USB-Gesundheitskarte - der Patient als Gesundheitsmanager

Dr. Gunter Pollanz’ Leben war auf Erfolg gepolt: Der Österreicher war als Unternehmer maßgeblich am Aufbau des Charter-Flugverkehrs nach Israel und an der Gründung der MAOF Airlines in Tel Aviv beteiligt. Später entwickelte er entscheidende Exportstrukturen von Israel nach Europa. Doch 1997 nahm Pollanz’ Schicksal in einem Krankenhaus in Tel Aviv eine dramatische Wendung: Mit der Diagnose Lymphdrüsenkrebs sprachen die Ärzte praktisch ein Todesurteil über ihn. Sie gaben dem Familienvater noch etwa 3 Monate Lebenszeit. Heute, 12 Jahre später, ist Pollanz vollständig geheilt. Die Diagnose hat sein Leben jedoch verändert: Während seiner Krankheit war der Geschäftsmann besonders erschüttert von der Tatsache, dass es für ihn unmöglich war, einen schnellen Zugriff auf seine vollständigen Gesundheitsdaten zu bekommen.

Passt in jeden modernen Computer: die neue USB-Gesundheitskarte von Med-O-Card...
Passt in jeden modernen Computer: die neue USB-Gesundheitskarte von Med-O-Card im praktischen Checkkartenformat
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Passt in jeden modernen Computer: die neue USB-Gesundheitskarte von Med-O-Card im praktischen Checkkartenformat

Als Konsequenz begann der heute 66-Jährige seine Arbeit an der Med-O-Card, einer USB-Gesundheitskarte im Kreditkartenformat, die jedem Patienten seine medizinischen Daten komplett und uneingeschränkt nutzbar machen soll. In Israel und der Schweiz ist die Karte bereits käuflich zu erwerben – nun erlebt die Med-O-Card auch auf dem deutschen Markt ihre Einführung. Pollanz ist überzeugt: „Wer seine Daten hat, kann handeln, vergleichen, agieren und kontrollieren. Allein dies kann bereits den Heilungsprozess einleiten.“ Im Interview mit Karoline Laarmann, EUROPEAN HOSPITAL, sprach Pollanz über den Trugschluss, digitale Daten seien immer verfügbar, mündige Patienten und technische Hürden bei der Speicherung von Gesundheitsdaten.

EH: Dr. Pollanz, Sie haben die Med-O-Card ins Leben gerufen, weil Sie selbst schlechte Erfahrungen mit der Verwaltung Ihrer Patientendaten gemacht haben. Was war passiert?

Pollanz: In der Zeit meiner Krebsdiagnose riet mir ein befreundeter Onkologe, mir die FDA-Unterlagen anzusehen. Darin las ich, dass, egal was ich tue – Chemotherapie hin oder her –, nur eine 2,3 %ige Überlebenschance für mich bestehe: Für diese 2,3 % war ich nicht bereit, mich der immunsystemzerstörenden Chemotherapie zu unterziehen. Aus irgendeiner Eingebung heraus dachte ich, ich schaffe das auch so. Ich hatte jedoch durch meine niederschmetternde Recherche etwas Entscheidendes gelernt: Nämlich nicht einfach die ganze Verantwortung den Ärzten aufzubürden, sondern mich selbst mit den Fakten auseinanderzusetzen. Also begann ich, nach meinen Daten zu suchen. Ich habe einmal drei Tage in den Katakomben des Ichilov Krankenhauses in Tel Aviv verbracht, weil diese meine Daten hatten, aber nicht wussten, wo. Dasselbe kann ihnen auch in anderen Krankenhäusern irgendwo auf der Welt passieren: Es gibt kaum eine echte digitale Datenerfassung – das ist bloß eine Fantasievorstellung. Digitale Existenz bedeutet heute z.B., dass Röntgenaufnahmen zwar auf einer CD gespeichert werden, diese CD wird aber oftmals genauso wie Papier in ein Kuvert gesteckt und abgelegt. Die Daten liegen zwar digital vor, sind aber nicht mehr digital verfügbar. Die medizinische Informatik ist trotz aller Fortschritte noch nicht so weit, dass in jedem (Patienten-)Fall eine sinnvolle Datenkommunikation sichergestellt ist..

EH: Aber fehlt den meisten Patienten nicht eine gewisse medizinische Kompetenz, um überhaupt etwas mit Ihren Daten anzufangen?

