Renale Denervation

Mehr Studien gefordert – Anwendung an spezialisierten Zentren

Die Renale Denervation, also die Unterbrechung von Nervenfasern zu den Nierengefäßen, als Behandlungsmethode gegen therapieresistenten Blutdruck ist ein großes Thema bei der 80. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Mannheim.

Univ.-Prof. Dr. med. Michael Böhm
Univ.-Prof. Dr. med. Michael Böhm

Studien aus den USA hatten zuletzt keinen deutlichen Nutzen für das verfahren gezeigt. Deutsche Experten warnen jedoch, aus diesen Daten zu früh Schlüsse zu ziehen. In spezialisierten Zentren und bei gut ausgewählten Patienten habe die Methode ihre Berechtigung, so der Expertentenor.

Therapieresistenter Bluthochdruck gewinnt an Bedeutung

Eine therapieresistente Hypertonie liegt vor, wenn ein Patient unter mindestens drei blutdrucksenkenden Medikamenten unterschiedlicher Klassen nicht einen Zielblutdruckwert von weniger als 140/90 mmHg erreicht. „Die Bedeutung dieser Erkrankung scheint in den letzten Jahren zuzunehmen, und es wird aktuell von einer Prävalenz der therapieresistenten Hypertonie zwischen 12 und 14 Prozent ausgegangen“, sagte bei der DGK Jahrestagung Prof. Ulrich Kintscher (Charité - Universitätsmedizin Berlin). Unter den Hochdruck-Patienten haben ältere Menschen mit höherem Body Mass Index und weiteren Erkrankungen wie Diabetes mellitus ein höheres Risiko für eine Therapieresistenz.

Für jene Patienten, bei denen mit medikamentösen Mitteln keine ausreichende Blutdrucksenkung erzielt werden kann, wurde und wird große Hoffnung in die Renale Denervation gesetzt. „Diese Methode, bei der durch Unterbrechung von Nervenfasern zu den Nierengefäßen eine Blutdrucksenkung erzielt werden soll, hatte sich in einer Reihe kleinerer Studien als wirksam in der Behandlung von medikamentös nicht ausreichend behandelbarem Bluthochdruck erwiesen“, sagt Prof. Michael Böhm vom Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar.

Diesen Erfahrungen widersprechen jedoch die Ergebnisse der beim Kongress des American College of Cardiology 2014 kürzlich präsentierten Simplicity HTN-3 Studie, die keinen signifikanten Nutzen der renalen Denervation im Vergleich zu einer Scheinbehandlung erkennen ließen.

Differenzierte Betrachtung der Studienergebnisse gefordert

Deutsche Experten mahnen jedoch zu einer vorsichtigen Beurteilung dieser Daten. Prof. Böhm: „Bedeutet dieses negative Ergebnis das Ende der renalen Denervation? Um das beantworten zu können, müssen die Details der Studie Simplicity HTN-3 genauer betrachtet werden. Einerseits handelte es sich um eine kontrollierte Studie - prospektiv, verblindet, randomisiert - bei der ein Teil der Patienten eine Scheinprozedur erhielt, was für einen hohen methodischen Standard spricht. Andererseits fällt das insgesamt erstaunlich geringe Resultat auf.“ In Simplicity HTN-3 wurde mittels renaler Denervation eine Abnahme des systolischen Blutdrucks von nur 14,13 mmHg erreicht. Im Vergleich dazu fiel in der älteren und kleineren, aber ebenfalls kontrollierten Studie Symplicity HTN-2 die Blutdrucksenkung mit 32 mmHg deutlich größer aus.

Nun wird analysiert, wie es zu diesem Ergebnis gekommen sein könnte. Eine mögliche Erklärung liegt in dem Umstand, dass einige der an Symplicity HTN-3 beteiligten Zentren wenig Erfahrung mit der Methode hatten und diese daher möglicherweise nicht optimal angewandt wurde. Auch die Auswahl der Patienten steht in Diskussion, so Prof. Böhm: „Die in Simplicity HTN-3 behandelte Patientengruppe unterschied sich in mehrfacher Hinsicht von jenen Patienten, die in Deutschland für eine Renale Denervation in Frage kommen.“

Zur Tagesordnung übergehen könne man jedenfalls nicht, so Prof. Böhm: „Insgesamt wirft die Simplicity HTN-3 Studie viele Fragen auf. Angesichts des negativen Resultats sollte die Renale Denervation bis auf weiteres nur in ausgewiesenen Zentren durchgeführt werden.“

Zertifizierung von Hochdruckzentren

Dem schließt sich Prof. Martin Hausberg (Städtisches Klinikum Karlsruhe) im Namen der Deutschen Hochdruckliga an: „Für die Deutsche Hochdruckliga ist die Renale Denervation nach wie vor eine Methode mit Potential. Daran haben auch die ungünstigen Ergebnisse der kürzlich publizierten Symplicity HTN-3-Studie nichts geändert. Entscheidend ist, dass die Renale Denervation nur bei sehr gut ausgewählten Patienten, in spezialisierten Zentren und am besten im Rahmen von Studien oder zumindest Registern durchgeführt wird.“ Prof. Hausberg weist auch auf potentielle Vorteile der renalen Denervation hin, die über die Wirkung auf den Blutdruck hinausgehen. Denn die Unterbrechung der sympathischen Fasern zur Niere wirkt in beide Richtungen und kann daher auch den Sympathikotonus im gesamten Organismus senken.

Die DGK strebt eine Zertifizierung von Hochdruckzentren gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie und der Deutschen Hochdruckliga an. Patienten sollten über den Ausgang der Symplicity-HTN3 Studie im Aufklärungsgespräch informiert werden. „Weiterhin ist anzustreben, dass alle in Deutschland behandelten Patienten in ein Register oder in Studien eingeschlossen werden sollten, um mehr Informationen über dieses innovative Verfahren zu generieren“, sagt Prof. Böhm.

 

Quellenhinweis: Pressetext DGK 04/2014

25.04.2014

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