Langzeitergebnisse nach endovaskulärer Stent-Graft-Implantation bei Patienten mit Typ-B-Aortendissektion

Sebastian Huptas

Die akute Aortendissektion betrifft zirka drei von 100 000 Menschen pro Jahr.
Während die proximale Typ-A-Dissektion die eindeutige Indikation zur notfallmäßigen Operation darstellt, ist die optimale Behandlung der Dissektion der deszendierenden, thorakalen Aorta (Typ-B-Dissektion, Typ-B-AD) Gegenstand aktueller Diskussion.

Sebastian Huptas
Sebastian Huptas

In Anbetracht der hohen Morbidität und Letalität der operativen Revision der thorakalen Aorta bei Typ-B-AD, wird ein komplikations-spezifisches Therapieregime favorisiert. Dabei stellt die konservativ-medikamentöse Therapie die Primärtherapie der Typ-B-AD dar, während die operative Sanierung den Komplikationen vorbehalten ist (z. B. bei anhaltenden Schmerzen, progredienter Größenzunahme des falschen Lumens (FL), Kompromittierung von Viszeral- oder Beingefäßen, oder bestehender/drohender Ruptur).

Trotz optimaler medikamentöser und chirurgischer Therapie bleibt die Akut- und Langzeitprognose der Typ-B-Dissektion allerdings schlecht. So liegen die Fünf-Jahres-Überlebensraten bei lediglich 32 bis 60 Prozent. Als Hauptverursacher für einen ungünstigen Langzeitverlauf wurde neben unkontrollierter, arterieller Hypertonie und hohem Alter der über ein durchlässiges proximales Entry persistierende Blutfluss im falschen Lumen identifiziert. Die Behandlung durch die thorakale endovaskuläre Aorten-Stent-Graft-Implantation (TEVAR) verfolgt das Ziel, durch einen Verschluss des proximalen „Entry“ den Blutfluss in das FL zu unterbinden. Es resultiert eine Druckentlastung des wahren Lumens (TL) mit verbessertem Blutfluss. Gleichzeitig bedingt die Thrombusinduktion im FL Umbauvorgänge, die als aortales Remodeling bezeichnet werden und die zu einer lokalen Ausheilung der Dissektion führen können. Dabei ist die akute technische Erfolgsquote der TEAVR hoch und zeigt niedrige neurologische Komplikationsraten. Gestützt durch diese Erkenntnisse und die weniger invasive
Technik der TEVAR könnten die Behandlungsindikationen zukünftig ausgeweitet werden, insbesondere bei älteren Patienten mit schlechtem Gesundheitszustand, die für eine offene Revision nicht geeignet sind. Dabei ist wenig bekannt, inwieweit die TEVAR bei Patienten mit Typ-B-AD tatsächlich zu einer Verbesserung der Langzeitprognose führt.

Ziel der vorliegenden Studie war, eine detaillierte Abbildung des primären Therapieerfolges sowie des Akut- und Langzeitüberlebens bei Patienten mit akuter und chronischer Typ-B-AD nach TEVAR zu erhalten. Prädiktoren für eine schlechte Langzeitprognose sollten identifiziert werden, um künftig eine sensiblere Patientenselektion zu ermöglichen. Von Juli 1999 bis Mai 2008 wurden in unserer Klinik 83 Patienten mit akuter und chronischer Typ-B-AD mittels
TEVAR behandelt.

Patientencharakteristika

Männer                                                55 (66 %)
Alter                                                      61 J ± 11 J
Akute Typ-B-AD                                  25 (30 %)
Chronische Typ-B-AD                      58 (70 %)
ASA-Klasse                                        2,9 ± 0,8 (1-5)
arterielle Hypertonie                         69 (83 %)
Niereninsuffizienz                              32 (39 %)

