Spezialisierte Generalisten gesucht
Herzlich willkommen zum RadiologieKongressRuhr, der in diesem Jahr in die siebte Runde geht. Es ist inzwischen eine schöne und gute Tradition, sich im Herbst zum größten radiologischen Fortbildungskongress Deutschlands in Bochum zu treffen.
Exzellente Referenten werden Sie, liebe Kongressteilnehmer, wieder praxisnah sowohl über ambulante als auch stationäre Aspekte der Radiologie informieren. Neben Altbewährtem gibt es in diesem Jahr auch neue Elemente, die Eingang in das Kongressprogramm gefunden haben. Daniela Zimmermann unterhielt sich im Vorfeld mit einem der Kongresspräsidenten, Prof. Dr. Gerald Antoch, über seine Ziele und Erwartungen an die Veranstaltung.
Herr Professor Antoch, welche Themen sind Ihnen beim diesjährigen Kongress besonders wichtig?
Es sind vor allem zwei Aspekte, die mir in diesem Jahr besonders am Herzen liegen. Zum einen ist das die Förderung und Rekrutierung von Nachwuchsradiologen. Zwar ist im Augenblick die Radiologie in Deutschland von der generellen Nachwuchsproblematik in der Medizin noch nicht so sehr betroffen, aber das wird sich ändern. An den Universitätskliniken können wir offene Stellen schnell besetzen, weil angehende Mediziner die Radiologie als ein attraktives Querschnittfach für sich entdecken, das planbarer ist als etwa ein chirurgisches Fach. So haben wir in der Radiologie weniger Nachwuchssorgen als andere Fächer, aber langfristig werden wir diese auch bekommen. Aufgrund des wirtschaftlichen Drucks bilden nichtuniversitäre Häuser immer weniger Radiologen aus, sondern stellen bevorzugt fertige Fachärzte ein. Die Anzahl der radiologischen Ausbildungsplätze wird folglich abnehmen, die Universitätskliniken werden die Ausbildung angehender Radiologen aber sicher nicht allein stemmen.
Was bietet der Kongress in Sachen Nachwuchsförderung?
Wie in den vergangenen Jahren auch, haben wir das Modul „Fit für den Facharzt“ im Programm, das sich als gezielte Vorbereitung auf die Facharztprüfung inzwischen sehr bewährt hat. Neu ist in diesem Jahr die Veranstaltung „Thoraxdiagnostik für den radiologischen Nachwuchs“ am Donnerstagnachmittag. Mit diesem Seminar wollen wir nicht nur Assistenzärzte, sondern auch Medizinstudierende höherer Semester aus der Region ansprechen und sie systematisch an die Befundung des Thorax heranführen. Das Röntgenbild der Lunge ist die klassische Röntgenuntersuchung, mit der jeder Mediziner regelmäßig konfrontiert wird. Wir haben viele leitende Radiologen in Praxis und Klinik angesprochen und hoffen, dass sie ihre Studierenden zur Teilnahme an der kostenlosen Veranstaltung freistellen. Natürlich wird auch an der Uni der Röntgenthorax gelehrt, aber nicht in dieser komprimierten Form: Von der Anatomie bis zu pathologischen Veränderungen wird unter Vorsitz von Prof. Dr. Christiane Kuhl und Prof. Dr. Lothar Heuser an diesem Nachmittag alles durchgearbeitet. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal des Kongresses. Von der Fortbildung abgesehen, machen wir damit auch gleichzeitig Werbung für unser Fach.
Sie sprachen von zwei Aspekten, die Ihnen besonders wichtig sind. Welcher ist der zweite?
Richtig, neben der Nachwuchsförderung liegt uns die Spezialisierung und Zertifizierung der Radiologen sehr am Herzen. Bereits im vergangenen Jahr hatten wir den Basiskurs „Neurointervention“ in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR) angeboten. In diesem Jahr haben wir zusätzlich in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Herz- und Gefäßdiagnostik in der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) einen Grund- und Aufbaukurs „Herz-MRT“ ins Programm aufgenommen. Beide Kurse bieten eine Vertiefung in einen Teilbereich der Radiologie, an deren erfolgreichem Ende eine Zertifizierung steht. Die Spezialisierung und der Nachweis dieses Wissens nach außen über eine Zertifizierung werden auch in einem Querschnittsfach wie der Radiologie immer wichtiger. So erfordert die Versorgung der verschiedenen medizinischen Disziplinen nicht nur ein breites, sondern auch ein in die Tiefe gehendes Wissen, um die Fragen des Überweisers im Detail zu beantworten. Neben der Außenwirkung gegenüber den Zuweisern, hat die Zertifizierung aber auch für den zertifizierten Arzt Vorteile, die man nicht unterschätzen sollte; sie ist ein Bewerbungsvorteil für Fachärzte und durchaus ein Auswahlkriterium für Chefärzte.
Auch auf dem Deutschen Röntgenkongress können Zertifizierungskurse besucht werden. Inwieweit ist dieser Kongress Vorbild für den RadiologieKongressRuhr?
Der RadiologieKongressRuhr ist kein „kleiner“ Deutscher Röntgenkongress, sondern eine Ergänzung. Anders als dieser, der in erster Linie wissenschaftlich ausgerichtet ist, machen wir in Bochum einen reinen Fortbildungskongress, der sich an Ärzte, Medizinisch-Technische Radiologieassistenten und Studierende richtet. Unser Zielpublikum und auch das Einzugsgebiet sind deshalb andere. Die Teilnehmer kommen überwiegend aus der Region Rhein-Ruhr mit ihrer großen Zahl von Krankenhäusern und Praxen. Auch aufgrund des gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehrs ist den Teilnehmern so eine kurze Anreise nach Bochum möglich. Viele Teilnehmer reisen täglich für den Kongress an und fahren am Abend wieder zurück. Auch wegen dieser zeitlichen Flexibilität haben wir einen hohen Anteil an Niedergelassenen unter den Teilnehmern, die den Kongress als Fortbildung nutzen. Das ist mit ein Grund, warum wir seit dem vergangenen Jahr zusätzlich zum Hauptprogramm einen Niedergelassenen-Workshop am Freitagnachmittag anbieten.
Der Niedergelassenen-Workshop mit einem Orthopäden hat beim letzten Mal großen Anklang gefunden. Mit welchen Fächern findet der interdisziplinäre Austausch in diesem Jahr statt? Und ist es nicht sinnvoll, diesen Programmpunkt auszubauen?
Ein Grund für das Angebot des Niedergelassenen-Workshops ist, dass sich das Indikationsspektrum in einer Praxis typischerweise vom Spektrum des Krankenhauses unterscheidet. In der Praxis gibt es beispielsweise mehr Knochen- und Gelenkfragestellungen. Ein Konzept mit interdisziplinären Vorträgen unter Einbindung des Hauptüberweisers bietet sich deshalb an. Der interdisziplinäre Austausch findet aber nicht nur im Niedergelassenen-Workshop statt, sondern auch im Rahmen des Hauptprogramms. So binden wir immer auch die Zuweiser in das Kongressprogramm ein. In diesem Jahr bieten wir zum Beispiel neben den radiologischen Aspekten des Rektumkarzinoms einen Vortrag über die chirurgischen Verfahren des Rektumkarzinoms an. Gerade diese Interdisziplinarität, der Austausch mit dem Zuweiser interessiert die meisten Teilnehmer sehr. An diesem bewährten Konzept wollen wir festhalten – es trägt maßgeblich zum Gelingen der Veranstaltung bei.
03.11.2014