Denkanstöße
HIMSS D-A-CH Community traf sich zum World Café
Gesundheit muss neu gedacht werden. Das war das Fazit des ersten HIMSS D-A-CH Community Treffens Anfang Januar. Und genau dieses Motto hatten sich die Veranstalter auch für das dritte Meeting auf die Fahne geschrieben: Im Stil eines World Cafés traf sich die Community im International Club Berlin, sozusagen mit der conhIT im Nacken, um über brennende Fragen des Gesundheitswesens zu diskutieren.
Report: Melanie Günther
Für all diejenigen, die den Begriff „World Café“ nicht kennen: Das Konzept besteht darin, gemeinsame Ziele und Strategien zu finden und dadurch Engagement zur Mitwirkung an Veränderungsprozessen zu wecken. Möglichst alle Beteiligten kommen dabei zu Wort.
Vier Themen kamen auf den Tisch:
- Cybersecurity – was sollte ein „Sicherheitsfahrschein“ für Kliniken beinhalten?
- EMRAM – passend für Deutschland? Relevanz für die Geschäftsführungsebene!
- eHealth Gesetz 2.0 – fit for digital
- Gesundheitswesen – neu denken! Die Potenziale der Digitalisierung in einer vernetzten Welt
Krankenhaus 2.0 – Schon heute an die Sicherheit von morgen denken
Die D-A-CH Community war sich einig. IT-Sicherheit wird immer wichtiger werden, gerade weil Krankenhäuser und Kliniken sich im Zuge der Digitalisierung neu werden aufstellen müssen. Dabei könnten Whitepaper oder andere Handwerkzeuge, die IT-Leitern und Verantwortlichen an die Hand gegeben werden, helfen. Entsprechende Blueprints könnten außerdem mit Herstellern und IT-Verbänden entwickelt werden, um übergeordnete Konzepte zu generieren. Denn im Grunde müsse die IT-Sicherheit die gleiche Wahrnehmung erlangen wie das Thema Krankenhaushygiene. Zu ihrer Verbesserung wurden verschiedenste Kampagnen und Leitfäden umgesetzt, die ihre Entsprechung auch im IT-Sicherheitsbereich finden könnten.
Für diese Informationen müssen Adressaten gefunden werden. Handelt es sich dabei um den IT-Serviceleiter, den Vorstand oder die Geschäftsführung? Denn das Thema IT-Sicherheit ist keine rein technische Debatte. Es gelte das notwendige Bewusstsein nach außen wie nach innen zu schaffen. IT-Sicherheit müsse unbedingt ein Teil des Risikomanagements werden, das wiederum nach außen kommuniziert wird.
EMRAM – internationale Vergleichbarkeit vs. Leitfaden
Grundsätzlich stieß das EMRAM-Modell auf ein positives Feedback. Im Vergleich zu anderen Ländern, beispielsweise Dänemark, hinkt Deutschland jedoch hinterher. Heiß diskutiert werde hier das Thema Medikation, weil es im Modell sehr früh gefordert werde und sicherlich ein Grund darstelle, warum deutsche Krankenhäuser weniger gut abschneiden. Hier fehlt es eindeutig an Regularien.
Daher forderte Henning Schneider vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, das Modell nicht nur anzuwenden, um sich mit anderen zu vergleichen, sondern als Leitlinie zu nutzen, um eine übergeordnete IT-Infrastruktur zu etablieren. Das UKE ist deutschlandweit das einzige Stage 7-Krankenhaus und hatte sich während seines Umbaus 2009 stark am EMRAM-Modell orientiert. Orientierungshilfen könnten auch hier Best Practice-Beispiele bieten.
eHealth-Gesetz – noch fehlen substanzielle Ziele
Grundsätzlich kennt wohl jeder das Problem „Selbstverwaltung ist gleich Selbstblockade“. Betrachtet man das eHealth-Gesetz kritisch, bleibt offen, ob es tatsächlich einen konkreten Fahrplan beinhaltet oder doch mehr Schein als Sein ist.
Mit einem Blick auf das Nachbarland Schweiz werde schnell deutlich, was uns Deutschen fehle. Es ist die Einstellung und der Wille, etwas aktiv zu tun. Das eHealth-Gesetz, so wie es jetzt vorliegt, reiche dafür nicht aus. Die Politik müsse den Nutzen moderner IT schneller und selbsttätiger für das Gesundheitswesen erschließen.
Patientenzentrierung und Prävention
Gesundheitswesen neu denken. Was heißt eigentlich „neu“? „Neu ist, wenn uns das Gesundheitswesen nicht mehr braucht, weil keiner mehr krank wird“, äußerte sich Dr. med. Stefan Hunziker vom Kantonspital Luzern (LUKS) scherzhaft.
Man müsse aber auch nicht immer das Rad neu erfinden. Das Gesundheitswesen könne sich vielmehr an „low hanging fruits“ orientieren, also an Technologien, die an anderer Stelle schon eingesetzt werden. Beispielsweise einen 24 Stunden-Dispenser für Medikamente. So könnten Patienten vor allem in ländlichen Gegenden auch am Wochenende oder nachts auf Medikamente zugreifen.
Ein weiterer Punkt, den die Community für wichtig hält, ist der der Patientenzentrierung. Wenn der Nutzen für den Patienten nicht klar herausgestellt werde, finde auch letztendlich keine Digitalisierung statt. Gerade im Hinblick auf das Thema Prävention erfordere es daher neue Modelle für Gesundheitsinstitutionen. Der Fokus auf eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung allein reiche nicht mehr aus.
What comes next…
Wünschenswert sei nun, so Rainer Herzog (HIMSS Europe) abschließend, dass sich aus den gesammelten Inhalten Arbeitsgemeinschaften bilden, die sich Themen wie beispielsweise Leitlinien oder Best Practices widmen. Denn nur so könne die HIMSS D-A-CH Community einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens liefern und Gesundheit neu denken.
29.04.2016