Start-up entwickelt Schnelltest per Mikrochip

Quelle: Digital Diagnostics AG 

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Start-up entwickelt Schnelltest per Mikrochip

Das Mainzer Start-up Digital Diagnostics (digid) hat einen neuen Corona-Schnelltest entwickelt, der die Viren in nur fünf Minuten per Mikrochip identifiziert. Digid wurde von der norwegischen Diabetesfirma Lifecare zusammen mit der Berliner Investorenfirma IMS Capital Partners zu Beginn des Jahres in einem Joint Venture gegründet. Nun hat das junge Unternehmen zusammen mit einem hochrangigen Konsortium aus Virologen, Antikörperexperten, Digitalisierungsexperten, Pharmaunternehmen und Forschungslaboren die firmeneigene Technologie so adaptiert, dass sie für den Nachweis von Corona genutzt werden kann.

Sie basiert auf der Kerntechnologie Sencell, die die Diabetes-Firma Lifecare AS entwickelt hatte und die vom Mainzer Start-up ursprünglich zu einem digitalen Sensorpflaster zur Blutzuckerkontrolle weiterentwickelt werden sollte. "Wir können bei der Entwicklung unseres Schnelltests auf Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zurückgreifen, die wir bereits für unsere Biosensortechnologie zur Messung vielfältiger Biomarker erarbeitet haben. Deshalb benötigen wir auch keine Fördergelder für die Grundlagenforschung, da das Verfahren im Labormaßstab bereits zur Verfügung steht. Wir wollen einfach unser Wissen mit der Wissenschaft und der Industrie teilen", so Konstantin Kloppstech, Chief Technology Officer bei Digital Diagnostics AG.

Mikro-Elektro-Mechanisches System (MEMS)

Als das Unternehmen feststellte, dass die Sensortechnologie auch zum Nachweis von Corona-Infektionen einsetzbar ist, machte sich digid zusammen mit weiteren Partnern an die Arbeit. Ähnlich wie die standardmäßig eingesetzten PCR-Testverfahren erkennt der Antigen-Schnelltest eine akute Infektion, indem es das Virus direkt und mit einer hohen Genauigkeit im menschlichen Speichel nachweist. Das Prinzip funktioniert wie folgt: Der Abstrich einer Speichelprobe aus dem Rachen eines Menschen wird in eine chemische Lösung getaucht, um Viren auszuwaschen. Anschließend wird die Flüssigkeit auf einen Mikrochip analysiert, auf dem nanomechanische Federbalken aus Silizium integriert sind. Das sogenannte Mikro-Elktro-Mechanische System erkennt eine Biegung der hauchdünnen Federbalken bereits mit geringem Kraftaufwand, wodurch sie zu hochempfindlichen biochemischen Sensoren werden. Eine Veränderung der Oberflächenspannung führt dabei zu einem elektrischen Signal, das in eine "JA/Nein"-Antwort mit einem einfachen Lesegerät, dem sogenannten Sensor Hub, vor Ort innerhalb von fünf Minuten ausgelesen werden kann.

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"Das System bietet damit die Möglichkeit in Echtzeit neu entstandene regionale Hotspots der Virenberbreitung zu erkennen", so Kloppstech. Durch die Anbindung des digitalen Sensors an eine sichere Datenbank können Sensordaten zudem mit Geodaten verknüpft und für Großdatenanwendungen anonymisiert verarbeitet werden. Dies wiederum würde auch dabei helfen, regionale Hotspots präzise zu ermitteln, um neu auftretende Infektionsketten zu unterbinden und die Einschränkung der Bewegungsfreiheit flexibler zu begrenzen. Mirsad Devic, Chief Digital Officer bei digid sagt: "Wir haben bei der Entwicklung unserer Biosensortechnologie zur Messung vielfältiger Biomarker von Anfang an auf eine mit Hilfe von securePIM verschlüsselte und anonymisierte Anbindung an Datenbanken geachtet. Unser Ziel ist die Verknüpfung der Sensordaten mit künstlicher Intelligenz und Big Data." Auf Basis der ermittelten Daten können laut Firmenaussage die Daten in Echtzeit eine große Aussagekraft über den aktuellen Gesundheits- und Fitness-Status der getesteten Personen erlauben. Devic: "Diese Schnittstelle zu digitalen Anwendungen kommt jetzt aucch unserem Digid CantisenseTM SARS-CoV-2 Test zu Gute."

Zulassung beantragt

Das System bietet die Möglichkeit in Echtzeit neu entstandene regionale Hotspots der Virenberbreitung zu erkennen.

Konstantin Kloppstech

Laut Constantin von Gersdorff, CEO von digid, will das Unternehmen nun klinische Studien einleiten, um den Test im Regelbetrieb zu untersuchen. "Zu diesem Zweck haben wir bereits Kooperationen mit führenden Krankenhäusern in Europa, Afrika und Asien vereinbart", sagt von Gersdoff. Außerdem haben die Mainzer Jungunternehmer für das Digid-Testsystem, das nach ihren Aussagen in eine Westentasche passt, gerade eine Sonderzulassung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte beantragt. Bei der US-Behörde FDA wurde der Antrag auf Notfallzulassung bereits Ende Mai eingereicht. Um das Testsystem nach erfolgreicher Zulassung schnell in größerer Stückzahl produzieren zu können, hat digid unter anderem mit einem großen, noch nicht näher spezifizierten börsennotierten US-Unternehmen Verträge abgeschlossen. Laut digid soll der Test zum Listenpreis von rund 60 Euro angeboten werden. Dies entspricht der Höhe des Erstattungsbetrags, den die gesetzlichen Krankenkassen bisher den Laboren erstatten. Noch ist das System technisch aufwendig, weshalb nur medizinisches Fachpersonal den Test anwenden kann. Langfristig ist ein Einsatz für Jedermann zuhause geplant.

19.06.2020

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