© mapo – stock.adobe.com
News • Dysphagie-Screening-Tool
Schluckstörungen bei älteren Patienten: Einfacher Test hilft bei Diagnose
Schluckstörungen sind vor allem bei hospitalisierten geriatrischen Patienten weit verbreitet. Gute Diagnose-Tools gibt es allerdings nur wenige und diese wurden vor allem bei Schlaganfall-Patienten evaluiert – bis jetzt:
Die Arbeitsgruppe Dysphagie der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) hat einen einfachen Wasserschlucktest entwickelt – das sogenannte Dysphagie-Screening-Tool für geriatrische Patienten (DSTG) – dessen hohe Genauigkeit nun in einer Vergleichsstudie mit der etablierten endoskopischen Goldstandard-Methode FEES explizit belegt werden konnte.
Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachjournal BMC Geriatrics veröffentlicht. Das „Dysphagie-Screening-Tool Geriatrie“ (DSTG) ist unter diesem Link als PDF-Dokument abrufbar.
„Wir haben somit nun auch ein Screening-Instrument für hochaltrige Patienten, mit dem wir schnell und frühzeitig ein erhöhtes Risiko für Schluckstörungen erkennen können“, sagt Privatdozent Dr. Cornelius Werner, Leiter der DGG-Arbeitsgruppe Dysphagie sowie Chefarzt der Klinik für Neurologie und Geriatrie am Johanniter-Krankenhaus Stendal.
„Schlucken ist so lebenswichtig wie Atmen. Dieser Vorgang kann besonders häufig bei älteren Patienten gestört sein, weil es sehr viele ursächliche Erkrankungen gibt, die auch die Sicherheit und die Effizienz des Schluckens beeinträchtigen können. Schluckstörungen können wir allerdings nicht von außen beobachten – zudem berichten ältere Betroffene häufig auch nicht von ihrem Problem. Sie gewöhnen sich daran, dass sie sich ständig räuspern oder husten müssen oder dass sie gar ein, zwei Mal im Jahr mit einer Lungenentzündung im Krankenhaus landen“, unterstreicht der Experte die Problematik.
Mit der fiberendoskopischen Schluckuntersuchung, kurz FEES, habe sich zwar ein endoskopisches Diagnose-Verfahren etabliert. Wenn man sich allerdings vor Augen führe, dass schätzungsweise 30%-40% der über 80-Jähigen mutmaßlich Schluckstörungen haben, sei klar, dass nicht alle einer endoskopischen Untersuchung zugeführt werden können. „In der vorgelegten Vergleichsstudie konnte nun nachgewiesen werden, dass sich der DSTG-Wasserschlucktest sehr gut als Untersuchungsalternative eignet”, erklärt Werner. Das wissenschaftliche Papier wurde veröffentlicht von den Altersmedizinern Professor Ulrich Thiem, Chefarzt der Medizinisch-Geriatrischen Klinik am Albertinen-Krankenhaus und Albertinen-Haus in Hamburg, Dr. Martin Jäger, Ärztlicher Direktor der Geriatrie am Hüttenhospital in Dortmund, Dr. Holger Stege, Leiter der geriatrischen Tagesklinik am Universitätsklinikum Ruppin-Brandenburg in Neuruppin, und Professor Rainer Wirth, Direktor der Klinik für Altersmedizin und Frührehabilitation am Marien Hospital Herne.
Obwohl der Test einfach durchzuführen ist und seit seiner Entwicklung vor drei Jahren in vielen Kliniken bereits angewendet wird, könnte die Anwendung noch häufiger sein
Cornelius Werner
An der durchgeführten Studie nahmen 53 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 85 Jahren in fünf geriatrischen Kliniken in Deutschland teil. Nacheinander wurden sie sowohl mit dem DSTG als auch mit der FEES in zufälliger Reihenfolge und von verschiedenen Experten untersucht, die für die Ergebnisse der jeweils anderen Untersuchung blind waren. Dabei stellte sich heraus, dass das DSTG ein valides Instrument für das Screening der oropharyngealen Dysphagie, also Schluckstörungen im Mund-Rachen-Bereich, zu sein scheint. „Damit haben wir unsere Vermutung bestätigt, dass ein einfach durchzuführender Screening-Test auch bei geriatrischen Patienten valide Ergebnisse erzeugt. Diese neue Validierungsstudie erlaubt es also, das Screening-Tool guten Gewissens in der Breite einzusetzen”, so Werner. Der Test sei kurz und sehr pragmatisch in wenigen Handgriffen durchführbar, auch durch das Pflegepersonal.
Nach der Veröffentlichung der Studienergebnissen geht es nun darum, das „Dysphagie-Screening-Tool Geriatrie“ als Standardinstrumentarium der deutschen Geriaterinnen und Geriater zu etablieren. „Obwohl der Test einfach durchzuführen ist und seit seiner Entwicklung vor drei Jahren in vielen Kliniken bereits angewendet wird, könnte die Anwendung noch häufiger sein. Schließlich kann dieser einfache Test potenziell Leben retten. Deswegen werden wir zusätzlich noch in diesem Jahr ein unterstützendes Lehrvideo produzieren, das die breitere Anwendung des lebenswichtigen Tools in der Geriatrie unterstützen soll“, erklärt Werner.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Geriatrie
04.04.2024