Erst operieren, dann pieksen: Akupunktur zeigt vielversprechende Ergebnisse bei der Vermeidung postoperativer Schmerzen und anderer Beeinträchtigungen wie Übelkeit.

Bildquelle: UMM

News • Studie zu postoperativen Beeinträchtigungen

Akupunktur gegen Schmerzen nach einer OP?

Postoperative Schmerzen oder Übelkeit nach einer OP sind für Betroffene stark belastend. Sie erhöhen die Dauer der Überwachungszeit im Aufwachraum. Zudem stehen sie einer raschen Genesung und damit einer schnellen Rückkehr in das eigene Zuhause entgegen.

In der Chirurgischen Klinik an der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) werden Patienten postoperativ mit dem ERAS-Konzept (Enhanced Recovery after Surgery) behandelt, was eine optimale, patientenzentrierte Behandlung nach chirurgischen Eingriffen sicherstellt. Dr. Erfan Ahadzadeh Ghanad möchte mit der Akupunktur entscheidend einwirken. Hierfür wurde zunächst eine enge Kooperation zwischen der TCM-Praxis/Gesellschaft Heidelberg (Leitung Prof. Dr. J. Greten) und der Chirurgischen Klinik (Direktor Prof. Dr. C. Reißfelder) der UMM etabliert sowie ein interdisziplinäres Studienleitungs-Team in der Chirurgie um Frau Dr. Cui Yang und PD Dr. Florian Herrle gebildet. In einer Vorstudie mit 40 Patienten konnten Dr. Ghanad und sein Team bereits zeigen, dass sich Beschwerden nach abdominellen Operationen durch die Akupunktur um bis zu 86 Prozent lindern lassen. „Interessanterweise zeigten die Patientinnen und Patienten nach gleichen Eingriffen ähnliche Syndrome“, so Dr. Ghanad. „Auf Grundlage verschiedener Akupunkturkonzepte identifizierten wir sechs Punkte auf beziehungsweise um den Bauch, die je nach Beschwerdebild und Operation akupunktiert wurden.“ Die Betroffenen haben die Akupunktur gut vertragen und die zusätzliche Hilfe sehr geschätzt. 

Für uns gilt erst eine Senkung der Intensität des postoperativen Schmerzes von mindestens 60 Prozent als klinisch relevante Linderung

Erfan Ahadzadeh Ghanad

Nun sollen diese vielversprechenden Ergebnisse in einer randomisierten doppel-verblindeten Studie mit ausreichender Fallzahl überprüft werden. Insgesamt sollen etwa 500 Patienten der chirurgischen Klinik aus vier Gruppen akupunktiert werden: Patienten nach bariatrischen, also gewichtsreduzierenden OPs, etwa Eingriffen am Magen; nach Darmoperationen und nach sonstigen OPs im Bauchraum, etwa Cholezystektomien oder Versorgungen von Narbenhernien. Um die Wirksamkeit der Akupunktur zu überprüfen, erfolgt die Durchführung einer Scheinakupunktur in einer Vergleichsgruppe. 

Fünf Minuten nach Setzen der Akupunkturnadeln wird die erste Wirkung ermittelt. Auch die Wirkungsdauer wird standardisiert und verblindet über mehrere Tage erhoben. Dr. Ghanad: „Für uns gilt dabei erst eine Senkung der Intensität des postoperativen Schmerzes von mindestens 60 Prozent als klinisch relevante Linderung.“ Weitere Parameter, etwa die Auswirkung auf die Schlafqualität der Patienten, werden ebenfalls erfasst, um ein möglichst umfassendes Bild der Akupunktur-Wirkung zu erhalten und weitere Studienansätze zu erkunden. 

Der größere Zusammenhang der geplanten Studie ist die Integration wissenschaftlich nachgewiesener Akupunktur-Effekte in die perioperative Medizin. So können noch wirksamere Behandlungs-Pfade für optimale Schmerzkontrolle und rasche Genesung nach Operationen erreicht werden. 


Quelle: Universitätsmedizin Mannheim

05.03.2022

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