Interview • CT Innovation

„Ich erwarte keine großen Überraschungen“

Klar, dass auch im Jahr 2016 Physiker, Mediziner und die Industrie sich mit technischen Fortschritten bei CT-Systemen beschäftigen werden. „Doch mit sehr großen Überraschungen sollte nicht gerechnet werden“, mutmaßt im Interview Prof. Dr. Willi A. Kalender, Direktor des Instituts für Medizinische Physik an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg und Erfinder der Spiral-CT-Technologie.

Welche Fortschritte kann es bei der CT noch geben?

Ich bin ein CT-Liebhaber, die CT ist meine Welt. Allerdings steht das Verfahren wegen des Zwangs zur Dosisreduktion, der immer schnelleren Untersuchungszeiten der MRT und wegen des Sparzwangs im Gesundheitswesen unter Druck. Ansonsten ist die CT eine sehr ausgereifte Technik, die sich nur langsam weiterentwickeln wird. Ich erwarte nur kleine inkrementelle Verbesserungen.

Und welche sind das genau?

Das Besondere an diesen Detektoren ist, dass die einfallende Röntgenstrahlung sofort in elektrische Ladung umgewandelt wird.

Prof. Dr. Willi A. Kalender

Durch Röntgenröhren mit größerer Leistung kann die Gantry schneller rotieren. Damit treten weniger Artefakte auf und es hat Vorteile für die Patienten, weil die Untersuchung noch schneller abläuft.

Mich persönlich interessieren vor allem die sogenannten Einzelphotonen-Detektoren, die mit Direktkonvertern ausgestattet sind, zum Beispiel mit Cadmiumtellurid. Das Besondere an diesen Detektoren ist der Umstand, dass die einfallende Röntgenstrahlung sofort in elektrische Ladung umgewandelt wird. Dass also gerade nicht, wie sonst üblich, mittels Szintillation erst Lichtphotonen erzeugt werden, die dann gestreut werden und die Auflösung verschlechtern.

Das heißt, mit weniger Röntgenstrahlen kommt man zum gleichen Ergebnis?

Nein. Der positive Effekt ist, dass es keine Verminderungen der Ortsauflösung gibt. Bei bestimmten CT-Systemen ist es so, dass im Fall von Direktkonvertoren keine einzelnen Detektorelemente benötigt werden, die gegeneinander abgeschirmt werden müssen. Denn dieser Abschirmprozess führt zu toten Räumen, die die geometrische Effizienz verringern. Das kann man mit Cadmiumtellurid deutlich verringern. Mit anderen Worten: Eine höhere Ortsauflösung ist möglich, ohne dafür geometrische Effizienz zu opfern.

Ein gutes Beispiel hierfür ist die CT der Brust. Für die Brustbildgebung ist das Erkennen von Mikrokalzifikationen essenziell. Bisher haben wir angenommen, dass wir Mikrokalk mit der Computertomographie nie würden ausreichend gut erkennen können. Inzwischen haben wir jedoch nachgewiesen, dass mit dem Einsatz von Cadmiumtellurid-Detektoren dieses genauso gut oder sogar besser geht. Die Mammographie ist ein Projektionsverfahren, bei dem sich Details hinter verschiedenen hintereinander gelagerten Strukturen verstecken können. Das führt zu einer Sensitivität, die sehr deutlich unter 100 Prozent liegt. Dieses Dilemma wollten wir lösen.

„Ich erwarte keine großen Überraschungen“

Die MRT ist doch hervorragend geeignet, Kalzifikationen in der Brust zu erkennen. Warum jetzt auch noch CT?

Die MRT dauert länger und ist daher belastender für die Patienten. Zudem ist sie auch erheblich teurer. Die morphologische Untersuchung kann die CT besser als die Mammographie und die Funktion besser als die MRT.

Und wie sieht es mit der Strahlung bei der Brust-CT aus?

Die Dosiswerte liegen im Rahmen einer Mammographie. Eine Gefährdung von Patientinnen schließe ich persönlich aus. Die Brust-CT mit zu viel Strahlung in Zusammenhang zu bringen, ist ein unnötiges Bange machen der Patientinnen, denn bei diesen Dosiswerten erwarten wir keinerlei Auswirkungen.

Vielen Dank für das Gespräch.

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Prof. Dr. Willi A. Kalender

Profil:
Prof. Dr. Willi A. Kalender studierte Mathematik und Physik in Bonn und Medizinische Physik an der Universität von Wisconsin, USA, wo er 1979 promovierte. Zurück in Deutschland habilitierte er sich 1988 in Tübingen. Fast 20 Jahre war er für die Siemens AG in Erlangen tätig, bevor er 1995 den Lehrstuhl für Medizinische Physik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg übernahm. Prof. Kalender gilt als Erfinder der Spiral-CT. Er ist Geschäftsführer der PET-Net GmbH, die Radiopharmaka für die Positronen-Emissions-Tomographie herstellt.

Veranstaltung
Donnerstag, 21.01.2016, 8:50 Uhr
Innovationen in der Hardware: Spezifische Scanner und Photon-Counting-CT
Willi A. Kalender, Erlangen
Session: Radiologie 2026

18.01.2016

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