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Technologie im Gespräch: KI in der Praxis
Künstliche Intelligenz (KI) ist längst kein reines Zukunftsthema mehr. Vielmehr durchdringen Methoden der KI immer weitere Bereiche unseres Lebens und Arbeitens. Sie ermöglichen überdies große Fortschritte in Wissenschaft, Forschung und Technologieentwicklung. Und: Die Technologie wird dringend benötigt, um die Anhäufung von Schocks, Krisen und Umbrüchen, die wir zur Zeit erleben, zu bewältigen.
„Angesichts der planetarischen Gefahren und Herausforderungen brauchen wir dringend entsprechende technologische Entwicklungen und Innovationen, um diese zu bewältigen und weitere Gefahren abzuwehren – damit es nicht, wie Martin Rees gemeint hat, unser letztes Jahrhundert wird“, sagte Hannes Androsch bei der Präsentation des Jahrbuchs zu den Alpbach Technology Symposium 2022, dessen Herausgeber er ist.
Das Thema des bereits zum sechsten Mal erscheinenden Jahrbuches „Discussing Technology“ lautet „KI in der Praxis / Applying AI“. Konkret geht es um die Anwendung von KI-Methoden in bestimmten Domänen und für spezifische Fragestellungen (in der Fachsprache „vertical AI“) – im Unterschied zu Algorithmen, die in vielen Bereichen einsetzbar sind („horizontal AI“) und in Richtung einer „Artificial General Intelligence“ (AGI) gehen.
Man muss die Möglichkeiten der neuen Methoden gezielt nutzen. Aber man muss vorsichtig sein und nicht jede neue Methode als Allheilmittel betrachten
Andreas Kugi
Methoden der KI sinnvoll eingesetzt werden können und welchen Nutzen man in den Bereichen Forschung, Technologie und Innovation daraus ziehen kann“, erläutert der wissenschaftliche Geschäftsführer des AIT Austrian Institute of Technology, Wolfgang Knoll, der gemeinsam mit seinem Kollegen in der AIT-Geschäftsführung, Anton Plimon, Mitherausgeber des Jahrbuchs ist. Dieser Beitrag des AIT Wissenschaftskommunikation stellt den wissenschaftlichen Auftakt zum Technology Symposium dar.
„Wenn von KI die Rede ist, meint man damit meist maschinelle Lernverfahren. Doch das ist eine verkürzte Sichtweise: Es gibt sehr viele KI-Methoden, die alle bestimmte Stärken und Schwächen haben“, sagte Martin Kugler, Wissenschaftskommunikator am AIT, der die Redaktion des Jahrbuchs übernommen hat. Anhand zahlreicher Beispiele wird gezeigt, wo wir bei der Anwendung von KI in verschiedenen Domänen derzeit stehen. Dies reicht von nützlichen Tools für unser Alltagsleben über den Einsatz im Gesundheitswesen und in der Stadtplanung bis hin zu Sprachalgorithmen und der Entwicklung (teil-)autonomer Maschinen, die eng mit dem Menschen zusammenarbeiten. Bei all diesen Beispielen, die unter anderem aus den Laboren des AIT und anderer heimischer Forschungsstätten stammen, wird deutlich, wie die unterschiedlichsten KI-Methoden nutzenstiftend angewendet werden können, wo ihre Grenzen liegen und in welchen Bereichen man besser auf ihren Einsatz verzichten sollte.
Ein problematischer Punkt sind insbesondere Anwendungen, bei denen es um Sicherheit geht – denn KI-Systeme liefern stets nur Wahrscheinlichkeiten, gibt der KI-Forscher und Datenanalytiker Ross King (AIT) zu bedenken: „Sicherheit passt nicht mit Wahrscheinlichkeitsaussagen zusammen. Ich bin sehr skeptisch bei sicherheitskritischen Anwendungen: Hier kann man den Menschen nicht komplett ersetzen.“ Dass man die Möglichkeiten von KI nicht überschätzen darf, betont auch der Automatisierungs-Forscher Andreas Kugi (TU Wien und AIT). „Man muss die Möglichkeiten der neuen Methoden gezielt nutzen. Aber man muss vorsichtig sein und nicht jede neue Methode als Allheilmittel betrachten.“
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Blickpunkt: KI in der Medizin
Künstliche Intelligenz soll menschliche Denkprozesse nachbilden und die Arbeit fast aller medizinischer Teilgebiete erleichtern. Doch was geht im Inneren eines KI-Algorithmus vor, worauf basieren seine Entscheidungen? Kann man einer Maschine gar eine medizinische Diagnose anvertrauen?
In der Forschung stellen KI-Methoden jedenfalls wertvolle neue Werkzeuge in der Toolbox der vorhandenen Methoden dar, streichen Kugi und King unisono hervor – das reicht von der automatischen Erkennung von Fake News oder Cyberangriffen bis hin zur Entwicklung von Robotern zur Reparatur defekter Geräte. Kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug ist KI auch für Martin Grödl und Moritz Resl: Sie setzen KI dafür ein, ihre künstlerischen Ideen auf innovative Art umzusetzen.
Dass durch KI-Methoden jedenfalls fantastische neue Möglichkeiten erwachsen, sieht auch die Wissenschaftsforscherin Helga Nowotny: „Wir stehen erst am Anfang des Potenzials von KI. Wir müssen erst lernen, die enormen Datenmengen, über die wir jetzt verfügen, besser zu nützen“, so Nowotny. Sie verspricht sich davon, kausale Zusammenhänge besser zu verstehen und dadurch zu lernen, unbeabsichtigte Folgen unseres Handelns früher zu erkennen und entsprechend anders zu handeln.
Bei der Einführung datenbasierter KI-Systeme gibt es immer auch Widerstände. Um eine Balance im Dilemma zwischen Privacy und Nutzen zu finden, schlägt die Stadt- und Mobilitätsforscherin Katja Schechtner (MIT, OECD) eine „risikogewichtete Regulierung“ vor. Überdies müsse man stets fragen, ob ein automatisches System etwas besser kann als der Mensch; wenn nicht, dann solle man ein neues System auch nicht installieren. Oder wie Andreas Kugi es ausdrückt: „Nicht jeder neue Besen kehrt immer und überall besser.“
Quelle: Austrian Institute of Technology
17.08.2022