5.

Mehr als nur Beiwerk

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Prof. Dr. Christiane Kuhl, Direktorin der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Universitätsklinikums Aachen.

Seitdem wurden viele weitere internationale Studien zu dem Thema verkürztes MRT-Protokoll vs. vollständiges MRT-Protokoll durchgeführt, die allesamt zu derselben Schlussfolgerung kamen: Die verkürzte MRT zur Früherkennung funktioniert. Doch funktioniert sie auch als alleiniges Tool für das Brustkrebs-Screening? Dieser Frage wurde in einer 2020 veröffentlichten Studie nachgegangen, bei der die verkürzte Brust-MRT mit der DBT bei Frauen mit dichtem Drüsengewebe verglichen wurde. Beide Methoden wurden unabhängig voneinander eingesetzt. Wie sich herausstellte, lag die Detektionsrate von invasiven Krebserkrankungen bei der abgekürzten Brust-MRT signifikant höher als bei der DBT, nämlich 11,8 pro 1000 Frauen vs. 4,8 pro 1000 Frauen. Die Daten legen für Frau Prof. Kuhl nur einen Schluss nahe: "Die verkürzte MRT ist nicht bloß eine Add-on-Methode sondern eine Stand-alone-Lösung, die allen anderen Untersuchungsverfahren zur Früherkennung überlegen ist und zwar unabhängig davon, wie hoch das individuelle Erkrankungsrisiko ist."

Profil:
Prof. Dr. Christiane Kuhl ist seit 2010 Direktorin der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Universitätsklinikums Aachen. Die Fachärztin für Radiologie wurde 1966 in Bonn geboren, ging dort zur Schule, studierte im Anschluss Medizin und nahm 2004 eine C3-Stelle in der Onkologischen Diagnostik und Interventionellen Radiologie am Uniklinikum Bonn an. Kuhl zählt zu den renommiertesten deutschen Brustkrebsforschern und macht sich insbesondere für die Brustkrebs-Früherkennung mittels Magnetresonanztomographie stark. Ihre Arbeiten wurden im In- und Ausland mit verschiedenen Preisen gewürdigt.


15.09.2020

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