Hirntumoren erfolgreicher behandeln
Um Patienten mit bösartigen Hirntumoren möglichst schnell verbesserte Behandlungen anbieten zu können, müssen diese Erkrankungen intensiv erforscht werden. Dazu haben sich Wissenschaftler aus Heidelberg und Frankfurt zusammengeschlossen. Die Forscher starten ihre Zusammenarbeit mit einem internationalen neuroonkologischen Symposium vom 24. bis 26. März im Lufthansa Trainingszentrum Seeheim-Jugenheim.
Als Auftakt für ein neu gegründetes Forschungskonsortium veranstalten Neuroonkologen aus Frankfurt und Heidelberg ein internationales Symposium mit über 30 herausragenden internationalen Referenten, die aktuelle Entwicklungen der Hirntumorforschung vorstellen werden. Im Mittelpunkt der Konferenz stehen diejenigen Eigenschaften bösartiger Hirntumoren, die als Ursache für deren besonders schlechte Prognose gelten. Dazu zählen das invasive Wachstum in das umgebende Gewebe, die Existenz von therapieresistenten Hirntumorstammzellen, das von Sauerstoffmangel geprägte Mikromilieu dieser Tumoren sowie die Neubildung von Blutgefäßen – Problemfelder, die zugleich Angriffspunkte für neue, zielgerichtete Therapien eröffnen.
Sowohl in Heidelberg als auch in Frankfurt unterstützt die Gemeinnützige Hertie-Stiftung und in Frankfurt auch die Dr. Senckenbergische Stiftung Wissenschaftler, die Hirntumoren erforschen. Nun haben sich Ärzte dieser neuroonkologischen Schwerpunkte mit experimentell arbeitenden Wissenschaftlern von weiteren Forschungseinrichtungen in beiden Städten (Universitätsklinika Heidelberg und Frankfurt, Deutsches Krebsforschungszentrum DKFZ, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg, Georg-Speyer-Haus) zum Frankfurt/Heidelberg-Konsortium zusammengeschlossen. Ziel der Kooperation ist, die medizinische und wissenschaftliche Expertise zu bündeln, um mit der Entwicklung verbesserter Behandlungen möglichst rasch Erfolge für die Betroffenen zu erzielen.
Professor Dr. Wolfgang Wick, Ärztlicher Direktor der Abteilung Neuroonkologie am Universitätsklinikum Heidelberg und Leiter der Klinischen Kooperationseinheit Neuroonkologie des Deutschen Krebsforschungszentrums, gibt einen Überblick über Behandlungsmethoden, die bereits in klinischen Studien erprobt werden. Dazu zählt unter anderem eine Blockade der „src-Kinase“, ein Signalmolekül, das in Hirntumorzellen oft überaktiv ist und als verantwortlich für das invasive Wachstum gilt. Glioblastome bilden häufig den Botenstoff TGFβ, der verhindert, dass das körpereigene Abwehrsystem den Krebs bekämpft. Studien mit kleinen Wirkstoffmolekülen, die den Rezeptor des TGFβ blockieren, sollen die Immunantwort gegen den Tumor verbessern.
Bei Hirntumoren wurden große Hoffungen gesetzt auf Medikamente, die die Wirkung bestimmter Wachstumsfaktoren blockieren. Warum aber gerade Hirntumoren besonders resistent gegen den Ansatz sind, hat Professor Dr. Joachim Steinbach, Sprecher des Schwerpunkts Neuroonkologie am Universitären Centrum für Tumorerkrankungen Frankfurt, untersucht: Bösartige Hirntumoren sind gekennzeichnet durch große Bereiche der Sauerstoff-Unterversorgung. Wirkstoffe gegen die Wachstumsfaktoren, die unter Normalbedingungen den Zelltod fördern, bewirken bei Sauerstoffmangel das Gegenteil und schützen die Krebszellen davor, das Todesprogramm zu starten.
Professor Dr. Christof von Kalle, Leiter des Bereichs Translationale Onkologie im Heidelberger NCT, stellt einen anderen Ansatz vor, um die Behandlung von Glioblastomen zu verbessern. Der Wirkstoff Temozolomid verhindert die Teilung der Tumorzellen und bringt sie zum Absterben, schädigt aber auch das blutbildende System. Mit einer Gentherapie will von Kalle das Knochenmark schützen, damit der Wirkstoff in höherer Konzentration verabreicht werden kann. Ebenfalls aus dem NCT Heidelberg ist Dr. Guy Ungerechts, der präklinische Versuche präsentiert, mit Masernviren gezielt Hirntumorzellen anzusteuern und abzutöten.
Dr. Eric Holland vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York ist Spezialist für ein “heißes” Thema der Krebsforschung, die Tumorstammzellen. Holland legt dar, dass sowohl normale Gewebestammzellen als auch Krebsstammzellen eine spezielle Umgebung in der Nähe der Blutgefäße brauchen, um ihre Unsterblichkeit aufrechtzuerhalten. Diese Abhängigkeit von der Mikroumgebung könne für neue Therapieansätze ausgenutzt werden.
„Gegenwärtig herrscht im Bereich der Hirntumorforschung echte Aufbruchstimmung“, sagt Professor Dr. Otmar D. Wiestler, Wissenschaftlicher Vorstand des Deutschen Krebsforschungszentrums und einer der wichtigsten Unterstützer des Konsortiums. „Das Frankfurt/Heidelberg-Konsortium hat daher großes Potential, für Patienten mit bösartigen Hirntumoren endlich echte Verbesserungen zu erreichen.“
Das detaillierte Programm steht im Internet zur Verfügung unter: http://www.kgu.de/?id=4290
29.03.2010