Gar kein Widerspruch: bessere Bilder und weniger Dosis
Selbstverständlich werden auch im Jahr 2014 Physiker, Mediziner und die Industrie weiter daran arbeiten, bessere Bilder in der Schnittbilddiagnostik bei niedrigerer Dosis zu erzielen. „Allerdings darf bei allem, was wir entwickeln, um die Dosis zu senken, die Bildqualität nicht beeinträchtigt werden“, warnt Prof. Dr. Willi A. Kalender, Direktor des Instituts für Medizinische Physik an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg und Erfinder der Spiral-CT-Technologie.
Seit der Jahrtausendwende gibt es eine ganz Serie von innovativen Entwicklungen, die zu erstaunlichen Fortschritten in Bezug auf die Dosiseffizienz von CT-Systemen geführt haben, ohne dass dabei die Bildqualität beeinträchtigt wird.
Das herausragende Merkmal von CT-Untersuchungen ist ihre Schnelligkeit. „Die CT ist seit vielen Jahren dafür bekannt, dass sie auf der Grundlage der Spiral-CT sowie der Mehrzeilendetektortechnologie sehr schnelle Aufnahmen aller Körperpartien generiert. Inzwischen können wir ganze Herzen in deutlich weniger als einer Sekunde und Ganzkörperaufnahmen innerhalb weniger Sekunden machen, ohne dass dabei die Bildqualität beeinträchtigt ist“, erklärt der Physikprofessor aus Erlangen.
Für Ganzkörperaufnahmen ist die Spiral-CT das etablierte Verfahren. Bei einem ausreichend großen Detektor können einzelne Gelenke und Organe, wie zum Beispiel das ganze Herz, aber auch mit einer Rotation ohne Tischbewegung aufgenommen werden. Auch dynamische Untersuchungen lassen sich mit einem 320-Zeilen-Scanner gut durchführen; sie stellen laut Kalender aber auch den einzigen Vorteil dieses derzeit größten Multidetektor-CTs dar. Die Zeiten, in denen sich die Detektorzeilen im Abstand von zwei Jahren verdoppelten, sind längst vorbei. Inzwischen ist klar, dass 64 bis 128 Zeilen völlig ausreichend sind: „Das Slice Race, das wir im vergangenen Jahrzehnt beobachten konnten, ist passé, denn mehr Zeilen haben auch Nachteile – zum Beispiel bezüglich Röntgenleistung und Bildqualität, weil es sehr hohe Streustrahlungsbeiträge zum Bild gibt. So wird für Ganzkörperaufnahmen selbst der 320-Zeilen-Scanner meist auf 64-Zeilen-Betrieb und die ganz normale Spirale zurückgefahren“, schildert der Experte. Aus demselben Grund spricht er sich auch vehement gegen Flächendetektoren, also gegen noch mehr Zeilen aus: „Wie beim Auto: Auch da geht der Trend weg von immer mehr PS, weil sie ja doch nicht ausgefahren werden können.“
Erfreulich ist nach Meinung von Kalender die Tatsache, dass die modernen CT-Techniken zur Dosisreduktion weitgehend unabhängig von der Geräteausstattung sind und damit auch von niedergelassenen Radiologen ohne großen finanziellen Einsatz umgesetzt werden können. Ein ganz entscheidender Punkt ist die Möglichkeit, die Hochspannung zu variieren, also sowohl mit niedriger als auch mit hoher Röhrenspannung arbeiten zu können. Erstmals 2009 von ihm selbst publiziert, wird dieser Aspekt der Dosiseinsparung inzwischen von allen Herstellern umgesetzt. Während die Hochspannung über Jahrzehnte bei 120 kV lag, kann sie jetzt je nach Untersuchungsart auf 80 oder sogar bis auf 70 kV gedrosselt beziehungsweise auch erhöht werden. In anderen Worten: Selbst ohne die Investition in die allerneueste Gerätegeneration lohnt es sich, von alten Vorgehensweisen abzurücken. Durch den variablen Einsatz der Röhrenspannung kann die Dosis bis zum Faktor 2 eingespart werden. „Es muss nicht immer das schnellste Gerät mit den höchsten Leistungswerten sein. Die Softwarepakete, die heute für die Bildrekonstruktion mit iterativen Verfahren zur Verfügung stehen, erlauben es, die Bildqualität zu verbessern, ohne dafür mehr Dosis aufzuwenden. Das sind breit einsetzbare und effektive Maßnahmen“, erklärt Prof. Kalender.
Die effektivsten Verfahren zur Dosiseinsparung
Röhrenstrommodulation und Dosisautomatik 10–60 %
Optimale Wahl der Röntgenspektren 10–50 %
Strahlkollimation 5–30 %
Iterative Bildrekonstruktion 10–60 %
Innovative Detektortechnologie 10–40 %
IM PROFIL:
Prof. Dr. Willi A. Kalender studierte Mathematik und Physik in Bonn und Medizinische Physik an der Universität von Wisconsin, USA, wo er 1979 promovierte. Zurück in Deutschland habilitierte er sich 1988 in Tübingen. Fast 20 Jahre war er für die Siemens AG in Erlangen tätig, bevor er 1995 den Lehrstuhl für Medizinische Physik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg übernahm. Prof. Kalender gilt als Erfinder der Spiral-CT. Er ist Mitglied des Boards of Directors der American Association of Physicist in Medicine (AAPM) sowie Geschäftsführer der PET-Net GmbH, die Radiopharmaka für die Positronen-Emissions-Tomographie herstellt. Aktuell hält Kalender 87 Patente und hat über 900 wissenschaftliche Arbeiten publiziert.
22.01.2014