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Artikel • Zeitersparnis im Krankenhaus
Transportroboter entlastet Pflegekräfte
Umfragen und Studien belegen es immer wieder: Mitarbeitende im Gesundheitswesen und insbesondere im Krankenhaus wünschen sich mehr Zeit für ihre Arbeit am Patienten. Der seit langem vorhandene Fachkräftemangel und die damit stetig steigende Arbeitsbelastung macht die Erfüllung dieses Wunsches jedoch nahezu unmöglich. Ein Schritt in die richtige Richtung könnte ein Projekt des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA sein: Ein flexibler Transportroboter soll das Pflegepersonal in Kliniken unterstützen.
Artikel: Sonja Buske
Pflegekräfte legen während ihrer Arbeitszeit große Wegstrecken auf und zwischen den Stationen, dem Labor oder diversen Warenlagern zurück. Zeit, die ihnen für die Arbeit am Patienten fehlt. Die Ingenieurin Dr. Birgit Graf hat daher mit ihrem Team am Fraunhofer IPA im Rahmen des Projektes MobDi einen Transportroboter entwickelt, der jegliche Form von Wagen, die ausreichend Bodenfreiheit haben, unterfahren, komplett anheben und selbstständig zum gewünschten Zielort bringen kann. Das können sowohl Pflege- als auch Wäschewagen, aber auch Müllcontainer oder Getränkekisten sein. „Das Fahrgestell ist in Länge und Breite veränderbar, sodass es sich an Größe und Radstand der zu transportierenden Wagen anpassen kann“, erklärt Graf. „Der Transportroboter kann sich in alle Richtungen bewegen und ist somit auch für enge Umgebungen geeignet. Für einen gefahrlosen Einsatz unter Menschen sorgt eine 360°-Absicherung mit Sicherheitssensorik.“ Ein weiterer Vorteil ist, dass er sowohl auf den Einsatz zu bestimmten Zeiten programmiert als auch spontan angefordert werden kann.
Schlepper bringt Pflegewagen auf Station
Ein mögliches Szenario auf einer Station könnte wie folgt aussehen: Zum Schichtbeginn bringt der robotische Schlepper die benötigte Anzahl an Pflegewagen zu jeweils vordefinierten Punkten auf die Stationen und lädt sie selbstständig ab. Ist während der Schicht der Vorrat an Bettlaken oder Verbandsmaterial aufgebraucht, kann die Pflegekraft per Smartphone Nachschub bestellen und der Roboter bringt ihr einen Ersatzwagen direkt vor das Zimmer, in dem sie gerade arbeitet. Nach Schichtende transportiert der Schlepper alle Wagen zurück ins Lager. Die Pflegekraft kann somit bei dem Patienten bleiben, während neues Material geholt wird, und der Roboter kann mehrere Mitarbeiter gleichzeitig unterstützen, da er nie lange an einem Ort sein muss.
Zwar erspart der robotische Schlepper den Mitarbeitern lange Wege, jedoch müssen die Pflegewagen weiterhin von Hand aufgefüllt werden. Um auch hier eine Arbeitsersparnis zu bewirken, hat sich das Team ein Modulkorbkonzept in Kombination mit einer automatischen Wechselstation überlegt. Graf: „Jeder Modulkorb beinhaltet Produkte für einen Arbeitsvorgang, zum Beispiel für die Blutabnahme oder den Verbandswechsel. Sind alle Materialien in einem Korb aufgebraucht, fährt der Transportroboter eigenständig die Wechselstation an und tauscht die Körbe autonom aus.“
Pflegewagen mit Erkennungssensorik
Eine weitere nützliche Technologie ist eine Erkennungssensorik für Pflegematerialien, die die Ingenieure ebenfalls bereits entwickelt haben. „Jedes entnommene Material wird direkt am Pflegewagen gescannt. Wenn ein Produkt zur Neige geht und nachgefüllt werden muss, bekommt die Pflegekraft eine Nachricht“, erläutert Graf. „Durch eine Anbindung an das Warenmanagement könnten zudem direkt Bestellungen ausgelöst werden.“ Grundsätzlich kann jeder Pflegewagen mit dieser Erkennungssensorik aufgerüstet werden. Am einfachsten funktioniert das mit Visitewagen, die bereits über einen Bildschirm zur Pflegedokumentation verfügen.
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Der Transportroboter existiert aktuell als Prototyp und wurde im Labor des Fraunhofer IPA erfolgreich getestet. „Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt für eine Firma, um in eine Kooperation einzusteigen“, findet Graf. Sie sieht gute Chancen, kurzfristig einen produktreifen Roboter aufzubauen und in die Praxis zu bringen, auch, weil der wirtschaftliche Einsatz im Rahmen einer Beispielrechnung bereits verifiziert wurde. „Wenn der Roboter in einer Einrichtung mit ca. 100 Betten den gesamten Transport der Schmutz- und Frischwäsche übernimmt, kann er innerhalb von drei Jahren abgeschrieben werden. Übernimmt er weitere Aufgaben, lässt sich diese Zeit noch verkürzen.“
Profil:
Die Ingenieurin Dr. Birgit Graf leitet am Fraunhofer IPA die Gruppe „Haushalts- und Assistenzrobotik“ und ist schon seit über 20 Jahren in der Servicerobotik tätig. Sie war an der Entwicklung unterschiedlicher Generationen des Assistenzroboters Care-O-bot sowie zahlreicher weiterer Robotersysteme zur Unterstützung des Personals stationärer Pflegeeinrichtungen und Kliniken beteiligt.
28.02.2023