Ultraschall

Mehrlingsschwangerschaften

Ultraschall ist das Hauptinstrument zur Überwachung von risikoreichen Schwangerschaften.

Am TOPS-Bild (Twin-Oligohydramnios- Polyhydramnios- Sequence) ist ein Fall mit...
Am TOPS-Bild (Twin-Oligohydramnios- Polyhydramnios- Sequence) ist ein Fall mit FFTS dargestellt – also die beiden Fruchthöhlen mit Polyhydramnion bzw. Oligohydramnion.
Quelle: Assoz. Prof. PD Dr. Philipp Klaritsch
Assoz. Prof. PD Dr. Philipp Klaritsch
Assoz. Prof. PD Dr. Philipp Klaritsch
Quelle: Assoz. Prof. PD Dr. Philipp Klaritsch

Durch die vermehrte Anwendung assistierter reproduktiver Technologien und das im Durchschnitt steigende Alter schwangerer Frauen hat die Häufigkeit von Zwillingsgeburten in den letzten Jahren zugenommen. In Österreich sind 1,7 Prozent der Geburten Zwillingsschwangerschaften, in den USA sind es bereits über drei Prozent – Tendenz steigend. „Mehrlingsschwangerschaften sind immer Risikoschwangerschaften“, betont Assoz. Prof. PD Dr. Philipp Klaritsch, Leiter der Einheit für intrauterine Lasertherapie der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe an der Medizinischen Universität Graz. „Es ist die Rolle des Ultraschalls, diese Schwangerschaften zu identifizieren, regelmäßig zu überwachen und eventuelle Komplikationen zu erkennen, sodass diese behandelt werden können.“

Monochoriale Mehrlingsschwangerschaften
„Unsere Hauptsorge gilt den monochorialen Zwillingsschwangerschaften“, erklärt Klaritsch. Monochorial bedeutet, dass sich eineiige Zwillinge einen gemeinsamen Mutterkuchen teilen. Ein Drittel aller Zwillingsschwangerschaften sind monozyt, davon wiederum sind zwei Drittel monochorial. Monochoriale Zwillinge weisen eine Mortalität von acht Prozent und neurologische Entwicklungsverzögerungen in zehn Prozent der Fälle auf. „Idealerweise wird diese Form dieser Mehrlingsschwangerschaft schon vor der 12. bis 14. Schwangerschaftswoche festgestellt“, sagt Klaritsch: „Bei Auffälligkeiten wie diskordanten Fruchtwassermengen, auffälligen Dopplerwerten oder fetalen Wachstumsproblemen sollte umgehend an eine spezialisierte Abteilung zugewiesen werden.“

Die schwerwiegendste Komplikation von monochorialen Mehrlingsschwangerschaften ist das feto-fetale Transfusionssyndrom (FFTS). Dabei kann es über Gefäßastomosen in der gemeinsamen Plazenta zu Volumenverschiebungen zwischen den beiden kindlichen Blutkreisläufen kommen, wobei ein Kind zum Spender und das andere zum Empfänger wird. Unbehandelt endet das FFTS für die allermeisten beteiligten Kinder tödlich. Im Ultraschall ist das Syndrom an einem deutlichen Unterschied bei der Menge des Fruchtwassers erkennbar: ein Kind hat zu viel Fruchtwasser, das andere zu wenig. Die Therapie erfolgt durch fetoskopische Laserablation: die Blutgefäße, die die Kinder verbinden, werden mit einem Laser verödet. Auch Wachstumsprobleme sind eine häufige Komplikation bei Zwillingsschwangerschaften. Monochoriale Zwillinge haben ja haben die gleiche Genetik und daher das gleiche Wachstumspotenzial. Da aber der gemeinsame Mutterkuchen in rund 20 Prozent ungleich aufgeteilt ist, kann es in diesen Fällen dazu kommen, dass einer der Zwillinge sein Wachstumspotenzial nicht voll ausschöpft. Dann spricht man von einer selektiven intrauterinen Wachstumsrestriktion. Dieses Kind droht früher oder später an einer Unterversorgung Schaden zu nehmen. „Wenn das passiert, hat auch das andere Kind ein Problem“, betont Klaritsch: „Wenn es bei monochorialen Zwillingen einem schlecht geht, geht es meistens auch dem anderen schlecht.“

Eine dritte Komplikation bei Zwillingsschwangerschaften ist, dass bei einem Kind eine Fehlbildung, zum Beispiel ein Herzfehler oder Neuralrohrdefekt, auftritt. „Eine genaue Sonographie ist unbedingt notwendig, um bei Mehrlingen eventuelle körperliche Fehlbildungen entdecken bzw. ausschließen zu können.“

Risiko für Mütter
Das Augenmerk wird jedoch nicht nur auf die Kinder, sondern auch auf die Mutter gerichtet. Meh rl i ng s s c hwa ng erschaften gehen mit einer höheren Frühgeburtsrate einher. In dieser Hinsicht ist es wichtig, dass die Länge der Cervix regelmäßig mittels Ultraschall kontrolliert wird. Wenn sich der Gebärmutterhals zunehmend verkürzt, kann das ein Vorzeichen einer Frühgeburt sein. „Wenn man dies mit Ultraschall feststellt, kann man zumindest versuchen, die Frühgeburt medikamentös oder operativ hinauszuzögern. Bei dichorialen Mehrlingen, von denen also jeder über einen eigenen Mutterkuchen verfügt, sind die Komplikationsraten deutlich niedriger. Klaritsch: „Auch das Management ist einfacher, weil das Problem eines Kindes nur das Problem dieses eines Kindes ist.“ Natürlich ist der Ultraschall auch das Hauptinstrument zur Überwachung dieser Schwangerschaften.

Im Profil:
Assoz. Prof. PD Dr. Philipp Klaritsch ist Leiter der Einheit für intrauterine Lasertherapie an der Abteilung für Geburtshilfe der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Medizinischen Universität Graz. Der 1974 geborene Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe ist auch zweiter stellvertretender Leiter der Abteilung für Geburtshilfe. Sein Medizinstudium absolvierte er in Graz, ebenso seine Facharztausbildung. Während dieser hatte er ein Marie Curie Fellowship in fetaler Medizin und minimal invasiver intrauteriner Chirurgie bei Prof. Dr. Jan Deprest an der Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Katholischen Universität Leuven (Belgien) inne. 2009 habilitierte er sich, 2012 wurde Klaritsch zum Assoziierten Professor ernannt.

Veranstaltung:
Saal Tirol
Mi., 29.10., 14:00–14:20 Uhr
Mehrlinge
P. Klaritsch, Graz (AT)
Session: Pränatalmedizin,
Teil 3: Pränatalmedizin
aktuell (AWS1)

24.10.2014

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