Protein-Test statt Blasenspiegelung

Die Heidelberger Firma Sciomics, eine Ausgründung von Wissenschaftlern des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), hat ein Verfahren entwickelt, das nach einer Blasenkrebs-Operation ein Wiederauftreten des Tumors vorhersagen kann. Bei der Mehrzahl der Patienten können häufige Blasenspiegelungen somit vermieden werden.

Mit Microarrays suchen Wissenschaftler nach Proteinen, die sich bei Patienten...
Mit Microarrays suchen Wissenschaftler nach Proteinen, die sich bei Patienten und gesunden Personen unterscheiden.

Das Verfahren zeigt die Proteinzusammensetzung im Krebsgewebe, das während der Operation entnommen wurde. Der Test weist krebsrelevante Proteine nach, die im Verdacht stehen, einen Rückfall zu begünstigen und erlaubt so eine Prognose.

Bei etwa 60 Prozent der Blasenkrebs-Patienten, deren Tumor noch nicht in das Muskelgewebe der Blase eingedrungen ist, kehrt der Krebs trotz erfolgreicher Operation innerhalb von fünf Jahren wieder. „Die Patienten müssen deshalb alle drei Monate zur Blasenspiegelung. Wir wollten einen Weg finden, den Patienten diese unangenehme Untersuchung zu ersparen und gleichzeitig Kosten zu senken“, sagt Dr. Christoph Schröder, Forscher am DKFZ und Geschäftsführer der Sciomics GmbH. Für die Studie haben die Wissenschaftler Krebsgewebe von Patienten untersucht, die fünf Jahre nach dem Eingriff gesund blieben, und mit Material von Patienten verglichen, die einen Rückfall erlitten haben. Von 725 Proteinen aus dem Krebsgewebe zeigten mehr als ein Viertel deutliche Unterschiede zwischen den beiden Patientengruppen. „Wir haben 255 Proteine identifiziert, die im Tumor entweder sehr stark oder schwach ausgeprägt waren“, so Schröder. Damit ließen sich die Krebserkrankungen in Gruppen einteilen. Eine Auswahl von 20 Proteinen soll in Zukunft sehr genau vorhersagen können, wie wahrscheinlich ein Rückfall ist.

„Die Ergebnisse sind vielversprechend. Wir wollen die Studie jetzt auf mehrere hundert Patienten ausweiten und hoffen, dass wir die Ergebnisse bestätigen können“, erklärt Dr. Jörg Hoheisel, Abteilungsleiter am DKFZ. Bis zur klinischen Anwendung sei es allerdings noch ein weiter Weg, denn die neue Studie müsse mindestens weitere fünf Jahre laufen, um den Krankheitsverlauf lang genug verfolgen zu können, sagt Hoheisel weiter.

Das Verfahren beruht auf Antikörper-Microarrays. Diese bestehen aus tausenden sehr kleinen Feldern, die nach einem festen Raster angeordnet sind. In jedem Feld wird ein Antikörper fixiert. Passgenaue Proteine binden dann an die Antikörper, können sich nicht mehr von der Trägerplatte des Microarrays lösen und laufen den Forschern gewissermaßen in die Falle. So lassen sich tausende Kombinationen von Antikörpern und Proteinen gleichzeitig testen. Mittels Laser und Farbreaktion werden die Proteine sichtbar gemacht. Dadurch erkennen die Forscher, welche Proteine in welcher Menge in der Probe vorliegen.

Mit Microarrays suchen Wissenschaftler nach Proteinen, die sich bei Patienten und gesunden Personen unterscheiden oder in verschieden Patientengruppen unterschiedlich häufig vorkommen. Solche Unterscheidungsmerkmale können als Biomarker zur Diagnose oder Vorhersage des Krankheitsverlaufs herangezogen werden, um dann eine erfolgversprechende Therapie auszuwählen.

Anwendungen von Antikörper-Microarrays sind nicht nur auf die Krebsforschung beschränkt und kommen neben der Prognose auch für die Diagnose in Frage. „Wir können mit der Methode auch andere krankhafte Veränderungen nachweisen und das zum Teil sehr früh“, sagt Schröder. Eine frühere Studie zeige bereits, dass auf diese Weise verschiedene Typen von Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert werden könnten, so Schröder. „Ein laufendes Projekt deutet außerdem darauf hin, dass wir mit dem Verfahren das Risiko für akutes Nierenversagen bereits vor einer Herz-OP oder Lungentransplantation vorhersagen können. Das ist wichtig, denn das Risiko liegt bei bis zu 50 Prozent“, ergänzt Hoheisel.

25.06.2014

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