Onkologische Kooperation

Mit EIBALL Imaging Biomarker Aktivitäten bündeln

„Auf dem Gebiet des Imaging geht der Trend immer mehr in Richtung Quantifizierung“, konstatiert Univ.-Prof. Dr. Siegfried Trattnig, medizinischer Leiter des High Field MR Centre (HFMRC) der Medizinischen Universität Wien: „Früher waren die Befunde der Radiologen subjektive, qualitative Befunde, die anhand von Signalintensitäten oder Grauwerten erstellt wurden.“ Heute hingegen stehen in der Bildgebung messbare und miteinander vergleichbare Parameter mit diagnostischer Aussagekraft zur Verfügung: „Biomarker spielen in den letzten Jahren im Imaging-Bereich eine immer größere Rolle“, unterstreicht Trattnig.

Report: Michael Krassnitzer

Sodium cartilage transplant: a morphological MR image of a cartilage transplant...
Sodium cartilage transplant: a morphological MR image of a cartilage transplant (arrows indicate the boundaries) on the left, a proteoglycan-specific contrast enhancement (centre) and a sodium MR image that is also proteoglycan-specific (right). Sodium imaging can quantify the proteoglycan concentration, which is relevant since proteoglycan plays an important role for the biomechanical functioning of the cartilage transplant.
Univ.-Prof. Dr. Siegfried Trattnig, medizinischer Leiter des High Field MR...
Univ.-Prof. Dr. Siegfried Trattnig, medizinischer Leiter des High Field MR Centre (HFMRC) der Medizinischen Universität Wien.
Quelle: MedUni Wien/Hammerschmidt

ECR 2016 - Don't miss
Thursday, March 3, 16:00–17:30, Room F1.
An introduction to European Imaging Biomarkers Alliance (EIBALL)


Imaging Biomarker gibt es bei allen Modalitäten. Das einfachste Beispiel für einen Imaging Biomarker in der Bildgebung ist die exakte Messung von Größe oder Volumen eines Tumors mittels Computertomographie. Aber auch in der Spektroskopie und in der Nuklearmedizin gibt es Parameter, die gemessen werden können. So kommt es bei Tumoren zu Veränderungen in der Zellmembran, bei denen das Stoffwechselprodukt Cholin eine wichtige Rolle spielt. Ein mittels Spektroskopie feststellbarer Anstieg von Cholin innerhalb eines Gewebes ist daher ein Hinweis auf eine bösartige Erkrankung. Auch in der Nuklearmedizin gibt es Tracer, die hochspezifisch an bestimmten Stoffwechselprodukten andocken.

In der Magnetresonanztomographie (MR), Trattnigs Spezialgebiet, werden die T1- und T2-Relaxationszeiten sowie die ADC-Werte gemessen. „Die Diffusions-Eigenschaften von gesundem Gewebes unterscheiden sich nämlich auf molekularer Ebene deutlich vom krankhaften Gewebe“, erläutert Trattnig. Befinden sich in einem Gewebe viele Zellen, ist die Wasserbeweglichkeit eingeschränkt, befinden sich dort nur wenige Zellen, so ist die Beweglichkeit höher: „Weil ein Tumor aus viel mehr Zellen besteht als gesundes Gewebe, sind seine Diffusionseigenschaft gänzlich anders und man kann Veränderungen früher erkennen als auf rein morphologischem Weg.“

Unter maßgeblicher Beteiligung von Trattnigs MR-Hochfeldzentrum in der österreichischen Hauptstadt Wien wird derzeit an der sogenannten Natriumbildgebung gearbeitet. Diese basiert auf dem Faktum, dass die Natrium-Kalium-Pumpe bei gesunden Zellen dafür sorgt, dass der Natriumgehalt innerhalb der Zellen gering und extrazellulär deutlich höher ist. Wenn eine Zelle entartet, gehört die Ionenpumpe zu den ersten Elementen der Zelle, die in Mitleidenschaft gezogen wird: In Tumorzellen liegt der Natriumgehalt deutlich höher als in gesunden. Mit einer noch in Entwicklung begriffenen MR-Methode können nun intrazelluläres und extrazelluläres Natrium differenziert werden. „Auf diese Weise haben wir die Chance, die frühesten Stadien einer Krebserkrankung auf zellulärer Ebene zu erfassen und zu messen“, sagt Trattnig. Dies könnte künftig zum Beispiel in der Brustkrebstherapie von großer Bedeutung sein: Mit der bisherigen Bildgebung dauert es vier bis sechs Wochen, bis man erkennen kann, ob eine Patientin auf eine Chemotherapie anspricht oder nicht. Mit der neuen Methode jedoch lässt sich bereits nach wenigen Tagen feststellen, ob es sich bei der Patientin um einen Responder handelt oder nicht.  

Um diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen, hat die European Society of Radiology ESR ihre Aktivitäten auf diesem Gebiet vor einem Jahr neu ausgerichtet. Die bis dahin auf mehrere Subcomittees und Working Groups verstreuten Aktivitäten in Sachen Imaging Biomarker wurden in einer Einheit zusammengefasst: in der European Imaging Biomarker Alliance (EIBALL). „Unser Ziel ist es, Imaging Biomarker in die klinische Anwendung zu bringen“, erklärt Trattnig, der Chairperson der EIBALL ist.

EIBALL legt großen Wert auf die Kooperation mit anderen Organisationen. Eine davon ist die Quantitative Imaging Biomarker Alliance (QIBA), die in den USA schon seit neun Jahren alle Aktivitäten auf dem Gebiet Biomarker Imaging koordiniert. „Die QIBA hat die technische Entwicklung vorangetrieben und viele standardisierte Parameter entwickelt.“, erläutert Trattnig: „Große Multicenter-Studien, in denen diese Parameter miteinander verglichen werden, sind aber in den USA aus bürokratischen Gründen kaum möglich. In Europa sind die Voraussetzungen, um Biomarker in großen klinischen Studien einzusetzen, wesentlich besser.“

Zu diesem Zweck kooperiert EIBALL eng mit der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC), die alle großen onkologischen europäischen Multicenter-Studien koordiniert. „Mangels Standardisierung wurde der Bereich des Imaging von den onkologischen Gesellschaften bis vor kurzem nicht berücksichtigt. Jetzt aber haben wir es geschafft, dass Radiologen in den disease-oriented groups der EORTC sitzen“, freut sich Trattnig. Somit hat die Radiologie beim Design solcher Studien erstmals ein Wörtchen mitzureden und es können Imaging Biomarker in großen Studien untergebracht werden.

 

PROFIL:
Univ.-Prof. Dr. Siegfried Trattnig ist Professor für Radiologie mit besonderem Schwerpunkt Hochfeld-MR an der Medizinischen Universität Wien. Seit dem Jahr 2000 ist er Medizinischer Leiter des Hochfeld-MR-Forschungsscanners und seit seiner Gründung im Jahr 2003 auch des High Field MR Centre (HFMRC) der MedUni Wien. Trattnig ist Mitglied in mehr als 50 Kommitees in allen wichtigen internationalen radiologischen, orthopädischen und MR-Gesellschaften. Seit ihrer Gründung im Vorjahr ist der gebürtige Kärntner Chairperson der European Imaging Biomarker Alliance (EIBALL). 

29.02.2016

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