Gesundheitskongress des Westens 2010
Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hat de Gesundheitskongress des Westens in Essen für heftige Schelte an der Selbstverwaltung genutzt: Er wetterte gegen den Gemeinsamen Bundesausschuss in Berlin, der „Arbeitsverweigerung“ betreibe und dessen Mitglieder von keinem Wähler legitimiert seien.
Auch an die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) richtete er lautstarke Kritik: „Die Selbstverwaltung des Gesundheitswesens in diesem Land hat versagt.“ Mitglieder der Selbstverwaltung in Berlin dürften ihm nicht mehr auf dem Kopf herumtanzen. Die Politik müsse die Zügel wieder stärken in die Hand nehmen. Grund seiner Vorwürfe: Ärzte in NRW würden deutlich schlechter bezahlt als in anderen Bundesländern und wanderten massiv nach Süddeutschland ab.
Laumanns Vorwurf, Krankenkassen gäben im Schnitt viel weniger Geld pro Beitragszahler an Rhein und Ruhr aus als anderswo, obwohl sie älter und kränker seien, widersprach Cornelia Prüfer-Storcks, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg. Zwar werde im ambulanten Bereich in der Tat weniger ausgegeben, dafür seien die Kosten für Krankenhausbehandlungen im Land wesentlich höher als woanders.
Einig waren sich der Gesundheitsminister, Prüfer-Storcks, die Chefs der Kassenärztlichen Vereinigungen Westfalen-Lippe und Nordrhein, Ulrich Thamer und Peter Potthoff, dagegen in einer Sache: Qualität in der medizinischen Versorgung solle höher honoriert und Bestandteil von Verträgen zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen sein müsse. Gemeinsam müsse man herausarbeiten, wie Qualität am besten gemessen werden könne und wie mit den Daten umgegangen werden soll.
Den Präsidenten der Krankenhausgesellschaft NRW, Hans Rossels, unterstützte Laumann zwar in der Diskussion um falsche Abrechnungen in Krankenhäusern – die Fehlerquote sei nicht höher als in anderen Wirtschaftszweigen und rechtfertige keinen Generalvorwurf - , entschieden kritisierte Laumann jedoch Rossels Forderung, Medizinischen Versorgungszentren auch weiterhin in Krankenhaus-Trägerschaft zu erlauben. „Die Krankenhäuser schaffen die MVZ doch nur, um sich Patietenten aus dem ambulanten Bereich zu angeln“, polemisierte er. Er unterstrich sein Ziel, weiterhin den freiberuflichen Arzt zu stärken – nur dieser sei in seiner Therapieentscheidung unabhängig von wirtschaftlichen Interessen.
Auf dem Gesundheitskongress des Westens, der seit 2007 jährlich stattfindet, stellten am Donnerstag unter anderem die Verantwortlichen des neuen Gesundheitscampus’ Nordrhein-Westfalen ihre Pläne vor. Weitere Veranstaltungen beschäftigten sich mit der Gesundheitswirtschaft als Jobmotor, mit sektorübergreifenden Versorgungskonzepten und der Gesundheitskommunikation. Weit über 700 Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Verbänden, Wissenschaftler und Ärzte nutzten die zwei Kongresstage, um sich über die brennenden Fragen im Gesundheitswesen auszutauschen.
22.03.2010