Notfall deckt Defizite in der ärztlichen Versorgung von Kindern auf
Das schmerzhafte Schicksal eines Dreijährigen sorgt für Erschrecken beim Aktionskomitee Kind im Krankenhaus Bundesverband e.V. (AKIK). Erst nach einer fast vierstündigen Irrfahrt der Eltern zu verschiedenen medizinischen Einrichtungen konnte dem kleinen Kind aus der Nähe von Bonn eine verschluckte Fischgräte entfernt werden. Die aufgesuchten Ärzte waren entweder nicht in der Lage oder aus Abrechnungsgründen nicht Willens, den jungen Patienten von der äußerst schmerzhaften Last zu befreien.
"Glücklicherweise ist der Junge wieder wohlauf. Der Fall demonstriert aber ein offenbar grundsätzliches Problem der ärztlichen Notversorgung von Kindern in Deutschland", so Julia von Seiche, Sprecherin des AKIK-Bundesverbandes. Die ausgedünnte Personalausstattung einer nahen Kinderstation und eine untaugliche Honorarregelung für Notfallmediziner haben in diesem Fall wohl das Leiden unnötig verlängert. Gemäß einer Forderung des AKIK müsse die Politik endlich eine sichere kindgerechte Erstversorgung ermöglichen, damit Fälle wie der des Dreijährigen zukünftig der Vergangenheit angehören.
Den Schilderungen der Eltern zufolge sei der diensthabende Kinderarzt einer nahen Kinderstation nicht in der Lage gewesen, ihrem Kind zu helfen. Wie sich später bei der erfolgreichen Behandlung durch eine routinierte Kinderärztin herausstellte, fehlte dem jungen Mediziner möglicherweise die erforderliche Erfahrung. Laut AKIK könne man dem jungen Arzt kaum einen Vorwurf machen, wohl aber den Verantwortlichen, die solche Missstände aus Gründen der Ersparnis ermöglichen. "Mit einem dienstälteren Kollegen an der Seite hätte der Junge nicht weitergeschickt werden müssen", ist Julia von Seiche überzeugt.
So mussten die Eltern ihre Odyssee zu einem Notfallmediziner in der nächsten Stadt fortsetzen. Dieser habe jedoch eine Behandlung abgelehnt, da er dafür kein Honorar erhalte. Der Wohnsitz der Familie befinde sich außerhalb seines Zuständigkeitsgebietes. "Ohne eine moralische Wertung dieses Verhaltens abzugeben ist es umso wichtiger, die richtigen Anreize für eine schnellst- und bestmögliche Behandlung von Kindern zu schaffen", so von Seiche weiter.
Als Lösungsvorschlag verweist sie auf eine der langjährigen Forderungen des
AKIK: Nach dieser sollen Gesundheitskosten für Kinder- und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr aus Steuermitteln finanziert werden. Damit könne auch die gängige Praxis der Honorarregelung für Notfallmediziner neu geregelt werden. Auswüchse wie im geschilderten Fall dürften sich so nicht wiederholen.
AKIK: Der AKIK-Bundesverband und seine Ortsgruppen setzen sich für die bestmögliche medizinische, pflegerische, therapeutische, pädagogische und psychosoziale Behandlung akut und chronisch-kranker Kinder im Krankenhaus ein. Der AKIK verfasste zusammen mit anderen europäischen Schwesterverbänden die EACH (European Association for Children in Hospital)-Charta. Darin werden basierend auf entsprechenden Artikeln der UN-Kinderrechtskonvention in zehn Punkten die Rechte von kranken Kindern im Krankenhaus und deren Umsetzung beschrieben.
06.07.2009