Dabei konnte die TEVAR-Prozedur bei allen Patienten technisch erfolgreich durchgeführt werden wobei pro Patient durchschnittlich 1,2 ± 0,5 Stent-Grafts, mit einer Länge von 150 ± 38 Millimetern und einem Durchmesser von 34 ± 5 Millimetern implantiert wurden. Neurologische Komplikationen traten lediglich bei vier (4,8 %) Patienten auf. Dabei erlitten drei Patienten einen Schlaganfall (zwei Patienten mit persistierenden neurologischen Defiziten), und ein Patient hatte
eine transiente Paraparese. Fünf Patienten (6 %) benötigten eine postinterventionelle Dialyse bei akutem Nierenversagen. Auf Grund von Typ-IEndoleckagen (n = 3) und persistierender Malperfusion (n = 1) wurde bei insgesamt vier Patienten (4,8 %) eine zusätzliche Stent-Graft Implantation notwendig. Bei zwei Patienten (2,4 %) musste das Zugangsgefäß durch ein GoreTex-Interponat repariert werden. Die peri-interventionelle Krankenhausverweildauer lag bei 16 ± zwölf Tagen mit einer Krankenhausletalität von 7,2 Prozent (n = 6) mit signifikant höherer Letalität bei den Patienten mit akuter Typ-B-AD als mit chronischer Typ-B-AD (24 % vs. 0 %,
p = 0,001). Im Langzeitverlauf von 28 ± 25 (0,1 - 85) Monaten verstarben insgesamt 14 (16,9 %) Patienten. Die Letalitäten von Patienten mit akuter und chronischer Typ-B-AD waren dabei relativ homogen (16,0 % vs. 17,2 %; n.s.). Im Langzeitverlauf waren 50 Prozent der Todesfälle dissektions-assoziiert. Ursächlich fanden sich vier späte Rupturen, zwei Patienten mit aortoösophagealer Fistel und ein Patient mit retrograder Typ-A-Dissektion.

Die Gesamtüberlebensrate betrug 83,2 Prozent ± 4,3 Prozent nach einem Jahr, 81,3 Prozent ± 4,6 Prozent nach zwei Jahren und 63,8 Prozent ± acht Prozent nach fünf Jahren. Patienten mit akuter Typ-B-AD zeigten signifikant schlechtere Überlebensraten (63,0 % ± 10,7 % nach einem Jahr, 63 % ± 10,7 % nach zwei Jahren, und 47,2 % ± 15,8 % nach fünf Jahren) im Vergleich zu den Patienten mit chronischer Typ-B-AD (91,0 % ± 3,9 % nach einem Jahr, 88,5 % ± 4,5 %
nach zwei Jahren, und 68,9 % ± 9,6 % nach fünf Jahren, p = 0,01). Als unabhängige Prädiktoren für ein schlechtes Langzeitüberleben fanden sich ein schlechter, prä-interventionller klinischer Gesundheitsstatus mit einer ASA-Klasse >3 (HR = 3,232, 95 % CI 1,454 - 7,182, p = 0,004) sowie ein hohes Lebensalter (HR = 1,071, 95 % CI 0,249 – 3,096, p = 0,006).

Zusammenfassend stellt die TEVAR eine Behandlungsoption für Patienten mit Typ-B-AD dar, mit Überlebensvorteilen für elektiv behandelte chronische Dissektionspatienten (Krankenhausletalität chronische AD 0 % vs 24 % akute AD). Dabei ist der akute technische Erfolg der TEVAR-Prozedur hoch, und die Rate an neurologischen Akutkomplikationen ist mit knapp fünf Prozent vergleichsweise niedrig. Die Letalität im Langzeitverlauf bleibt mit zirka 64
Prozent hoch, auch wenn hier wiederum der chronische, elektiv intervenierte Patient mit zirka 69 Prozent eine signifikant höhere Überlebensrate aufzeigt (p = 0,01). Die wichtigsten unabhängigen Prädiktoren für das Langzeitüberleben stellen dabei das Alter und der prä-interventionelle klinische Gesundheitszustand des Patienten dar. Insgesamt steht mit der TEVAR eine moderne Behandlungsoption zur Verfügung, von der sorgfältig ausgewählte Patienten profitieren können. Zur präziseren Abbildung müssen allerdings die Ergebnisse
prospektiver Studien abgewartet werden.

16.04.2009

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