ai-generated image of power hungry mri or ct radiology imaging scanner
Bildgebende Systeme zeichnen sich oft durch ihren hohen Stomverbrauch aus. Erste Maßnahmen für eine bessere Energiebilanz sind bereits verfügbar, doch es gibt noch viel Luft nach oben.

Bildquelle: PD Dr. Tobias Heye (generiert mit KI; Midjourney)

Artikel • Energie- und Ressourcenmanagement in der diagnostischen Bildgebung

Stromfressern in der Radiologie den Stecker ziehen

Moderne Bildgebungssysteme liefern zwar schnelle, hochaufgelöste Aufnahmen, diese Vorzüge werden aber fast immer mit hohem Stromverbrauch – zunehmend teuer – erkauft. Energie- und Ressourcenmanagement wird daher in der Radiologie immer wichtiger. Dr. Kerstin Jungnickel berichtete auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinphysik (DGMP) über den Verbrauch von CT- und MRT-Scannern, wie die Industrie ihre Energiebilanz verbessern kann, und welche Rolle dabei den Klinikern zufällt.

Bericht: Wolfgang Behrends

portrait of kerstin jungnickel
Dr. Kerstin Jungnickel

Foto: zvg

Mit dem Anstieg der Strompreise vor etwa anderthalb Jahren hat auch in der Radiologie ein Umdenken stattgefunden, weiß die Expertin zu berichten: „Zuvor hatte das Thema keine hohe Priorität; der Fokus lag eher auf einer möglichst guten Bildqualität, schnelleren Gradienten in der MRT-Bildgebung oder mehr Zeilen beim CT. Diese Funktionen gehen jedoch fast immer mit einem höheren Energiebedarf einher, und mittlerweile macht sich das deutlich auf der Stromrechnung bemerkbar.“ Auch der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle, denn dass die bildgebende Diagnostik mit ihren Großgeräten zu den bedeutenden Verursachern von CO2-Emissionen im Gesundheitswesen zählt, ist mittlerweile auch zu vielen Radiologen vorgedrungen. „Hier gibt es inzwischen ein merklich höheres Bewusstsein für das Thema. Viele Kolleginnen und Kollegen wollen wissen, wie viel Energie sie eigentlich im Betrieb verbrauchen.“ 

Insbesondere die mit jeweils etwa 3000 Systemen in Deutschland vertretenen CT- und MRT-Scanner fallen hier ins Gewicht. „Ein CT verbraucht im Jahr ungefähr fünfmal so viel Strom wie ein Vier-Personen-Haushalt – und ein MRT nochmal das Vier- oder Fünffache davon“, ordnet Jungnickel ein. „Von daher haben wir hier ein enormes Potenzial, den Energieverbrauch zu senken.“ 

Das zeigt sich etwa in der Computertomographie, erklärt die Medizinphysikerin: CT ist eine sehr schnelle Bildgebung – das heißt, es gibt im Tagesbetrieb selbst bei guter Auslastung lange Phasen, in denen sich der Scanner im Wartezustand befindet. „In diesem Modus ist der Stromverbrauch allerdings unnötig hoch. Insgesamt ist der CT ungefähr zwei Drittel seiner Betriebszeit in diesem Zustand.“

Entdecke die (Energiespar-)Möglichkeiten

Diese Entwicklungen haben auch die Hersteller bildgebender Systeme zu einem Umdenken veranlasst. Viele Firmen werben inzwischen mit nachhaltiger Herstellung oder stromsparenden Betriebsmodi ihrer Scanner. Auch ältere Geräte lassen sich in vielen Fällen nachrüsten. Ein guter Ansatz, dem es in der Praxis jedoch oft an der nötigen Nutzerfreundlichkeit fehlt, gibt Jungnickel zu bedenken: „Die Industrie hat bereits gute Lösungen im Portfolio, darunter auch neue, effektive Energiesparmodi. Das Problem dabei ist leider oft, dass diese Optionen nicht standardmäßig aktiv sind; sie müssen erst von den Technikern eingeschaltet werden.“ Gemeinsam mit der DGMP appelliert sie daher an die Hersteller, ihre stromsparenden Standby-Optionen nicht in den Untermenüs der Bedienpanel zu verstecken, sondern im Idealfall ab Werk scharfzuschalten. „Es sollte nicht nur mit dem nachhaltigen Betriebsmodus geworben, sondern auch dafür gesorgt werden, dass er tatsächlich flächendeckend eingesetzt wird.“ 