Pollanz: Natürlich haben wir Patienten hier Nachholbedarf. Wir sind es noch nicht gewohnt, unsere eigenen Patientendaten als das zu verstehen, was sie – auch juristisch – sind: unser Eigentum. Klar ist auch: die USB-Gesundheitskarte ersetzt kein Medizinstudium. Das ist aber auch gar nicht ihr Ziel. Zielführend und für unser Gesundheitswesen unumgänglich ist, Transparenz und Informationsmöglichkeiten für alle Betroffenen zu schaffen. Und dazu gehört selbstverständlich auch der Patient. Die Amerikaner sind uns in dieser Frage weit voraus, weil ihre Regierung ihnen viel mehr Eigeninitiative einimpft. Dementsprechend sind sie besser darin geschult, ihre Patientenrechte und persönlichen Datenrechte wahrzunehmen. Wir in Europa sind es zwar auch gewohnt, dass wir alle unsere persönlichen Unterlagen zusammenhalten: Unsere Versicherungen, Geburtsurkunde, Heiratsurkunde etc. – aber wir sind nicht darauf trainiert worden, unsere Gesundheitsdaten zu verwalten. Der Bürger kann jedoch nur dann an seiner Gesundheit mitwirken, wenn er informiert ist.

EH: Auf der Med-O-Card hat der Patient auch die Möglichkeit, selbst Daten einzugeben. Wie weit sollte der Patient Ihrer Meinung nach an seiner Gesundheit mitwirken?

Pollanz: Med-O-Card ersetzt nicht das Arzt-Patienten-Gespräch. Die meisten Informationen werden gemeinsam oder vom Arzt über das Patientenverwaltungssystem eingegeben. Aber sie gibt mir die Infrastruktur in die Hand, um mich selbst besser zu informieren und die Behandlung durch den Arzt sogar noch zu unterstützen, weil dieser die Möglichkeit hat, sich auf Basis aller vollständigen Informationen ein Bild zu machen. Der Arzt, der den Patienten nicht kennt, kann so– etwa in Notfällen – die Vorgeschichte und andere Erkrankungen in seine Diagnose einfließen lassen. Auf der Karte sind alle wichtigen Daten zusammengefasst. So kann sowohl der Arzt, der ein Arzneimittel ausstellt, als auch der Patient, der sich auf eigene Faust Medikamente in der Apotheke besorgt, vorher einen automatischen Medikamentencheck durchführen.

EH: Das setzt voraus, dass jeder Arzt auch bereit ist, die Daten auf Wunsch des Patienten auf die Med-O-Card zu überspielen.

Pollanz: Vergessen Sie nicht, dass Ihnen die Aushändigung Ihrer persönlichen Daten rechtlich zusteht. Wir hoffen, dass bereits in einem Jahr mithilfe von simplen Java-Tools auf dem Arztrechner die Datenübertragung automatisch abläuft. Das setzt voraus, dass die Praxisverwaltungssoftware und die Klinikinformationssysteme offen nach außen sind, also die Datenübertragung erlaubt wird. Rein technisch ist das ein simpler Akt. Das häufig vorgebrachte Argument des Datenschutzes hat hier eine reine Alibifunktion. Es kann nicht sein, dass ein Patient bei einem Verkehrsunfall stirbt, weil der Notarzt zwar die Patientendatenkarte gefunden hat, die Daten darauf für ihn aber nicht zugänglich waren. Ich bin als Patient berechtigt, auf meiner Med-O-Card die Informationen freizugeben, die im Notfall auch ohne Passwort und Username von Bedeutung sind.

EH: Wie stehen Sie zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte in Deutschland?

Pollanz: Der Gedanke der eCard ist richtig. Unsere Bemühungen dürfen sich aber nicht auf die Smart Card beschränken. Zu Beginn der Entwicklung konnte keiner wissen, welche neuen Möglichkeiten USB bieten würde: Im Gegensatz zur Zentralspeicherlösung der SmartCard sind durch die dezentrale Speicherung durch USB keine besonderen Investitionen in Hard- und Software mehr nötig. Darüber hinaus kann die Med-O-Card schon heute 16 Gigabyte speichern. Die Zukunft der eCard kann daher ebenfalls nur eine Verbindung aus Sicherheitstechnologie und Flash-Speicher-Technologie sein.

EH: Dr. Pollanz, vielen Dank für das Gespräch.

26.01.2010

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