Bildnachweis: BVMed-Bilderpool; Bildquelle: B. Braun Melsungen AG
Artikel • Jahresumfrage und Ausblick
MDR bremst Medtech-Branche aus
Nach dem Corona-Krisenjahr 2020 hat sich die Medizintechnik-Branche leicht erholt und rechnet nun mit einem Umsatzwachstum von 3 Prozent. Die EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) sorgt aber weiterhin für Probleme. Große Hoffnung setzen die Mitgliedsunternehmen des BVMed in die Digitalisierung, wie sich bei der Jahrespressekonferenz des Verbandes zeigte.
Bericht: Sonja Buske
87 Prozent der befragten BVMed-Unternehmen sehen die zusätzlichen MDR-Anforderungen als größtes Hindernis für die künftige Entwicklung der Medizintechnologie-Branche. Dabei geht es vor allem um die Pflicht zu umfassenden klinischen Daten und um längere Konformitätsbewertungszeiten durch Ressourcendefizite bei den Benannten Stellen, wie BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll berichtete. 70 Prozent der MedTech-Unternehmen sprechen sich für eine vereinfachte Neuzertifizierung der bewährten Bestandsprodukte unter der MDR aus. Sorgen bereiten den Unternehmen auch der Preisdruck durch Einkaufsgemeinschaften, die innovationshemmenden Einstellungen von Krankenkassen sowie die strengere Umweltgesetzgebung und die CO2-Bepreisung.
Spuren der Pandemie
Aber auch die Corona-Pandemie hat Spuren in der Branche hinterlassen. Am meisten haben die Hersteller von OP-Sets und Verbandmitteln gelitten, aber auch der Implantate-Bereich entwickelt sich immer noch leicht unterdurchschnittlich. Am stärksten ist das Umsatzwachstum hingegen bei den medizinischen Geräten. Doch trotz des erheblichen Drucks auf die Branche erhöhen über ein Viertel der Unternehmen auch in 2021 ihre Investitionen am Produktionsstandort Deutschland.
Ähnlich sieht die Situation bei den Forschungsausgaben aus. 21 Prozent der befragten BVMed-Unternehmen erhöhen ihre Forschungsausgaben gegenüber dem Vorjahr. Bei 37 Prozent bleiben die Forschungsausgaben unverändert. Die Berufsaussichten für Fachkräfte in der MedTech-Branche sind damit nach wie vor ausgezeichnet. Gesucht werden vor allem Ingenieure, Medizintechniker, Naturwissenschaftler, Informatiker und Pflegekräfte. Dr. Meinrad Lugan, Vorstandsvorsitzender der BVMed, fordert für Deutschland eine forschungsstarke, leistungsfähige, wirtschaftlich gesunde und international wettbewerbsfähige Medizintechnik-Branche. Er wendet sich direkt an die neue Bundesregierung: „Wir bieten der nächsten Bundesregierung eine enge Zusammenarbeit an, um diese Ziele gemeinsam zu erreichen. Der BVMed erwartet von der neuen Bundesregierung, dass sich die Kernthemen der Zukunftsbranche Medizintechnik auch im Koalitionsvertrag für die neue Legislaturperiode wiederfinden werden.“
Digitale Gesundheitsanwendungen
Im Sinne einer Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Innovationsförderung muss ein schnellerer Zugang von digitalen Medizinprodukten aller Klassen etabliert werden
Natalie Gladkov
Während der Pandemie sind digitale Lösungen im Vertrieb deutlich wichtiger geworden. Virtuelle Ärzteveranstaltungen und Remote-Selling-Konzepte waren an der Tagesordnung. „Das größte Potenzial bei den digitalen Technologien sehen die Unternehmen in Datenanalysen, Big- und Smart-Data-Anwendungen, Cloud-Technologien sowie künstlicher Intelligenz. Medizinische Apps und digitale Gesundheitsanwendungen werden dagegen nur noch selten genannt. „Hier hat man sich vom neuen Prozess für Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGa) offensichtlich mehr versprochen“, resümiert Möll. Die Referentin für Digitale Medizinprodukte, Natalie Gladkov, stellte zwar fest, dass sich das Fast-Track-Verfahren für DiGa bewährt habe, es nun aber auch fortgeführt werden müsse. „Im Sinne einer Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Innovationsförderung muss ein schnellerer Zugang von digitalen Medizinprodukten aller Klassen etabliert werden“, so Gladkov. „Um die Etablierung digitaler Gesundheitslösungen schnellstmöglich voranzubringen, ist es notwendig, spezifische und damit an die digitalen Besonderheiten angepasste Erstattungsprozesse einzuführen.“
12.10.2021