Jungnickel sieht allerdings auch die Anwender in der Pflicht, den CO2-Abdruck ihrer Geräte klein zu halten: „Auch wir können hier einiges tun. Natürlich muss ein CT in der Notaufnahme immer betriebsbereit sein. Aber wenn es in anderen Abteilungen weitere Scanner gibt, die etwa am Wochenende nicht genutzt werden, dann sollten diese auch abgeschaltet werden – doch das wird häufig nicht getan.“ 

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Auch für die MRT-Bildgebung ist eine Optimierung der Energiebilanz möglich – hier verfolgen Forschung und Industrie jedoch einen anderen Ansatz, erklärt die Expertin: „Im Gegensatz zur CT dauert ein Scan in der MRT deutlich länger, es geht also darum, die Protokolle und ihre Sequenzen zu verkürzen. Das würde nicht nur den Energieverbrauch verringern, sondern hätte auch Vorteile für die Patienten – denn natürlich liegt niemand gerne lange in dieser Röhre.“ Damit die verkürzte Scandauer nicht zulasten der Bildqualität geht, setzen Hersteller zunehmend auf Künstliche Intelligenz (KI), die die Berechnung der Bilder beschleunigt.

Hilfestellung mit CO₂-Rechnern und Messgeräten

Ob aus Gründen der Nachhaltigkeit oder aus Angst vor der nächsten Stromrechnung – die DGMP möchte das zunehmende Interesse der Kliniken und Praxen an energiesparenden Maßnahmen mit dem Projekt ‚DGMP goes Green‘ unterstützen. So bietet der Arbeitskreis etwa einen CO2-Rechner für Kliniken und Praxen an, um das Einsparpotenzial auszuloten. „Dabei geht es nicht darum, die CO2-Emissionen in eine Zahl zu gießen, sondern die Berechnung ist verbunden mit einer Handlungsempfehlung“, führt Jungnickel aus. So erfahren Nutzer etwa, wie stark sich ein energiesparender Stand-By-Modus auf die Öko-Bilanz ihrer Abteilung auswirkt. 

Darüber hinaus hält die DGMP-Arbeitsgruppe spezielle Messgeräte zum Verleih vor, mit denen sich die Energieersparnis vor und nach der Umsetzung entsprechender Maßnahmen erfassen lässt. „Das generiert Evidenz dafür, was sich einsparen lässt – und mit diesen Zahlen lässt sich erfahrungsgemäß auch die Geschäftsführung einer Klinik dazu animieren, über das Thema nachzudenken.“ 

Effektives Energiemanagement beginnt bereits bei der Gebäudeplanung

Wenn man die überschüssige Wärme aus dem MRT abführen und damit heizen könnte, dann wäre das ein enormer Gewinn für die Energiebilanz. Dafür müssen aber alle an einem Strang ziehen – Radiologen, Gebäudemanager, Klinikleitung

Kerstin Jungnickel

All diese Maßnahmen seien zwar wichtig für die Reduzierung des klinischen Energieverbrauchs, betont die Expertin, doch für die entscheidenden Veränderungen sei ganzheitliches Denken gefragt: „Im Idealfall muss dieser Aspekt von Anfang an mitgeplant werden. Das betrifft den Kauf neuer Geräte genauso wie den Neubau oder die Sanierung an den Standorten.“ Beispiel MRT: Rund 40% des Stromverbrauchs werden hier für die Kühlung der Systeme aufgewendet1 – „Wenn man die überschüssige Wärme aus dem MRT abführen und damit heizen könnte, dann wäre das ein enormer Gewinn für die Energiebilanz. Dafür müssen aber alle an einem Strang ziehen – Radiologen, Gebäudemanager, Klinikleitung“, lautet ihr abschließender Appell. 


Profil: 

Dr. rer. nat. Kerstin Jungnickel ist Medizinphysik-Expertin am Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie im Klinikum Magdeburg und kommissarische Leiterin des Fachbereichs Röntgenbildgebungsverfahren im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Physik (DGMP).


Literatur:

  1. Heye T et al.; The Energy Consumption of Radiology: Energy- and Cost-saving Opportunities for CT and MRI Operation; Radiology 2020

04.12.2023

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