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Oben links: Viktor Hartung und Dr. Anne Marie Augustin aus der Würzburger Radiologie injizieren eine Mischung aus MPI-Tracer und Röntgenkontrastmittel um gleichzeitig Bilder mit dem MPI-Scanner und der Röntgen-Angiographie aufzunehmen.

Bildquelle: Hartung V, Gruschwitz P, Augustin AM et al., Communications Medicine 2025 (CC BY 4.0)

News • Vielversprechender Testlauf

Magnetpartikel-Bildgebung: Kommt das Röntgen ohne Strahlung?

Vor 130 Jahren, im Jahr 1895, legte der Physiker Wilhelm Conrad Röntgen in Würzburg den Grundstein für die Entwicklung der medizinischen Bildgebung.

Bis heute sind Röntgenstrahlen ein unverzichtbares Hilfsmittel in der medizinischen Diagnostik, vor allem bei der Beurteilung von Knochenbrüchen, Zahn- und Kiefererkrankungen, Lungen- oder Herzerkrankungen sowie bei der Behandlung von Arterienverengungen, Aneurysmen oder Gefäßverschlüssen. Bei diesen so genannten endovaskulären Eingriffen dient die Röntgen-Angiographie zur Darstellung der Blutgefäße und zur Echtzeitüberwachung der Positionierung der Instrumente und der Reaktion der Blutgefäße. Dabei kombinieren die Ärzte das Röntgenbild mit einem Kontrastmittel, das sie in die Blutgefäße injizieren. So können sie Erkrankungen der Blutgefäße genau erkennen und direkt behandeln. Neben den Vorteilen sind aber auch Risiken wie Strahlenbelastung und Kontrastmittelreaktionen zu beachten. 

Eine Alternative für risikoärmere endovaskuläre Eingriffe könnte bald die Magnetpartikelbildgebung (Magnetic Particle Imaging, MPI) bieten. Das Verfahren ist speziell auf die Detektion magnetischer Nanopartikel ausgerichtet und ermöglicht eine schnelle und strahlungsfreie Bildgebung ohne Hintergrundrauschen. Dr. Patrick Vogel vom Lehrstuhl für Experimentelle Physik V der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) und sein Team entwickelten erstmals einen MPI-Scanner in Menschengröße. Zusammen mit einer Forschungsgruppe der Universitätsmedizin Würzburg unter Leitung von Dr. Viktor Hartung vom Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) testeten sie diesen erfolgreich in einem realistischen Modell bei einer Gefäßoperation. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Communications in Medicine veröffentlicht.

Die Aufnahmen zeigen Scanner-Baugruppen mit Sende- und Empfangsspulen über dem...
Die Aufnahmen zeigen Scanner-Baugruppen mit Sende- und Empfangsspulen über dem Oberschenkel (B), die Kontrolleinheit (C), den Aufbau in der Gesamtansicht (D) und den vaskulären Zugang (A).

Bildquelle: Hartung V, Gruschwitz P, Augustin AM et al., Communications Medicine 2025 (CC BY 4.0)

„Bisher war MPI eher auf Kleintiere oder die präklinische Forschung beschränkt. Mit dem menschengroßen MPI-Scanner haben wir gezeigt, dass Gefäßeingriffe an den Extremitäten – konkret in der Oberschenkelarterie – ohne Röntgenstrahlung und ohne jodhaltige Kontrastmittel durchgeführt werden können. Die ist insbesondere für Patienten mit Nierenproblemen relevant und bei Strahlenrisiken. Zudem wird dadurch auch das berufliche Strahlenrisiko für die Operateure deutlich reduziert“, erklärt Viktor Hartung, Leiter der kardiovaskulären und thorakalen Radiologie am Uniklinikum Würzburg sowie Leiter der AG Magnetic Particle Imaging.

MPI hat das Potenzial, die klassische Röntgen-Angiographie zu ergänzen oder in Zukunft sogar teilweise zu ersetzen

Thorsten Bley

Um die Leistungsfähigkeit des neuen MPI-Scanners in menschlicher Größe zu testen, wurden drei Beine von frisch eingefrorenen menschlichen Körperspendern aus dem Anatomischen Institut der JMU so präpariert, dass eine kontinuierliche Durchblutung einer der Hauptarterien im Oberschenkel möglich war. Unter konstanter Perfusion, also gleichmäßig und ohne Unterbrechung, injizierten die Forscher eine Mischung aus einem speziellen, für Menschen zugelassenen MPI-Tracer und einem Röntgenkontrastmittel in die Oberschenkelarterie. Gleichzeitig nutzten sie den MPI-Scanner und eine herkömmliche Technik, die so genannte digitale Subtraktionsangiographie (DSA), zur Bildgebung. 

„Die gleichzeitige Bildgebung mit DSA und MPI hat reibungslos funktioniert“, freut sich Patrick Vogel. Der Wissenschaftler beschäftigte sich bereits in seiner Doktorarbeit mit MPI und erhielt dafür 2016 den Wilhelm-Conrad-Röntgen-Wissenschaftspreis der Fakultät für Physik und Astronomie sowie den Nano Innovation Award 2017. Der neue MPI-Scanner ließ sich problemlos in die bestehenden klinischen Abläufe integrieren und lieferte klare und zuverlässige Bilder der Blutgefäße. Bereits geringe Mengen des Tracers, 2 ml Perimag® oder 1,5 ml Resotran®, reichten für eine präzise Darstellung aus. Die Ergebnisse waren in allen drei Modellen konsistent und reproduzierbar. „Das spricht für die Praxisnähe unserer Technik und die Relevanz unserer Ergebnisse im medizinischen Alltag“, kommentiert Patrick Vogel, der zusammen mit Prof. Dr. Thorsten Bley Letztautor der Studie ist.

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In der Studie wurden zudem Tracer verwendet, die bereits für die Anwendung am Menschen zugelassen sind - das bringe die klinische Umsetzung einen entscheidenden Schritt näher, da langwierige Zulassungsprozesse entfielen, so Thorsten Bley. Der Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie wagt einen Blick in die Zukunft. „MPI hat das Potenzial, die klassische Röntgen-Angiographie zu ergänzen oder in Zukunft sogar teilweise zu ersetzen“. Der nächste Schritt sind erste Messungen am lebenden Menschen. 


Quelle: Universitätsklinikum Würzburg; Text: Wissenschaftskommunikation / KL


06.05.2025

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