Qualifizierte Anästhesie verhindert Komplikationen
Operationen unter Allgemeinanästhesie oder Regionalanästhesie sind in den vergangenen Jahrzehnten erheblich sicherer geworden. Qualifizierte, sichere Anästhesie senkt auch die Sterblichkeit bei operativen Eingriffen, betont die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI).
Doch die zu behandelnden Patienten werden immer älter und haben oft schwere Begleiterkrankungen. Darüber hinaus nehmen Ärzte heutzutage Eingriffe vor, die noch vor einigen Jahren als unmöglich galten. Daher müsse man sich erneut auf einen leichten Anstieg der Sterberate bei Operationen einstellen.
Um 1940 starben bei 100 000 Operationen unter regionaler Betäubung oder Narkose noch durchschnittlich 6,4 Patienten. Seitdem sank dieser Anteil bei Menschen ohne schwere Vorerkrankung um mehr als 90 Prozent auf 0,4. Seit einigen Jahren verzeichnen Mediziner weltweit wieder eine Zunahme der Mortalität bei Operationen. Dies liege jedoch nicht an einer mangelnden Qualität der Anästhesien, betont DGAI-Generalsekretär Professor Dr. med. Hugo Van Aken. Im Gegenteil: Es ist ein Zeichen für die hohe Leistungsfähigkeit der heutigen Anästhesiologen. „Denn einerseits nimmt die moderne Medizin heute Operationen vor, die früher gar nicht denkbar waren. Dies ist oft dank hoch entwickelter anästhesiologischer Methoden erst möglich“, begründet der Direktor der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin der Universitätsklinik Münster. Zudem steige der Anteil älterer, multimorbider Patienten erheblich.
Dies bestätigen auch Zahlen des Statistischen Bundesamts. Für diese Patienten hätte eine Operation noch vor wenigen Jahren ein zu großes gesundheitliches Risiko dargestellt: Je älter ein Mensch ist, desto eher leidet er an schweren Vorerkrankungen wie etwa Herzschwäche oder starkem Bluthochdruck. Sie erhöhen das Risiko eines Eingriffs für den Patienten.
Insbesondere diese vorerkrankten Patienten sind dringend angewiesen auf qualitativ hochwertige ärztliche Versorgung bei Operationen. Studien zufolge sinkt das Risiko für Komplikationen im OP deutlich, wenn ein Anästhesist direkt verfügbar ist. Folgerichtig entschied der Bundesgerichtshof, dass eine Anästhesie nur von einem Anästhesisten vorgenommen werden darf. „Eine gute anästhesiologische Versorgung kann erwiesenermaßen viele Komplikationen verhindern“, mahnt Professor Van Aken. „Angesichts des wachsenden Anteils mehrfach erkrankter Patienten müssen wir die Ausbildung der Anästhesisten weiter optimieren. Das betrifft sowohl die Weiterbildung zum Facharzt als auch die kontinuierliche Fortbildung, etwa in Form regelmäßiger Sicherheitstrainings.“
Erst kürzlich veröffentlichte die Europäische Gesellschaft für Anästhesiologie (ESA) in der Erklärung von Helsinki ein Maßnahmenpaket, das die Sicherheit bei Operationen weiter verbessern soll. Auch die DGAI hat es unterzeichnet und setzt sich dafür ein, dass Anästhesisten in Deutschland es umsetzen.
Quelle: Gottschalk A, Van Aken H, Zenz M, Standl T: Is anesthesia dangerous? Dtsch Arztebl Int 2011;108
28.06.2011