© Andreas Heddergott / TU München
News • Zelluläre Störung
Toxisches beta-Amyloid: Einblick in Alzheimer-Anfänge
Überaktive Nervenzellen in bestimmten Hirnbereichen gelten als eine frühe Erscheinung bei Alzheimer. Erstmals gelang es einem Team der Technischen Universität München (TUM) die Gründe und Mechanismen dieses anfänglichen und damit wichtigen Schritts grundlegend aufzuklären.
Der aktivierende Hirnbotenstoff Glutamat kann nicht schnell genug abtransportiert werden und verstärkt somit krankhaft die Erregung von Nervenzellen. Diese Störung ist wahrscheinlich entscheidend für die eingeschränkte Lern- und Merkfähigkeit der Erkrankten. In Gehirnen von Alzheimer-Patienten, die schon Symptome zeigen, finden sich große Verklumpungen des Proteins beta-Amyloid, die sogenannten Plaques. Viele therapeutische Ansätze setzen darauf, diese Verklumpungen zu entfernen. Bisher aber ohne weitreichenden Erfolg.
© Andreas Heddergott / TU München
„Entscheidend ist, dass wir die Krankheit viel früher erkennen und behandeln. Unsere Ansatzpunkte waren deshalb die überaktiven Nervenzellen, die schon sehr früh auftreten – lange bevor die Patientin oder der Patient Gedächtnisausfälle hat“, erklärt Prof. Arthur Konnerth, Hertie Senior Professor für Neurowissenschaften an der TUM. Durch die Überaktivierung erhalten benachbarte Zellen ständig falsche Signale und bringen so die Signalverarbeitung durcheinander.
Konnerth war es gemeinsam mit seinem Doktoranden Benedikt Zott und dem gesamten Team möglich, die Ursache, den Auslöser und damit auch mögliche neue therapeutische Angriffspunkte für diese frühe Störung im Gehirn zu entdecken. Die Studie wurde im Fachjournal „Science“ veröffentlicht.
Dieser Artikel könnte Sie auch interessieren
News • Studie liefert Hinweise
Warum sind ältere Menschen anfälliger für Alzheimer?
Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer zu erkranken. Aber warum ist das so? Susanne Wegmann, Wissenschaftlerin am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Berlin, hat gemeinsam mit Kollegen eine mögliche Ursache für diesen Zusammenhang aufgedeckt: Bestimmte, an der Alzheimer-Erkrankung beteiligte Eiweißstoffe – sogenannte Tau-Proteine –…
Wenn Nervenzellen miteinander kommunizieren, nutzen sie Botenstoffe, sogenannte Neurotransmitter. Glutamat, eine der wichtigsten dieser Substanzen, aktiviert Nervenzellen. Dafür wird es in den Bereich zwischen zwei Nervenzellen, den synaptischen Spalt, abgegeben, wo es wirken kann. Anschließend müssen die Glutamat-Moleküle von dort wieder schnell entfernt werden, um die Wirkung zu beenden. Dieser Vorgang findet zum einen aktiv über sogenannte Pumpmoleküle statt, zum anderen passiv durch einfachen Transport des Glutamats entlang der Membranen.
Wie die Forscher herausfanden, befand sich bei den überaktiven Nervenzellen Glutamat zu lange in sehr hohen Konzentrationen im synaptischen Spalt. Sie konnten zeigen, dass bei diesen Nervenzellen der Transport des Hirnbotenstoffs gestört war. Der Grund hierfür waren beta-Amyloid-Moleküle, die die Nervenzellmembranen für den Transport von Glutamat blockierten. Sie verwendeten für den Nachweis dieses Mechanismus sowohl beta-Amyloid-Moleküle aus Patientenproben als auch Mausmodelle – mit dem gleichen Ergebnis.
Interessant war für das Team auch, dass diese Blockade schon von einer frühen löslichen Form des beta-Amyloids ausgelöst wurde und nicht von den verklumpten Plaques. Beta-Amyloid tritt in unterschiedlichen Formen auf: Es wird als einzelnes Molekül gebildet und formt dann zuerst lösliche Zweierkonstrukte (Dimere) und später lange Ketten, die die Plaques bilden. Im Falle der Glutamat-Blockade waren die Dimere der Auslöser. „Unsere Daten liefern einen klaren Beweis für eine direkte toxische Wirkung einer bestimmten beta-Amyloid-Form, den Dimeren. Wir waren sogar in der Lage diesen Mechanismus zu erklären“, so Benedikt Zott, Erstautor der Studie. Dieses Wissen wollen die Forscher nun nutzen, um das Verständnis der zellulären Ursachen bei der Entstehung von Alzheimer weiter zu verbessern und so Therapiestrategien zu entwickeln, die früh im Krankheitsverlauf ansetzen.
Quelle: Technische Universität München
12.08.2019