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Artikel • Nachhaltigkeit beim RÖKO digital
MRT: Schnellere Scans mit weniger Energie dank KI
Unter dem Motto „Ist ökologisch auch ökonomisch“ lud die Deutsche Röntgengesellschaft im Rahmen des RÖKO digital zu einem Webinar ein. Vier Experten diskutierten darüber, wie man mit künstlicher Intelligenz (KI) den Energieverbrauch reduzieren kann und stellten sich die Frage, ob der Trend zu immer schnelleren und besseren Magnetresonanztomographen der richtige ist.
Artikel: Sonja Buske
„Ein durchschnittlicher MRT-Scanner verbraucht pro Jahr knapp 60 Tonnen CO2.“ Mit dieser Aussage eröffnete Dr. Daniel Truhn, Radiologe und Physiker aus Aachen, die Veranstaltung, und schob direkt Vergleichswerte hinterher: „Ein durchschnittlicher EU-Bürger hat einen CO2-Fußabdruck von 7 Tonnen pro Jahr, und auf einem Flug von München nach New York wird 1 Tonne CO2 pro Passagier verbraucht.“
Brauchen wir also wirklich immer neuere Geräte, und ist ein 3T-MRT wirklich besser? Wenn kleinere Geräte mit KI schneller werden können, sollten wir das wirklich ernsthaft hinterfragen
Saif Afat
PD Dr. Saif Afat, Oberarzt der Radiologie am Universitätsklinikum Tübingen, stellte daraufhin die Frage, wie man die MRT nachhaltiger gestalten kann, und ob neue Technologien den Stromverbrauch verringern können. Er hob die Vorteile des Low-Field-MRT hervor, das mit geringeren laufenden Kosten und auch geringeren Installationskosten überzeugt. Auf der anderen Seite dauern die Scans in einem MRT mit 0,5 Tesla länger und die Bildqualität ist schlechter. Sein Team in Tübingen hat daher untersucht, ob durch den Einsatz von Deep Learning (DL) Sequenzen der Energieverbrauch reduziert und die Untersuchungen beschleunigt werden können. Dafür wurden Protokolle von Hüfte, Knie, Wirbelsäule und Schulter verglichen. „Die DL-Sequenzen waren signifikant niedriger im Verbrauch im Vergleich zu den Standardsequenzen“, konnte Afat berichten. Insgesamt kam sein Team auf eine Verbrauchsreduktion von 72% bei den vier Körperbereichen. Die Untersuchung des Knies konnte zudem dank DL von fast drei Minuten auf gut eine Minute reduziert werden. Noch deutlicher waren die Ergebnisse bei den Schulter-Scans. Hier betrug die Zeitersparnis ganze sechs Minuten. Mit Blick auf den Fachkräftemangel stellte Afat in Aussicht, dass KI dazu beitragen könne, Personal zu entlasten. Allein für die Radiologie stünden 531 FDA-zugelassene KI-Tools zur Verfügung.
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Neu ist nicht immer auch besser
„Brauchen wir also wirklich immer neuere Geräte, und ist ein 3T-MRT wirklich besser?“, stellte Afat die Frage in die Runde. Die Antwort gab er sich direkt selbst: „Wenn kleinere Geräte mit KI schneller werden können, sollten wir das wirklich ernsthaft hinterfragen.“ Die Radiologin Dr. Isabelle Redenius aus Braunschweig ergänzte: „Wir brauchen eine Bildgebung, die den Patienten und den Behandler weiterbringt. Dafür ist nicht immer das neueste MRT notwendig.“ Sie plädierte aber auch dafür, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass auch KI CO2 verbraucht. Ziel sei es, mit KI effizienter zu werden, dann sei der Einsatz auch vertretbar.
Im Idealfall sollte direkt beim Kauf darauf geachtet werden, wie nachhaltig ein Gerät ist. Afat wünscht sich, dass MRTs künftig, ähnlich wie Kühlschränke, eine Energieeffizienzklasse bekommen. Die Medizinphysikerin Dr. Kerstin Jungnickel empfahl, bei Ausschreibungen zudem ein nachhaltiges Leistungsverzeichnis hinzuzuziehen.
25.06.2024