Lebensstil, Prävention und Kinder
Bei Kindern und Jugendlichen in ganz Europa wird immer häufiger Fettleibigkeit festgestellt, die mit ernsten gesundheitlichen Risiken wie erhöhtem Blutdruck, erhöhten Blutfettwerten und verminderter Glucosetoleranz verbunden ist. Eine Studie zeigt, dass täglicher Schulsport sich positiv auf die Fitness und den Körperzustand von Kindern auswirkt, wobei Kinder mit einem sozial schwächeren Hintergrund stärker profitieren.
Fast 20 Prozent aller europäischen Schulkinder werden als übergewichtig eingestuft, und laut Schätzungen wird die Hälfte dieser Kinder zu adipösen Erwachsenen heranwachsen.
Es liegen überzeugende Hinweise darauf vor, dass sozioökonomische Faktoren und der Bildungsstand das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung erheblich beeinflussen. In sozial benachteiligten Familien wird häufiger ein ungesunder Lebensstil – gekennzeichnet durch Rauchen, schlechte Ernährung und körperliche Inaktivität – beobachtet. Dies ist wiederum mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen verbunden. Vor diesem Hintergrund wollte ein Team vom Herzzentrum der Universität Leipzig herausfinden, ob Kinder mit unterschiedlichem Sozialstatus und Bildungsniveau von zusätzlichem Schulsport profitieren würden. Dr. Katharina Machalica von der Universität Leipzig erklärt: „Wir wollten wissen, wie sich ein Anheben des Schulsports von zwei auf fünf Wochenstunden auf die kardiopulmonale Fitness, den Body-Mass-Index, das CVD-Risiko und die Koordinationsfähigkeiten von Kindern auswirkt.”
Dazu wurden Kinder von zwei verschiedenen Schulen im sächsischen Brandis verglichen. Der Sozialstatus und Bildungsstand der Schüler der einen Schule wurden höher eingestuft, da die Schüler typischerweise nach dem Abitur zur Universität wechseln (higher socio-educational status, HSES). Der Sozialstatus und Bildungsstand der Schüler der anderen Schule wurden niedriger eingestuft, da die Schüler typischerweise nach dem Schulabschluss die Schulausbildung abbrechen (lower socio-educational status, LSES).
Insgesamt nahmen 256 Schüler an der Studie teil, 163 HSES-Schüler (58 Prozent weiblich) und 93 LSES-Schüler (55 Prozent weiblich). In beiden Schulen wurden die Klassen in interventionelle Gruppen und Kontrollgruppen eingeteilt. Die Kontrollgruppen nahmen gewöhnlich an zwei Sportstunden pro Woche teil, während die interventionellen Gruppen täglich, d. h. fünfmal wöchentlich an einer Sportstunde teilnahmen. Bei Studienbeginn und -ende wurden verschiedene Parameter gemessen. Dazu gehörten Gewicht, Größe, Body-Mass-Index (BMI), fettfreie Masse und Körperfettmasse. Zusätzlich wurden die Koordination und die kardiopulmonale Fitness getestet. Außerdem wurden Daten über den Bildungsstand der Eltern erhoben.
Bei Studienbeginn hatten LSES-Schüler im Vergleich zu den HSES-Schülern einen höheren BMI, weniger fettfreie Masse und weniger gut entwickelte Koordination. Im Vergleich mit den HSES-Schülern waren auch die Leistungen beim Laufen niedriger. Am Ende der einjährigen Studie war der BMI in beiden Gruppen niedriger, wobei der BMI in den Interventionsgruppen stärker abnahm als in den Kontrollgruppen – insbesondere wurde bei LSES-Schülern im Vergleich zu HSES-Schülern eine stärkere Zunahme der fettfreien Masse festgestellt. Auch hinsichtlich der Koordinierung und der kardiopulmonalen Fitness konnten sich LSES-Schüler im Vergleich zu HSES-Schülern stärker verbessern.
Daher scheint diese Studie darauf hinzuweisen, dass eine Intervention in der Schule mit signifikanten gesundheitlichen Vorteilen für die Kinder verbunden sein kann. Dies gilt ganz besonders in Gruppen mit niedrigerem Sozialstatus und Bildungsstand, bei denen das Risiko der Entstehung kardiovaskulärer Probleme typischerweise erhöht ist.
Mitarbeiter: K. Machalica, U. Müller, M. Sonnabend, V. Adams, C. Walther, G. Schuler.
15.09.2010