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Links: Studienleiter Prof. Dr. Joachim Ehrlich, Chefarzt der Kardiologischen Klinik im St. Josefs-Hospital Wiesbaden, rechts Studienkoordinator Dr. Andreas Böhmer, Assistenzarzt

Bildquelle: Deutsche Herzstiftung; © St. Josefs-Hospital Wiesbaden GmbH 

News • Katheterablation und Herzschrittmacher auf dem Prüfstand

Vorhofflimmern bei über 75-Jährigen: Welche Therapie ist die bessere?

Alltag und Lebensqualität von älteren Patienten mit dauerhaftem Vorhofflimmern sind oft stark belastet. Wiesbadener Herzspezialisten untersuchen mit Forschungsförderung der Herzstiftung, was über 75-jährigen Betroffenen mehr hilft: eine Katheterablation oder eine Schrittmacher-Therapie?

Bundesweit leiden rund 1,5 bis 2 Millionen Menschen an Vorhofflimmern, der häufigsten anhaltenden Herzrhythmusstörung. Das Herz schlägt unregelmäßig, es rast oder stolpert. Viele haben außerdem Luftnot, Brustschmerzen oder Schwindel, sind weniger leistungsfähig. Unbehandelt wird die Erkrankung immer schlimmer, bis es schließlich zu einem dauerhaften sogenannten „persistierenden Vorhofflimmern“ kommt. Das Risiko, an Vorhofflimmern zu erkranken, steigt mit zunehmendem Alter an. So sind zirka 10% der über 75-Jährigen davon betroffen, bei Senioren über 85 sind es sogar rund 20%. Viele Jahre hindurch hat man den Herzschlag standardmäßig mit Medikamenten verlangsamt. Mehr und mehr behandeln Ärzte die Störung jedoch direkt am Herzen. Dafür gibt es verschiedene Methoden. Mit einer Katheterablation veröden sie die für die „Störfeuer“ verantwortlichen Herzmuskelfasern mit Hitze, Kälte oder Mini-Stromstößen und schalten sie so dauerhaft aus. Diesen Eingriff nennt man Pulmonalvenenisolation (PVI), da der Grund für die gestörten Signale in den Lungenvenen (Pulmonalvenen) liegt.

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Doch bei dieser Methode gibt es ein Problem: „Untersuchungen zufolge kommt es insbesondere bei älteren Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern nach einer PVI innerhalb des ersten Jahres in 40% der Fälle erneut zu einem Rückfall und einem Krankenhausaufenthalt“, erklärt Prof. Dr. Joachim Ehrlich, Chefarzt der Kardiologischen Klinik im St-Josefs-Hospital Wiesbaden. Deswegen vergleicht der Herzspezialist in einem von der Deutschen Herzstiftung mit 50.000 Euro geförderten und international erstmaligen Forschungsprojekt* die Pulmonalvenenisolation – die in diesem Fall die irritierenden Herzmuskelfasern mit extremer Kälte (Kryoablation) ausschaltet –, mit einer zweiten Behandlungsmethode: der Schrittmacherimplantation, verbunden mit His-Bündel-Ablation (Ablate and Pace, kurz „AaP“) Hierbei wird den Patienten ein Herzschrittmacher eingesetzt und in der Folge das His-Bündel verödet. Das ist ein Muskelfasernetz, das die elektrischen Signale an die Herzkammern weiterleitet. „Hier kommt es in weniger Fällen zu erneuten Klinikaufenthalten pro Jahr“, sagt der Chefarzt, der die Studie leitet. „Wir nehmen an, dass die AaP-Strategie im Vergleich zur PVI bei Patienten, die über 75 sind und an persistierendem Vorhofflimmern leiden, zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität führt.“ 

Vielen Betroffenen fallen selbst einfache Tätigkeiten wie das Ausräumen einer Spülmaschine zunehmend schwerer

Andreas Böhmer

Es sei mit dieser Methode davon auszugehen, dass bei älteren Patienten eine signifikant niedrigere Rate an Krankenhauseinweisungen aufgrund von Herzrhythmusstörungen oder Herzschwäche eintritt. Ob die Hypothese stimmt, das wollen Prof. Ehrlich und seine Mitarbeiter im direkten Vergleich der beiden Behandlungsoptionen zeigen. Bei den Patienten, die erneut die Klinik aufgesucht haben, untersuchen die Forscher in ihrer Studie zudem, ob eine wiederholte Ablationstherapie oder elektrische Kardioversion zur Wiederherstellung des normalen Herzschlags notwendig war oder eine Aufrüstung des implantierten Schrittmachers mittels eines drittes Elektrodenkabel erfolgen musste. „Das ist ein sehr wichtiges und innovatives Forschungsvorhaben, welches dazu beiträgt, die Beschwerden von älteren Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern zu verringern. Prof. Ehrlich und sein Team leisten mit ihrer Studie auch international einen wichtigen Beitrag zur Behandlung von Vorhofflimmern“, betont Prof. Dr. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. 

Denn gerade für ältere Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern können die Beschwerden im Alltag äußerst belastend sein. „Vielen Betroffenen fallen selbst einfache Tätigkeiten wie das Ausräumen einer Spülmaschine zunehmend schwerer“, berichtet Dr. Andreas Böhmer, Assistenzarzt in der Kardiologischen Klinik im Wiesbadener St-Josefs-Hospital und Koordinator der Studie. Nachts würden die Betroffenen vor Angst wachliegen, weil das Herz unruhig schlage und stolpere. „Das beeinträchtigt massiv die Lebensqualität.“ 

196 Patienten in bundesweit fünf unterschiedlichen Kliniken, das St- Josefs-Hospital Wiesbaden eingeschlossen, nehmen an der Studie teil (Standorte: Bad Nauheim, Gießen, Münster, Murnau). Alle sind über 75 Jahre alt und leiden an schwerwiegenden Symptomen des persistierenden Vorhofflimmerns, aber nicht an Herzschwäche oder weiteren bestimmten Herzerkrankungen. Sie werden entweder mit der AaP- oder PVI-Methode behandelt und drei, sechs und zwölf Monate danach untersucht. Mittels Fragebögen wird die persönliche Einschätzung der Lebensqualität erfasst. 2025 sollen die endgültigen Resultate vorliegen. Mit den ersten Zwischenergebnissen zeigt sich Prof. Ehrlich zufrieden: „Sie bestätigen unsere Hypothese, dass das AaP-Verfahren zur Behandlung von älteren Menschen mit Vorhofflimmern der PVI hinsichtlich oben genannter Untersuchungspunkte überlegen ist.“ Wann die Endergebnisse jedoch im Klinikalltag Anwendung finden, sei offen. „Forschungsarbeit ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“ 

*Projekttitel: Pulmonary-vein isolation or ABLATion of atriovEntricular-node and PACEmaker implantation for elderly patients with persistent atrial fibrillation (ABLATE versus PACE) 


Quelle: Deutsche Herzstiftung



23.02.2023

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