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News • Massenspektrometrie-Analyse
Brustkrebs: Präzisionsmedizin per Fingerschweiß
Schmerzfreie Methode ermöglicht Analyse von klinisch relevanten Stoffwechselparametern bei Krebspatientinnen
Ein Forschungsteam der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien beschreitet neue Wege in der Präzisionsmedizin: Es hat eine innovative Methode entwickelt, um Stoffwechselprofile aus dem Fingerschweiß zu analysieren. Die Ergebnisse einer soeben im EPMA Journal veröffentlichten Pilotstudie zeigen, dass diese nicht-invasive Methode bei Brustkrebspatientinnen eingesetzt werden kann, um Informationen über den Krankheitsverlauf, Therapieeffekte und individuelle Lebensgewohnheiten zu gewinnen. Damit könnte die personalisierte Behandlung von Betroffenen in Zukunft deutlich verbessert werden.
Das [Verfahren] können die Betroffenen problemlos selbst durchführen und sind nicht dem Stress von unangenehmen, invasiven Prozeduren ausgesetzt, die zudem noch durch medizinisches Fachpersonal durchgeführt werden müssten
Samuel Meier-Menches
Fingerschweiß ist für diesen Zweck besonders geeignet, denn er enthält Moleküle aus der sonst schwer zugänglichen interstitiellen (zwischen den Zellen zirkulierenden) Flüssigkeit, die als Wirkort vieler Therapeutika von großer medizinischer Bedeutung ist. Diese Flüssigkeit direkt auf verschiedene Parameter zu untersuchen, war bisher allerdings schwierig – eine Herausforderung, der sich die Wissenschafter der Joint Metabolome Facility, einer interuniversitären Einrichtung der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien, nun erfolgreich gestellt haben. Sie entwickelten eine Methode zur Analyse von Fingerschweiß: Völlig schmerzfrei und nicht-invasiv gewonnen, genügt eine mikroskopisch kleine Schweißmenge – und liefert erstaunlich präzise Einblicke in die individuellen Stoffwechselprofile.
Samuel Meier-Menches, Letztautor und Co-Studienleiter am Institut für Analytische Chemie der Universität Wien, erklärt: "Unser Verfahren ist für die Patientinnen verblüffend simpel: Sie halten ein Stück angefeuchtetes Spezialpapier zwischen Daumen und Zeigefinger, um die winzige Menge Schweiß aufzufangen, die für die Analyse ausreicht. Das können die Betroffenen problemlos selbst durchführen und sind nicht dem Stress von unangenehmen, invasiven Prozeduren ausgesetzt, die zudem noch durch medizinisches Fachpersonal durchgeführt werden müssten." Mit einem anschließenden massenspektrometrischen Verfahren wird der Fingerschweiß auf seine Zusammensetzung untersucht. Dabei lassen sich nicht nur wichtige Stoffwechselprodukte, sondern auch verabreichte Medikamente oder Lebensstilfaktoren wie Rauchgewohnheiten nachweisen.
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Die neue Analysemethode wurde nun erstmals klinisch für das Biomonitoring bei Brustkrebs eingesetzt und bei Krebspatientinnen während der ersten Chemotherapiephase gründlich geprüft. Dabei konnte das Forschungsteam zeigen, dass der Fingerschweiß der Patientinnen die systemische Wirkung ihrer Tumoren widerspiegelt. Neben der Möglichkeit, die Spiegel und Wirksamkeit von Medikamenten wie Cyclophosphamid und Ondansetron individuell zu verfolgen, konnten signifikante Veränderungen in den Stoffwechselprofilen identifiziert werden, die auf die Tumormasse zurückzuführen sind. Diese Methode ermöglicht ein langfristiges Biomonitoring des Krankheitsverlaufs, das nicht-invasiv und dezentral durchgeführt werden kann. "Wir konnten zeigen, dass diese Art der Analyse eine genaue Überwachung des Therapieansprechens und der Stoffwechselveränderungen bei Brustkrebs ermöglicht – ohne den Patientinnen ständig Blut abnehmen zu müssen", ergänzt Studienerstautor Michael Bolliger von der Universitätsklinik für Allgemeinchirurgie der MedUni Wien.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Fingerschweißanalyse eine praktikable Alternative zu invasiven Bluttests darstellt und die Präzisionsmedizin entscheidend voranbringen könnte. In einem geplanten Folgeprojekt soll die Pilotstudie auf eine größere Patientengruppe ausgeweitet werden, um die bisherigen Ergebnisse zu bestätigen. "Diese Technik befindet sich noch in der Entwicklungsphase, aber weitere Studien werden folgen, um ihr Potenzial für den klinischen Alltag zu evaluieren", erklärt Florian Fitzal, Co-Studienleiter und Leiter Brustrekonstruktion im Hanusch Krankenhaus in Wien. Die Forscher sind überzeugt, dass ihre Methode den Zugang zu präzisen Diagnosen und maßgeschneiderten Therapien revolutionieren wird.
Quelle: Universität Wien
01.02.2025